Wechseljahre: "Keine Frau muss unnötig leiden" – Expertin Peggy Reichelt im Interview

Die Wechseljahre sind für Frauen aufgrund der hormonellen Umstellungen herausfordernd –  Expertin Peggy Reichelt erklärt, was die Perimenopause ist, wie früh diese einsetzen kann und worauf es bei Ernährung und Sport in den Wechseljahren ankommt.

Komme ich jetzt schon in die Wechseljahre? Manchmal sagen Frauen dies im Scherz, wenn sie erst Ende 30, Anfang 40 sind. Doch tatsächlich kann bereits in diesem Alter die Perimenopause einsetzen – nur die Begleiterscheinungen wie Hitzewallungen, Schlaflosigkeit oder Stressanfälligkeit können Frauen nicht zuordnen. Schließlich hält man sich für die Wechseljahre noch zu jung. So dachte auch Unternehmerin Peggy Reichelt und brauchte eine Weile, um herauszufinden, was mit ihr los ist. Sie befand sich in der Perimenopause! Die Gründerin hat sich mit ihrer Firma XbyX - Women in Balance der Frauengesundheit in den Wechseljahren verschrieben und erzählt, worauf es in dieser Zeit vor allem in Sachen Ernährung und Bewegung ankommt.

Video: Die Symptome des Östrogenmangels in den Wechseljahren

Interview mit Unternehmerin und Wechseljahre-Expertin Peggy Reichelt

Liebe Peggy, du hast mit 43 Jahren bei dir die sogenannte Perimenopause festgestellt – was genau ist das und an welchen Symptomen konntest du diese ausmachen?

"Die Perimenopause läutet die Zeit der Wechseljahre ein. Perimenopause bedeutet 'um die Menopause drumherum' und markiert den Übergang vom reproduktiven Erwachsenenalter zur Menopause, unserer letzten Menstruation. Sie beginnt mit Anfang / Mitte 40, teils auch schon Ende 30. Damit deutlich früher, als die meisten es erwarten.

"Auch wenn die Zyklen anfangs noch regelmäßig sind, ändern sich bereits die Hormone. Vor allem das Progesteron sinkt. Viele spüren dies emotional und körperlich. Frühe Symptome werden fälschlicherweise oft nicht mit den Wechseljahren assoziiert. Bei mir zählten zu den Symptomen Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit und geringere Stressresistenz. Häufig berichten uns Frauen zudem über stärkere PMS-Symptome, Wassereinlagerungen, Brainfog, Energieverlust, Schlafprobleme – hin zu Depressionen und diffusen Ängsten."
 
Viele Symptome wie Hitzewallungen, Schlaflosigkeit oder Konzentrationsschwächen sind ja auch Begleiterscheinungen, wenn sich Frauen in der "echten“ Menopause befinden. Die gesamte Umstellung kann 15 Jahre dauern – 15 Jahre lang kein Schlaf plus der anderen Beschwerden … wie soll man das so lange aushalten und was soll Frauen in der Zeit Mut machen?

"Die Wechseljahre können tatsächlich 15 - und sogar auch 20 Jahre dauern. Sie starten mit der Perimenopause. Die Menopause markiert dann den Moment, an dem sich die letzte Eizelle auf den Weg macht und die letzte Blutung auslöst. Darauf folgen circa ein bis zwei Jahre, in denen sich das neue niedrige Hormon-Niveau spürbar einpendelt. Danach befinden wir Frauen uns bis ans Lebensende in der Postmenopause."

Keine Frau muss während der Wechseljahre unnötig leiden.

