
Bist du jemand, der sich rasch in eine neue Liebe stürzt? Oder bist du skeptisch und näherst dich nur langsam an eine Beziehung heran? Jeder Mensch erlebt Bindungen anders und hat individuelle Bedürfnisse, wenn es um Nähe und Kommunikation geht. Das ist auch der Grund dafür, warum manche Beziehungen so reibungslos verlaufen, während andere von Konflikten und Disharmonie geprägt sind. In der Psychologie spricht man von unterschiedlichen Bindungstypen, die das Beziehungsverhalten beeinflussen. Wenn du deinen Bindungstyp kennst, kannst du dein Verhalten und das deines Partners oder deiner Partnerin besser verstehen und herausfinden, was es braucht, um eine gesunde Beziehung zu führen. Erfahre hier, welche verschiedenen Bindungstypen es gibt.
Im Video: Diese Beziehungstypen gibt es: Welcher bist du?
Welcher Beziehungstyp bin ich?
In der Psychologie geht man von drei Haupttypen aus – dem sicheren, dem ängstlichen und dem vermeidenden Beziehungstyp. Laut Psychologin und Dating-Expertin Pia Kabitzsch ist es hilfreich, den eigenen Beziehungstyp und die zugrundeliegenden Verhaltensmuster zu identifizieren. So können wir erkennen, was wir brauchen, um eine Partnerschaft auf Augenhöhe einzugehen. Gemeinsam mit der Dating-Plattform Tinder hat sie zudem Tipps entwickelt, wie wir am besten mit den verschiedenen Bindungstypen umgehen.
1. Der sichere Beziehungstyp
Dem sicheren Beziehungstyp gehören etwa 50 % der Menschen an. Dieser Typ hat im Kindesalter meist Liebe und Geborgenheit erfahren und in seinem Leben hauptsächlich positive Bindungserfahrungen gemacht. Es fällt ihm leicht, klar zu kommunizieren und Bindungen einzugehen. Deswegen hat er auch keine Lust auf Spielchen oder Drama. Authentizität ist ihm wichtig. Den anderen Bindungstypen kann er Sicherheit geben.
Ganz wichtig: "Wenn man (als sicherer Beziehungstyp) einen unsicheren Beziehungstypen datet, sollte man darauf achten, dass man die eigenen Bedürfnisse nicht außer Acht lässt“, erklärt Kabitzsch.
So erkennst du ihn:
- Spricht offen über seine Gefühle und Bedürfnisse.
- Kann Kompromisse eingehen.
- Hat keine bestimmten Erwartungen an eine Beziehung.
- Meldet sich zuverlässig.
2. Der ängstliche Beziehungstyp
Etwa 20 % der Menschen gehören zum ängstlichen Beziehungstyp. Er hat in seiner Vergangenheit überwiegend ambivalente Bindungserfahrungen gemacht. Das bedeutet, dass er das Verhalten seiner Bezugspersonen oft als unvorhersehbar erlebt hat und keine verlässliche Liebe erfahren hat. Es kann sein, dass er deshalb schlecht über sich selbst denkt und glaubt, gar keine Liebe verdient zu haben. Der ängstliche Beziehungstyp braucht viel Nähe und Verbindlichkeit, um glücklich zu sein.
Laut Kabitzsch sollte der ängstliche Beziehungstyp dem sicheren unbedingt eine Chance geben, "auch wenn der sichere Verbindungstyp am Anfang häufig als 'zu nett' oder 'langweilig' wahrgenommen wird." Dieser könne die eigenen Bindungsbedürfnisse nach Nähe und Verbindlichkeit gut erfüllen.
So erkennst du ihn:
- Braucht viel Nähe und will sich ständig treffen.
- Verstellt sich, um interessant für sein Gegenüber zu bleiben.
- Nimmt vieles persönlich und bezieht Probleme auf die eigene Person.
- Ist oft eifersüchtig und misstrauisch.
- Kann schlecht allein/ohne Beziehung sein.
3. Der vermeidende Beziehungstyp
Ungefähr 25 % der Menschen entsprechen dem vermeidenden Beziehungstyp. Er hat in der Vergangenheit oft keine beständigen Bezugspersonen gehabt, die emotional und/oder physisch für ihn da waren. Deshalb vermeidet er Bindungen meist gänzlich. Er ist der Überzeugung, dass er ohne feste Bindungen besser dran ist und will um jeden Preis seine Autonomie wahren. In vielen Fällen steckt Angst vor Ablehnung hinter diesem Verhalten.
