

Sie halten uns fit, treiben uns an, und manchmal treiben sie uns auch in den Wahnsinn: Hormone sind die Boten des Körpers, häufig auch seine Tyrannen. Ihnen verdanken wir es, wenn wir morgens auf einmal aussehen, als hätten wir die letzten vier Wochen regungslos bei künstlichem Licht im Erkundungsbergwerk Gorleben verbracht, und sie sind auch schuld, wenn wir den Blödmann aus der Personalbuchhaltung verprügeln wollen – oder den Typen neben uns im Aufzug in Gedanken vernaschen, obwohl sein äußerliches Erscheinungsbild wirklich, wirklich keinen Anlass dazu gibt.
Der Name Hormon kommt vom griechischen Wort "hormao", das heißt "antreiben". Sie können aus Eiweißbausteinen oder Fettsäuren bestehen und finden an dem Organ, auf das sie wirken sollen, passende Rezeptoren, an denen sie "andocken". Etwa 100 Hormone kennt die Medizin bis heute. Praktisch, dann wissen wir wenigstens, wen wir verfluchen können, wenn eines davon uns den Tag versaut. Wir haben die häufigsten Desaster für euch zusammengestellt – und zeigen, wie ihr mit den Übeltätern Frieden schließen könnt. Denn sie meinen es eigentlich nur gut.
Hormone als Lusthemmer
Spannung in den Brüsten, man fühlt sich wie ein Luftballon, Schmerzen im Unterleib, üble Laune, keine Lust auf Sex: Das prämenstruelle Syndrom, kurz PMS, ist der beste Beweis, dass die Evolution nicht so klug sein kann, wie immer angenommen wird. "Vor der Regel bildet der Eierstock das Hormon Progesteron, das bei vielen Frauen die Beschwerden hervorruft", erklärt Prof. Helmut Schatz; Er ist Facharzt für Innere Medizin in Bochum und Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie.
"Auch die Lust auf Sex lässt jetzt nach, denn der Körper stellt sich jetzt darauf ein, dass das Ei befruchtet wurde. Wenn das Ei am Ende des Zyklus unbefruchtet abgestoßen wird, nimmt der Körper die Bereitschaft zur Schwangerschaft zurück und die Schmerzen verschwinden, dann kehrt auch die Lust auf Sex wieder zurück. Während des Eisprungs ist sie am größten, denn der Gehalt des Geschlechtshormons Östrogen im Blut ist jetzt besonders hoch."



Was hilft gegen Regelschmerzen?
"Ein bewährtes Mittel ist Bewegung", rät Prof. Schatz. "Schon zügiges Spazierengehen lindert die Beschwerden. Durch das Progesteron lagert sich Wasser ein, dadurch kann ein Gefühl von Aufgedunsenheit entstehen. Salz bindet zusätzlich Wasser, darum sollte eine Frau vor den Tagen wenig Salz zu sich nehmen."
Übrigens: Forscher vom Kyung Hee Medical Center in Seoul haben 27 Studien zur Wirkung von Akupunktur bei Menstruationsbeschwerden ausgewertet – bei krampfartigen Schmerzen war die Behandlung mitunter sogar Schmerzmitteln überlegen.
Der weibliche Hormon-Zyklus
1. Woche
Der Zyklus einer Frau ist zwischen 26 und 35 Tagen lang, er beginnt mit der Periode: Die Gebärmutter stößt ihre Schleimhaut mit dem unbefruchteten Ei ab, es sind jetzt nur wenig Östrogen und Progesteron im Körper.
2. Woche
Die Eierstöcke produzieren mehr Östrogen, dadurch reift in einem Eifollikel eines Eierstocks das Ei heran, gleichzeitig wird die Gebärmutterschleimhaut dicker und bereitet sich darauf vor, das Ei aufzunehmen. Zwischen dem 12. und 14. Zyklustag kommt es zum Eisprung, das Ei wandert aus dem Eierstock in den Eileitertrichter. Jetzt ist die Lust auf Sex am größten.
3. Woche
Das Ei wandert vom Eileitertrichter den Eileiter hinab in Richtung Gebärmutter. Dafür braucht es etwa 24 Stunden – wenn das Ei befruchtet werden soll, muss das im Eileiter passieren. Der Eierstock produziert jetzt das Hormon Progesteron, um die aufgebaute Schleimhaut der Gebärmutter zu erhalten. Bei vielen Frauen beginnen jetzt die typischen Menstruationsbeschwerden.
4. Woche
Bleibt das Ei unbefruchtet, sinkt die Produktion von Östrogen und Progesteron wieder, die verdickte Gebärmutterschleimhaut beginnt sich abzulösen, und der Zyklus beginnt von vorn.
Schlechte Haut, Fressattacken, Müdigkeit - was tun?
Von einem Tag auf den anderen wird die Haut fettig, vielen Dank. Das passiert ausgerechnet durch das männliche Geschlechtshormon Testosteron. "Um den Eisprung herum stellen die Eierstöcke sehr viel Östrogen her", sagt Prof. Schatz. "Nach der Menstruation wird ein Überschuss des Östrogens im Fettgewebe in Testosteron umgewandelt, dadurch wird die Haut fettiger." Dabei trägt ein ausgewogener Östrogenspiegel zur Schönheit der Haut bei: Es unterstützt die Kollagenfasern, die wie ein elastisches Netz unter der Haut liegen.
Hilfe bei Hautproblemen
Wenn Frauen die Pille nehmen, haben sie oft weniger Probleme mit fettiger Haut, weil die Pille die Reifung der Eizellen verhindert. Dadurch bleiben die hohen Mengen an Östrogen aus. Reinigungsprodukte mit Salicylsäure, ab der Woche vor den Tagen genommen, halten die Poren frei, und Zinktabletten lindern Hautunreinheiten, auch Kürbiskerne und Weizenkeime enthalten sehr viel Zink.
Mit zunehmendem Alter sinkt der Östrogenspiegel automatisch ab: Dann können pflanzliche Stoffe das Defizit ausgleichen, sogenannte Phytohormone. Grüner Tee, Ginseng und Sojaprodukte wie Tofu und Sojamilch enthalten viel davon, auch einige Pflegecremes beinhalten solche pflanzlichen Substanzen, die die Wirkung der Östrogene nachahmen können und direkt in der Haut wirken sollen.

