
Herr Eilert, ist die erste Reaktion immer die ehrlichste?
Dirk W. Eilert: Ja – und sie dauert nur 40 bis 500 Millisekunden, das ist gerade mal eine halbe Sekunde. Zwei Wimpernschläge. Blinzeln Sie genau in dem Moment, wenn Ihr Gegenüber sein Geschenk erblickt, könnten Sie die entscheidende Mimik verpassen. Mikroexpressionen werden solche schnellen Gesichtsausdrücke in der Fachsprache genannt.
Kann ich Mimik trainieren?
Eilert: Da unsere mimische Muskulatur direkt mit dem Emotionszentrum im Gehirn verdrahtet ist, gilt: Mimik ist schneller als der Verstand. Aus diesem Grund lässt sich Mimik nur sehr begrenzt trainieren. Das, was Sie trainieren und kontrollieren können, sind die Makroexpressionen, also die Gesichtsausdrücke, die länger als 500 Millisekunden dauern.
Wie unterscheide ich echte von gespielter Freude?
Eilert: Achten Sie auf die Augen! Wenn wir uns wirklich freuen, lachen unsere Augen mit. Dabei zieht sich der äußere Augenringmuskel zusammen. Die Augen wirken dadurch kleiner und in den Augenwinkeln bilden sich kleine Lachfältchen. Wenn Sie dies im Gesicht erkennen, wenn Ihr Geschenk ausgepackt wird, können Sie sicher sein, dass es gut angekommen ist.
Woran erkenne ich, ob mir eine Überraschung gelungen ist?
Eilert: Die Augenbrauen sind hochgezogen und formen runde Bögen, die Augen sind aufgerissen und die Kinnlade fällt herunter. So sieht der prototypische Ausdruck von Überraschung aus. Da Überraschung eine sehr schnelle Emotion ist, sollte sich nach maximal einer Sekunde ein anderer Gesichtsausdruck zeigen, nur dann wissen Sie: Die Überraschung war echt. Dauert die Überraschungsmimik länger, ist sie meist gespielt. Aber Achtung: Überraschung ist an sich neutral, bedeutet also weder etwas Positives noch etwas Negatives, und stellt deshalb nur eine Zwischenstation dar. Wichtig ist, dass Sie deshalb darauf achten, was direkt nach dem Gesichtsausdruck von Überraschung in der Mimik des Beschenkten passiert.
69% der Deutschen haben schon mal Freude vorgetäuscht
Wie verrät die Mimik Enttäuschung über ein Geschenk?
Eilert: Enttäuschung gehört zur Emotionsfamilie Trauer und zeigt sich deshalb auf die gleiche Weise im Gesicht: die Innenseiten der Augenbrauen werden nach oben gezogen, dadurch bilden sich im Zentrum der Stirn Falten. Hinzu kommen die runtergezogenen Mundwinkel und der angehobene Kinnbuckel. Wenn Sie diesen Blick beim Beschenkten unterm Weihnachtsbaum sehen, dann mag die Person das Geschenk nicht nur nicht, sondern hat auch etwas anderes erwartet und ist enttäuscht, dass sich ihr Wunsch nicht erfüllt hat.
Was sagt das Timing von Mimik und Gestik darüber aus, ob ein Geschenk gut ankommt?
Eilert: Stellen Sie sich vor, Ihr Mann packt gerade Ihr Geschenk aus. Er sieht es, dann sagt er: „Das ist ja eine tolle Idee!“ und erst dann heben sich die Mundwinkel zu einem Lächeln. Hier wissen Sie aus zwei Gründen, dass Sie mit den zwei Theaterkarten nicht ins Schwarze getroffen haben: Erstens lacht ausschließlich der Mund, die Augen spielen nicht mit. Zweitens ist das Timing falsch. Freuen wir uns tatsächlich, kommt nämlich die Mimik zuerst oder zumindest gleichzeitig mit dem Satz: „Das ist ja eine tolle Idee!“ Kommt erst der Satz und dann das Lächeln, können Sie schon mal überlegen, welche Ihrer Freundinnen Sie mit ins Theater nehmen ...
19% der Frauen äußern ihre Enttäuschung direkt
Wenn ich selbst über ein Geschenk nicht erfreut bin, aber mir der Mensch am Herzen liegt: Mit welcher Mimik überspiele ich die Enttäuschung am besten?
Eilert: Selbst aufmerksame Beobachter übersehen in der Regel Mikroexpressionen von Ablehnung, wenn sie hinter einem Lächeln versteckt werden. Ist Ihr Gegenüber allerdings trainiert, gibt es nur einen Weg: Denken Sie an etwas Schönes. Auf diese Weise erzeugen Sie innerlich ein echtes Gefühl von Freude. Dann folgt die Mimik von alleine.