10 Fragen, die Paartherapeuten am häufigsten gestellt bekommen

... und welche Antworten sie parat haben. Wir alle wissen: Beziehungen sind kompliziert. Aber keine Sorge, hier naht Hilfe.

Text von: Inken Bartels

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Best of Paartherapie: Hier kommen die wesentlichen Ratschläge der Profis.

1. "Wir sind uns fremd geworden. Wie können wir uns einander wieder näher fühlen?"

Paar- und Sexualtherapeutin Katrin Hinrichs: "Ein großes Problem ist, dass in Partnerschaften oft schon lange nicht mehr miteinander übereinander gesprochen wurde: Wie geht es dir in der Beziehung? Was wünsche ich mir? Dabei sind solche Gespräche so wichtig, denn nur so entsteht emotionale Nähe. Aber natürlich ist es auch gar nicht so leicht, über seine Gefühle zu reden. Das lernt man ja auch nirgendwo. 

Oft sind es immer noch die Männer, denen das besonders schwerfällt und die sich dann zurückziehen. Aber wir Frauen wollen nun mal reden! Viele meiner Klientinnen schildern, dass sie sich mit ihren Gefühlen und Bedürfnissen vom Partner einfach nicht mehr gesehen fühlen.

Ich sage den Männern immer: Hört eurer Frau zu, auch wenn sie nur von ihrem Alltag erzählt. Und packt dabei das Handy weg, seid zugewandt, interessiert euch für sie. Um überhaupt wieder in einen emotionalen Austausch zu kommen, können gemeinsame Erinnerungen helfen. Ich frage die Paare zu Beginn gern nach ihrem Kennenlernen. Ein weiterer wichtiger Schritt sind gemeinsame Projekte. Man kann einen Tanzkurs machen, regelmäßig zum Italiener gehen – irgendwas, was beiden Spaß macht. Und auch zusammen lachen ist wichtig! Humor kann ein toller Anker sein, um angespannte Situationen zu entschärfen."

2. "Wie schaffen wir es, dass der Sex auch nach Jahren prickelnd bleibt?"

Paar- und Sexualtherapeutin Beate Quinn: "Wer nicht über Sex spricht, wird auch bald keinen mehr haben. Raus aus der Sprachlosigkeit, fangen Sie an, über Ihre Wünsche und Bedürfnisse zu sprechen! Und: Zu viel Nähe tötet das Begehren. Guter Sex entsteht durch Spannung und das Gefühl, einander etwas fremd zu sein. 

Auszeiten ohne den Partner erhöhen nicht nur die Vorfreude aufeinander, sondern man hat sich danach auch wieder etwas Neues zu erzählen. Nehmen Sie sich also bewusste Auszeiten als Paar. Und legen Sie sich dann auch unbedingt richtig ins Zeug, so wie am Anfang der Beziehung. Denken Sie sich etwas aus, um den Partner mal wieder zu überraschen. Abwechslung ist das Geheimrezept für Appetit auf Sex!"

3. "Wie vermeiden wir, dass ein Streit eskaliert?"

Kommunikations-Experte Stefan Häseli: "Erstens: Vermeiden Sie Du-Angriffe wie: 'Du denkst ja so oder so nur an dich!' Solche Vorwürfe schaffen nur neue Konflikte oder heizen den bestehenden an. Ein Angriff löst immer einen Gegenangriff oder einen Rückzug aus, wie Schweigen. 

Zweitens: Sparen Sie sich Sätze wie: 'Das hast du ja mal wieder super hingekriegt!' Überhaupt: Lassen Sie Ihren Zynismus beiseite

Drittens: Ignorieren ist keine gute Strategie! Der Kommunikationstheoretiker Paul Watzlawick hat schon festgestellt: 'Man kann nicht nicht kommunizieren'. Das stimmt auf jeden Fall. Sobald jemand die Aussagen des Gegenübers ignoriert, hat man zwar nicht gesprochen, aber dennoch in aller Deutlichkeit gezeigt, dass einen der andere oder das Thema weder interessiert noch wert ist, darauf zu reagieren."

4. "Wie kommen wir nach einem Streit wieder ins Gespräch?"