"Wir sehen aus unseren Daten, dass sich die Beschwerden über den Verlauf der Zeit ändern, dass sie häufig an die jeweilige hormonelle Konstellation geknüpft sind. Einige Beschwerden sind temporär, andere sind länger spürbar. Zum Glück muss man nichts 'aushalten'. Als Mutmacher genügt: Informiert euch, Wissen ist das A und O! Mit ausreichend Schlaf, gutem Stressmanagement, mentalem Ausgleich, Sport, gesunder Ernährung und Mikronährstoffversorgung lassen sich Wohlbefinden und Lebensqualität aktiv steuern. Zudem stehen Frauen zahlreiche Lösungen parat – von Phytotherapie, über Nahrungsergänzungen bis hin zur Hormontherapie. Keine Frau muss während der Wechseljahre unnötig leiden.

Wichtig ist: Selbst wenn eine Frau keine Beschwerden hat, verändern sich dennoch ihre Hormone und ihre körperliche Konstitution. Auch sie muss jetzt mehr auf sich achten und Prävention sowie Selbstvorsorge zur Priorität machen."

In den Wechseljahren können Hormontherapien Linderung verschaffen. Auch sollen Frauen weniger Herzinfarkte, Schlaganfälle und Arteriosklerose bekommen sowie Osteoporose-gefährdet sein, wenn sie in der Menopause Hormone einnehmen würden, sagt Christian Albring, Präsident des Bundesverbands der Frauenärztinnen und Frauenärzte. Es scheint aber, als ob Frauen in puncto Brustkrebs die Einnahme von Hormonen nach wie vor scheuen – vor allem, wenn sie familiär vorbelastet sind. Was kann die Ernährung dazu beitragen, dass sich Frauen in der Menopause besser fühlen?

"Wir wissen nach heutigem Stand der Wissenschaft, dass die Angst vor einer Hormontherapie speziell in puncto Brustkrebs unberechtigt ist. Gleichwohl gehört diese Entscheidung sowie die Behandlung in fachkundige ärztliche Hände. Zusammen wird individuell entsprechend Risikoprofil, Alter, Beschwerden und Familienhistorie entschieden. Habt keine Angst davor – aber informiert euch gut und trefft für euch die passende Entscheidung."

Gesunde Ernährung und Lebensstil sind nicht verhandelbar.

"Es ist absolut legitim und völlig okay, sich dagegen zu entscheiden. Egal, ob pro oder anti Hormone: Gesunde Ernährung und Lebensstil sind nicht verhandelbar und müssen ganz oben auf der To-do-Liste stehen! Sie können sehr viele Beschwerden linden oder gar beseitigen, sind zum gesunden Altern unerlässlich. Häufig können so die Hormone auch geringer dosiert werden. Die Zeit der Hormonänderungen ist sehr anspruchsvoll für unseren Körper. Allein die Tatsache, dass wir um die 400 Östrogen-Rezeptoren haben, überall im Körper verteilt, zeigt, welche Meisterleistung der Körper vollbringen muss. 

Und dazu benötigt er jegliche Unterstützung: Gesunde Fette wie entzündungshemmende Omega 3s aus Fisch und Algen, Nüsse, Samen und Kernen. Dazu Ballaststoffe aus Gemüse und Hülsenfrüchten sowie Probiotisches für eine fitte Darmflora. Toll sind auch reichlich Phytoöstrogene wie Leinsaat, Soja, Brokkoli und Sesam. So eine pflanzlich fokussierte Ernährung verbessert nachweislich zahlreiche Symptome. Ebenso Polyphenole und andere Pflanzenstoffe, Mikronährstoffe wie Vitamin D3, K2, Magnesium und B-Vitamine für Nerven und Psyche. Und das völlig nebenwirkungsfrei."

Viele Frauen haben in den Wechseljahren Probleme mit Gewichtszunahme, weil sich der Stoffwechsel verlangsamt. Bei der gleichen Kalorienmenge nimmt man also zu. Abnehmen ist noch schwerer. Worauf kommt es an, wenn man sein Gewicht während der Menopause halten möchte oder wenn man abnehmen will? Spielen das Mehr-Essen oder Weglassen von bestimmten Lebensmitteln eine noch größere Rolle – und wenn ja, welche sind das?

