Psychologie: 5 Gründe, warum wir uns so oft selbst belügen

Wir alle tun es: Wir alle lügen uns von Zeit zu Zeit selbst an. Warum wir das tun und was gegen Selbsttäuschung helfen kann, verraten wir dir hier.

Frau schaut sich im Spiegel an© Pexels | Rizki Nurul
Jeder von uns lügt sich hin und wieder selbst an. Das ist ganz normal.

Sich selbst zu belügen klingt drastisch, fast so, als würden wir uns bewusst täuschen. Doch in Wirklichkeit ist die Selbsttäuschung ein subtiler, oft unbewusster Prozess, der tief in unserer Psyche verwurzelt ist. Aber warum tun wir das? Warum greifen wir immer wieder zu "Notlügen" und verschleiern die Realität, selbst vor uns?

1. Schutz des Selbstwertgefühls

Einer der häufigsten Gründe für die Selbsttäuschung ist der Schutz unseres Selbstwertgefühls. Unser Selbstbild ist ein kostbares Gut, das wir um jeden Preis aufrechterhalten wollen. Wenn wir Fehler machen oder Rückschläge erleben, kann die Akzeptanz dieser Realität unser Selbstwertgefühl schädigen. Daher greifen wir zu rationalisierenden Gedanken wie "Das war sowieso nicht so wichtig" oder "Es lag nicht in meiner Hand" – Aussagen, die uns helfen, unser positives Selbstbild aufrechtzuerhalten.

2. Vermeidung unangenehmer Emotionen

Jeder von uns hat schon einmal die unangenehmen Gefühle von Scham, Schuld oder Angst erlebt. Selbsttäuschung ist ein Mechanismus, um diese Gefühle zu vermeiden. Wir neigen dazu, Wahrheiten, die uns emotional weh tun könnten, zu verzerren oder komplett zu ignorieren. Das hilft uns, kurzfristig emotionalen Schmerz zu vermeiden, auch wenn das Problem dadurch nicht gelöst wird.

3. Externe Erwartungen

Oft belügen wir uns selbst, um den Erwartungen unserer gesellschaftlichen Umgebung gerecht zu werden. Wir möchten uns in sozialen Gruppen akzeptiert fühlen und neigen daher dazu, uns selbst zu täuschen, um in das gewünschte soziale Bild zu passen. Zum Beispiel könnte jemand, der beruflich sehr erfolgreich ist, aber insgeheim unglücklich mit seiner Karriere ist, sich selbst sagen: "Ich liebe meinen Job und könnte mir nichts Besseres vorstellen" – nur, um es den anderen recht zu machen.

4. Unbewusste Schutzmechanismen

Unser Unterbewusstsein spielt eine große Rolle bei der Selbsttäuschung. Psychologische Abwehrmechanismen wie Verdrängung, Projektion und Rationalisierung sind Prozesse, die uns helfen, mit inneren Konflikten und unangenehmen Wahrheiten umzugehen. Diese Prozesse geschehen oft unbewusst und tragen dazu bei, dass wir uns selbst belügen, ohne es wirklich zu bemerken.

5. Schmerzhafte Selbsterkenntnis

Selbsterkenntnis ist ein oft schmerzhaftes Unterfangen. Es erfordert den Mut, tief in unsere eigenen Schwächen, Fehler und Unsicherheiten zu blicken. Die Wahrheit über sich selbst zu erfahren, ist ein Prozess, der viel Zeit und emotionale Energie kostet. Daher ist es manchmal einfacher und bequemer, eine geschönte Version der Realität zu akzeptieren.

Selbsttäuschung erkennen: Hinweise, dass du dir etwas vormachst

Es ist oft leichter, die Wahrheit über unsere Gefühle, Wünsche oder Situationen zu verstecken, als sich ihnen direkt zu stellen. Doch wie erkennt man, dass man sich gerade selbst belügt? Hier sind einige Anzeichen, die dir helfen können, dir selbst auf die Schliche zu kommen.

  • Widersprüchliches Verhalten: Du sagst, dass dir eine Angelegenheit egal ist, doch innerlich kochst du vor Wut oder Kummer? Wenn dein Verhalten nicht mit deinen Aussagen übereinstimmt, ist das ein klares Indiz dafür, dass du dich selbst belügst.
  • Vermeidung und Prokrastination: Wenn du Aufgaben oder Gespräche immer wieder vermeidest oder aufschiebst, könnte das ein Zeichen dafür sein, dass du die Realität nicht anerkennen willst. Deine innere Stimme weiß, dass du dich einer unliebsamen Wahrheit stellen müsstest, und das Unterbewusstsein reagiert darauf mit Vermeidung.
  • Ungesunde Bewältigungsstrategien: Greifst du häufiger zu Alkohol, übermäßigem Essen oder anderen Formen des ungesunden Konsums? Selbsttäuschung sucht oft Trost in solchen Verhaltensweisen, um inneren Konflikte zu betäuben.
  • Übermäßige Rationalisierung: Wenn du dich ständig dabei ertappst, für alles und jedes eine Entschuldigung zu finden oder dir selbst immer wieder dieselben Geschichten erzählst, bist du möglicherweise dabei, eine weniger angenehme Wahrheit zu rationalisieren.
  • Intensives Bedürfnis nach Bestätigung: Ein starker Drang nach externem Lob oder ständiger Zustimmung kann ein Indikator dafür sein, dass du versuchst, ein inneres Ungleichgewicht oder eine innere Unsicherheit auszugleichen.
  • Kontinuierliche Unzufriedenheit: Wenn du dich oft unzufrieden fühlst, aber nicht genau weißt, warum, ist diese innere Unruhe ein Hinweis darauf, dass du einen wichtigen Aspekt deines Lebens ignorierst oder falsch darstellst.

4 Tipps, die bei Selbsttäuschung helfen können

Reflektiere regelmäßig

Nimm dir jeden Tag ein paar Minuten Zeit, um über deine Handlungen und Gedanken nachzudenken. Tagebuch schreiben kann dabei ein hilfreiches Werkzeug sein. Notiere, wann und warum du bestimmte Dinge getan oder gedacht hast. Diese Reflexion hilft dir, bestimmte Muster zu erkennen.

Suche Feedback von anderen

Menschen in unserem Umfeld können oft Dinge an uns erkennen, die wir selbst nicht sehen. Frage Freunde, Familienmitglieder oder Kollegen nach ehrlichem Feedback. Ein externer Blick kann dir helfen, blinde Flecken aufzudecken.

Setze dir realistische Ziele

Unrealistische Erwartungen können zu Selbsttäuschung führen, besonders wenn wir diese nicht erreichen. Setze dir erreichbare und messbare Ziele und belohne dich für kleine Fortschritte. Auf diese Weise verhinderst du, dass du dich selbst über deine Fähigkeiten und Erfolge täuschst.

Übe Selbstmitgefühl

Selbsttäuschung entsteht oft aus dem Wunsch heraus, sich selbst zu schützen. Indem du Selbstmitgefühl übst und lernst, freundlich zu dir selbst zu sein, schaffst du einen Raum für ehrliche Selbstreflexion ohne die Angst vor emotionalem Schmerz.

Verwendete Quellen: selfapy.com, karrierebibel.de