Paartherapeut & Single-Coach Eric Hegmann: "Wenn es hoch hergeht, hat folgende Frage schon vielen Paaren geholfen: 'Wollen wir uns erst einen Tee machen und dann weitersprechen?' Damit wird der Angriffsimpuls kurz unterbrochen

Noch besser ist der Satz: 'Wenn wir streiten, dann bitte so, dass ich spüre, dass du mich liebst.' So wird das Empathiezentrum angesprochen, und aus Streitenden können wieder Menschen mit Gefühlen und Bedürfnissen werden.“

5. "Meine Bedürfnisse stehen immer hintenan. Was kann ich tun?"

Paartherapeutin Ankha Haucke: "Überlegen Sie einmal ehrlich: Galt es in Ihrer Herkunftsfamilie vielleicht als egoistisch, Grenzen zu setzen? Häufig hindern uns Glaubenssätze aus der Kindheit daran, heute eigene Bedürfnisse und Freiräume einzufordern. 

Stellen Sie diesen alten Überzeugungen ein klares 'Ich darf für mich sorgen!' entgegen. Und suchen Sie ein respektvolles Gespräch mit Ihrem Partner – ohne Vorwürfe und Schuldzuweisungen."

6. "Warum bloß sieht mein Mann nie, was ich leiste?"

Paartherapeutin Ankha Haucke: "Hand aufs Herz: Gehen Sie denn mit gutem Beispiel voran? Manchmal fällt es einem schwer, Wertschätzung auszudrücken, wenn man selbst einen Mangel daran empfindet.

Versuchen Sie, Ihrem Partner mehr Anerkennung zu zollen, ihn häufiger zu loben. Bringt das nicht den gewünschten Erfolg, überlegen Sie, woran Sie Wertschätzung konkret festmachen, und suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Partner."

7. "Woran merken wir, ob unsere Beziehung noch eine Chance hat?"

Paartherapeutin Ursula Nuber: "Ob noch Liebe da ist, erkennt man am besten an den eigenen, oft ambivalenten Gedanken und Gefühlen, häufig ein Gemisch aus Zweifeln und Hoffnung, Verwunderung und Traurigkeit. 

Wenn man sich etwa nach einem Streit fragt: 'Wie konnte das passieren?', wenn man traurig darüber ist, wie man in letzter Zeit als Paar miteinander umgegangen ist, wenn man sich weder vorstellen kann, sich zu trennen, noch so weiterzumachen wie bisher – dann spricht viel dafür, dass es sich noch lohnt, um die Beziehung zu kämpfen."

8. "Mein Mann und ich ticken in Sachen Geld unterschiedlich, das führt zu Konflikten. Gibt es eine Lösung?"

Diplom-Psychologin Lisa Fischbach: "Über Geld zu reden, ist für viele Paare immer noch ein Tabu-Thema. Dabei ist Geld ein wesentlicher Teil der Lebenswirklichkeit von Paaren. Mit unterschiedlichen Einstellungen umzugehen, kann herausfordernd sein. Bevor sich eine trennende Dynamik entwickelt, weil in Gesprächen keine gemeinsame Lösung gefunden wird, sollten Konten und Finanzen getrennt werden. In diesen Fällen wird sich auf eine Grundversorgung geeinigt, ansonsten haushaltet jeder für sich.“

9. "Mein Partner hat mich betrogen. Soll ich gehen oder bleiben?"

Paartherapeutin Esther Perel: "Tag für Tag sehe ich in meiner Praxis, was Betrug anrichten kann. Ich sehe allerdings auch, was schlechte Beziehungen anrichten. Ich sage nicht, dass Fremdgehen gut ist. Aber wenn Beziehungen unschön werden, kann es ein Weckruf sein, Prioritäten zu verändern. Daher sollten wir Affären nicht nur als Belastungsprobe begreifen, sondern auch als Entwicklungshelfer."

10. "Wie kann unsere Beziehung besser werden?"

Paartherapeut und Professor für Psychologie Guy Bodenmann: "Nehmen Sie sich Zeit für die Partnerschaft und pflegen Sie sie achtsam wie eine zarte Pflanze. Achten Sie auf Positivität im Alltag und seien Sie in Konflikten fair und kompromissbereit. Unterstützen Sie sich gegenseitig. Und ganz wichtig: Sagen Sie immer wieder bewusst 'Ja' zueinander."

Quelle: Text ursprünglich erschienen im Petra-Heft 2/24

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