"Neben dem Verlust an Muskelmasse wird die Gewichtszunahme in den Wechseljahren durch das Absinken des Sexualhormons Östrogen begünstigt. Östrogen spielt jenseits seiner reproduktiven Funktionen eine wichtige Rolle im Stoffwechsel. Besonders bei der Art, wie wir Fett einlagern, wie wir auf Bewegung reagieren und wie wir uns von Bewegung wieder erholen. 

In dem Maße, wie der Östrogenspiegel im Laufe der Wechseljahre absinkt, verändert sich auch unsere Körperzusammensetzung. Wir entwickeln eine Tendenz dazu, überschüssiges Fett eher am Bauch zu speichern. Im Gegensatz zu der Zeit davor, wo Fettpolster sich eher an Hüfte und Oberschenkeln gebildet haben. Der birnenförmige Körper ändert sich in einen Apfel.

Auslöser einer hormonell-bedingten Gewichtszunahme – besonders in der Perimenopause – können auch eine Östrogendominanz und / oder eine Schilddrüsenunterfunktion sein.
Die drei wichtigsten Einflussfaktoren für die Gewichtszunahme und die geänderte Körperfettverteilung in den Wechseljahren sind: 

    •    der altersbedingte Verlust an Muskelmasse,
    •    die erhöhte Fettspeicherung aufgrund des sinkenden Östrogens und
    •    die erhöhte Sensibilität gegenüber Zucker.

Wir sollten weitestgehend auf Zucker verzichten, komplexe Kohlenhydrate und Ballaststoffe bevorzugen. Dazu gesunde Fette und reichlich Protein essen. Und ja, auch auf die Kalorienbilanz achten. Aber hier gilt nicht: Weniger ist mehr. Viele Frauen essen zu wenig und bringen ihren Körper so in eine Unterversorgung und nehmen kein Gramm ab."  
 
Warum ist Sport in der Menopause so wichtig (außer, dass er den Stoffwechsel antreibt und man Kalorien verbrennt) und vor allem: WELCHER Sport sollte regelmäßig auf dem Plan stehen?

"An Krafttraining zum Muskelaufbau und für starke Knochen führt jetzt kein Weg mehr vorbei. Zusätzlich zum Essen von ausreichend Proteinen. Radfahren, Schwimmen, Yoga oder Joggen allein helfen nicht. Das einzig Wirksame, was unsere Muskeln vor dem altersbedingten Verfall bewahrt, ist Widerstandstraining.
Schon zwei bis drei wöchentliche Krafttraining-Workouts trainieren effektiv die Muskeln. Am besten sind funktionale Übungen, die sowohl Oberkörper, Unterkörper als auch einen starken Core und Rücken trainieren."

HITT reguliert Appetit und Heißhunger.

"In Kombination dazu ist HIIT – kurz für Hoch Intensives Intervall Training – das perfekte Training zum Abnehmen, Gewicht halten und gegen viele Symptome der Wechseljahre. Die eng aufeinander folgenden hochintensiven Trainingsintervalle wirken auf den Hypothalamus im Gehirn. Sie regulieren Appetit und Heißhunger und selbst lange nach der Trainingseinheit profitieren wir noch von einer verbesserten Fettverbrennung. Eine Studie (2021) zeigt, dass super kurze Sprintintervalle nicht nur die Kraft und die kardiovaskuläre Fitness verbessern, sondern auch die Muskelmasse erhöhen. Aufwärmen, kurze Sprints mit Vollgas, gefolgt von einer Ruhephase. Dann wieder von vorn."

Du bist Gründerin des Unternehmens "XbyX" und Food Coach und setzt während der (Peri-)Menopause auf Nahrungsergänzungsmittel. Viele Ärzte sagen zu dem Thema: Wer sich abwechslungsreich ernährt, kann auf solche Präparate verzichten. Was machen deine Produkte also aus?

