
Vor Jahren haben wir eine Pärchenreise gemacht. Der beste Freund meines damaligen Freundes war dabei und seine neue Liebe. Wir reisten durch Brasilien, ihrem Heimatland. Die beiden küssten und herzten sich fortwährend. Sie nannten sich gegenseitig „Amor“, er sagte manchmal auch „Traumfrau“. „Amor, cremst du mir den Rücken ein?“ – „Nichts lieber als das, Amor.“ Bei solchen Sätzen hätte ich am liebsten den Kopf in den weißen Pudersand gesteckt, auch, um sie nicht sehen zu müssen, denn am Strand legten sie sich immer aufeinander. Traumfrau trug brasilianische Bikinis. Das sind die, bei denen man nicht genau weiß, was bei der Bikinihose vorn und was hinten ist. Und abends, wenn er sich die Schulter rieb und sagte, der Rucksack sei heute aber ganz schön schwer gewesen, dann antwortete sie liebevoll: „Lass uns in Bett gehen, Amor. Du brauchst deine Massage.“ Nicht EINE Massage, sondern DEINE Massage, denn Amor bekam jeden Abend eine, wie er meinem Freund erzählte. Es war zum Verzweifeln. Traumfrau verdarb die Preise. Ich musste die ganze Zeit gut gelaunt sein, um wenigstens ein bisschen mitzuhalten. Je mehr Tage wir miteinander verbrachten, desto größer wurde meine Angst, dass es meinem Freund auch auffiel: Frauen lassen sich nicht nur massieren, sie massieren auch selbst. Und es ist viel toller, frisch verliebt zu sein, als eine dreijährige Alltagsliebe zu haben, in der Sätze fallen wie: „Warum atmest du so laut, kannst du mal wieder deine Nasenhaare trimmen?“

Zwei Dinge habe ich damals gelernt: Reise niemals mit frisch verliebten Pärchen, wenn du selber Teil eines solchen bist, und: Seine Freunde müssen nicht unbedingt auch meine Freunde sein.
Die Männerfreunde des Freundes sind ohnehin ein schwieriges Thema. Ist man noch in der Anfangsphase der Beziehung, will man seine besten Freunde natürlich noch beeindrucken. Selbstverständlich sollen einen alle toll finden, damit er sich auch wirklich sicher sein kann, den Hauptgewinn gezogen zu haben. Ist die Liebe gefestigt, lohnt es sich, die Freunde mal genauer zu betrachten. Es gibt drei Arten von Freunden. Bürofreunde sind zum Beispiel eine großartige Erfindung, weil sie sich geduldig seine Geschichten aus dem Arbeitsalltag anhören und damit so eine Art Reinigungsfunktion haben. Außerdem teilen sie mit ihm das geheime Wissen, dass in dem Nadelstreifenanzug eigentlich ein cooler Typ steckt, der trink- und tanzfest ist. Als Nächstes gibt es den einen Freund, der immer noch in der Heimatstadt wohnt. Dieser Freund ist manchmal ein wenig langweilig, aber er kennt sich aus. Er weiß, dass die scharfe Brigitte aus dem Bio-LK heute drei Kinder hat und halbtags im Rathaus arbeitet, und er weiß noch alle Namen auf dem Klassenfoto der 10b auswendig. Dieser Freund ist toll, weil er seinen Stadt-Kumpel erdet. Die schlimmsten Freunde sind die Saufkumpels. Die muss man loswerden. Das sind die, die bei ihren Treffen den alten Wikingerhelm wieder herausholen sowie ihre alten Anmachsprüche à la „Ich habe meine Nummer verloren, kann ich deine haben?“. Die einzige Möglichkeit, Männer von diesen Freunden zu separieren, ist, sie gemeinsam ausgehen zu lassen. Weil sie danach einen ganzen Tag lang jammern, dass sie für den Rest ihres Lebens nie wieder Alkohol trinken werden, und weil sie dann für die nächsten Monate wieder erst mal genug haben.
Darf ich vorstellen?
Damit wir trotzdem auch mal was mit anderen unternehmen, habe ich versucht, ihm meine Freunde ans Herz zu legen. Da wäre die wunderbare Susanne, die mit drei Katzen lebt und immer ganz viele Geschichten über Männer zu erzählen hat. Oder mein schwuler Freund Toni, der den Bauch von meinem Freund so lustig „Sixpack im Speckmantel“ nennt, ist der nicht waaahnsinnig witzig? Und dann meine Freundin Amelie, die verdient sicher das Dreifache von meinem Freund, aber die müssten doch gemeinsame Themen haben, schließlich ist sie auch Anwältin. Der Mann, der die Hälfte der Miete zahlt, sagt dann immer, wir sollten doch lieber einen schönen Mädelsabend machen. Er weiß, dass ich wiederkomme und mindestens einen Tag lang geloben werde, nie wieder in meinem Leben Prosecco anzurühren.
SANDRA GARBERS ist Mitglied der Chefredaktion der „Berliner Morgenpost“. Ihr aktuelles Buch heißt „Single in the City – Frl. Garbers rennt durch die Stadt“ (Quadriga)