Immer diese Fressattacken
Nach einer Mahlzeit, die viele Kohlenhydrate enthält, werden die Kohlenhydrate im Dünndarm in Zucker umgewandelt. Jetzt schüttet die Bauchspeicheldrüse das Hormon Insulin aus, das die Körperzellen für den Zucker öffnet. Bei vielen Frauen werden die Zellen ab der dritten Woche des Zyklus durch das Östrogen unempfindlich gegen das Insulin: Der Zucker bleibt im Blut, die Bauchspeicheldrüse schüttet noch mehr Insulin aus, dadurch entsteht im Gehirn ein starkes Hungergefühl: Essen! Viel! Jetzt!
Das hilft gegen Heißhunger
Schon eine halbe Stunde Ausdauertraining macht die Zellen empfindlicher für Insulin. Nüsse und Mandeln sind gute Zwischenmahlzeiten, sie enthalten fast keine Kohlenhydrate, aber wertvolle Fette, die satt machen. Achtet darauf, nicht zu viel Kaffee und Alkohol zu trinken: Die lassen den Blutzuckerspiegel abstürzen und regen die Bauchspeicheldrüse an, viel Insulin herzustellen.
Ständig Müde? - Vielleicht liegt's an der Schilddrüse
Ständige Müdigkeit, trockene Haut und stumpfe Haare sind typische Anzeichen einer Unterfunktion der Schilddrüse: Das Schilddrüsenhormon ist für alle Stoffwechselvorgänge wichtig, und wenn der Körper davon zu wenig hat, ist oft Jodmangel der Grund. Umgekehrt verhält es sich bei der Schilddrüsenüberfunktion, die Drüse stellt zu viel von ihrem Hormon her und alles läuft auf Hochtouren – man isst ständig und verliert trotzdem Gewicht, die Haare werden brüchig und fallen aus. Meistens ist eine Störung des Immunsystems die Ursache, zu wenig Jod erhöht auch hier das Risiko.
Hilfe bei Schilddrüsenfehlfunktion
Kochen mit jodiertem Speisesalz und zweimal pro Woche Seefisch wie Seelachs, Kabeljau oder Schellfisch auf den Teller – das hilft, den Körper mit Jod zu versorgen und Krankheiten der Schilddrüse vorzubeugen. Wenn ihr den Verdacht habt, dass mit eurer Schilddrüse etwas nicht stimmt, kann der Arzt helfen. Über- und Unterfunktion lassen sich gut mit Medikamenten behandeln.
Und wenn’s mal wieder nicht rundläuft im Hormonhaushalt, dann haben wir gerade jetzt im Sommer eine schöne Quelle für gute Laune vor der Haustür: Das Licht der Sonne bremst die Produktion des Schlafhormons Melatonin im Gehirn, dafür schüttet es mehr von den Hormonen Dopamin und Serotonin aus, die heben die Stimmung. Es ist doch schön, wenn man Freunde hat. Auch unter den Hormonen.