"Das muss man sehr individuell betrachten: Esse ich vegan / vegetarisch? Nehme ich Medikamente oder liegen Erkrankungen vor, die Nährstoffmängel begünstigen? Wie steht es um Sport, Stress, Diäten? Wie fit sind Darm und Stoffwechsel? Das beeinflusst, wie gut wir Nährstoffe überhaupt aufnehmen können.

Schaut man auf Nährstoff-Bluttest-Ergebnisse, sieht man meist, dass eine gesunde Ernährung allein nicht genügt. Es gilt daher dort gezielt zu ergänzen, wo es nötig ist. Bei Frauen ab 40 aufwärts sind das häufig: Omega 3, Vitamin D, B-Vitamine, Magnesium, Zink, Selen und Eisen. Auch sekundäre Pflanzenstoffe, die wir oft nicht ausreichend mit der Ernährung abdecken, haben tolle Effekte im Körper. Darunter Phytoöstrogene, Adaptogene mit ihrer ausgleichenden Wirkung, Vitalpilze und zahlreiche Kräuter.

Wir kombinieren die für das jeweilige Problem und Lebensphase besten davon in unseren Pflanzen-Pulvern. Entwickelt gemeinsam mit unseren Expertinnen offerieren wir mittlerweile eine breite Produktpalette, optimiert und spezifisch für die weiblichen Bedürfnisse in und nach den Wechseljahren.

In der Perimenopause sind zum Beispiel Mariendistel, Reishi Vitalpilz und der sehr beliebte Mönchspfeffer ganz hervorragend, die in unserem Produkt “XbyX Peri Balance” enthalten sind. Geht es um Menopause und Postmenopause sind Phytoöstrogene wie Rotklee, Soja, Hopfen, Nachtkerze, Schisandra ideal und daher Teil des Produktes “XbyX Phyto Power”. Knochen und Gelenke profitieren in hohem Maße von Kollagen, Proteinen, Vitamin D und Magnesium. All das entfaltet seine volle Wirkung aber immer erst in Kombination mit einem ganzheitlich gesunden Lebensstil."
 
Was sind deine persönlichen Tipps, auch wenn sie vielleicht nicht für jede Frau passen?

"An erster Stelle steht, dass man jedwede Signale des Körpers ernst nimmt: Die Wechseljahre sind ein wahnsinnig wichtiges Zeitfenster für unsere Gesundheit im Alter!

Ich schwöre auf Samen wie ungeschälte Hanfsamen und Leinsamen, ebenso täglich probiotische Lebensmittel sowie zu jeder Mahlzeit ausreichend Proteine. Der Richtwert ist circa 30 Gramm – oder grob ein Viertel des Tellers.
Fisch oder Omega 3 Algenöl gehören ebenso in meine Woche. Fette sind unerlässlich, unter anderem für die hormonelle Balance. Lachs enthält zudem Retinol und Astaxanthin, was prima für die Haut ist. Sardinien liefern neben den Proteinen mit ihren kleinen Gräten und Knochen das wichtige Mineral Kalzium.

Täglich dann mindestens eine Portion Kreuzblütler Gemüse – das ist das beste Detox und dank der enthaltenen Senföle antikrebs und antimikrobiell. Wer seine Periode noch hat, sollte diese akkurat tracken. Das ist aufschlussreich, was Symptome und Befinden angeht. Natürlich nehme ich so gut wie alle unsere Produkte. Immer abgestimmt auf mein aktuelles Befinden. Daily Must-haves bei mir sind: Energie Protein Superfood, Kollagen Kick, Sonne Satt, Ganz Gelassen und Peri Balance."

Vielen Dank für das Interview!

Quelle: Tanja Seiffert – eigenes Interview

Zwischen Ende 40 und Anfang 50 beginnen bei den meisten Frauen die Wechseljahre. Die fruchtbare Lebensphase ist abgeschlossen und die Hormone im Körper stellen...
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