"Häufig wird dieser Beziehungstyp wegen seines vermeidenden Bindungsverhaltens von anderen verurteilt und als 'beziehungsunfähig' abgestempelt", so Kabitzsch. Doch auch Menschen mit einem vermeidenden Beziehungsstil können laut der Expertin eine Partnerschaft führen. Wichtig sei, dass man sich seiner eigenen Distanzierungsstrategien bewusst werde und nicht impulsiv handle.
So erkennst du ihn:
- Ist beim Kennenlernen Feuer und Flamme, geht jedoch auf Distanz, sobald es ernst wird.
- Unabhängigkeit ist ihm am wichtigsten und er ist deshalb nicht auf eine feste Beziehung erpicht – selbst wenn er verliebt ist.
- Bevorzugt unverbindliche Verbindungen.
- Sucht nach dem Negativen bei seinem Gegenüber, um Distanz zu wahren.
- Hat Schwierigkeiten darüber zu reden, was zwischen ihm und seinem Gegenüber ist.
Wie entstehen Bindungstypen?
Die Bindungstypen lassen sich auf die Bindungstheorie vom britischen Psychoanalytiker John Bowlby aus den 1950er-Jahren zurückführen. Bowlby glaubte, dass Menschen das angeborene Bedürfnis haben, eine enge emotionale Bindung zu ihren Bezugspersonen aufzubauen. Diese Bindung dient als Basis für eine gesunde emotionale Entwicklung und führt zu stabilen Beziehungen im Erwachsenenalter. Sie ist ein überlebenswichtiges menschliches Bedürfnis.
Forschende gehen davon aus, dass sich der Beziehungstyp bereits im Kindes- und Jugendalter manifestiert. Kinder verinnerlichen nämlich die Erfahrungen, die sie mit ihren Bezugspersonen machen. Wird ein Kind zum Beispiel von seinen Eltern getröstet, wenn es weint, dann fühlt es sich in der Beziehung sicher und geborgen. Stößt es allerdings regelmäßig auf Ablehnung, ist die Beziehung von Unsicherheit und Misstrauen geprägt. Diese Erfahrungen werden dann höchstwahrscheinlich auch auf zukünftige Bindungen übertragen.
Der Bindungstyp kann sich aber noch ändern – je nachdem, welche Erfahrungen wir im Laufe des Lebens machen. Neben der Art, wie wir aufgewachsen sind und welche externen Normen von Beziehungen in unserem Umfeld existieren, beeinflussen auch unsere Charaktereigenschaften unsere Beziehungsmuster.
Wie ändere ich meinen Beziehungstyp?
Durch die verschiedenen Bindungstypen können wir besser verstehen, warum wir uns in Beziehungen so verhalten, wie wir es tun. Auch wenn unsere Bindungsstile bereits in der Kindheit geprägt wurden, ist es möglich, sie im Erwachsenenalter zu überdenken und gegebenenfalls zu verändern.
- Selbstreflexion: Setze dich intensiv mit deinem bisherigen Beziehungsverhalten auseinander und versuche, wiederkehrende Muster zu identifizieren. Bist du beispielsweise schnell eifersüchtig oder ziehst du dich bei Konflikten mit deinem Partner oder deiner Partnerin eher zurück?
- Achtsamkeit: Lerne, achtsam zu sein und den eigenen Bedürfnissen und Emotionen mehr Raum zu geben. Durch Achtsamkeitsübungen und Meditation kannst du ein besseres Verständnis für deine eigenen Gefühle entwickeln.
- Therapie: Psychologische Unterstützung kann helfen, die Ursachen des eigenen Bindungsverhaltens zu erkennen und Strategien zur Veränderung zu entwickeln. Professionelle Hilfe ist wichtig, wenn das Bindungsverhalten zu starken Belastungen oder sogar zu einer toxischen Beziehung führt.
- Selbstverantwortung: Übernimm Verantwortung für dein Beziehungsverhalten. Niemand kann die Vergangenheit ändern, aber du kannst die Gegenwart beeinflussen und aktiv an einer positiven Beziehungsgestaltung arbeiten.
- Geduld und Zeit: Veränderungen im Bindungsverhalten geschehen nicht über Nacht. Gib dir genug Zeit und sei geduldig. Rückfälle in alte Muster sind normal und können als wichtige Lernerfahrungen betrachtet werden.
Verwendete Quellen: Tinder, hellobetter.de