
Es ist das Klischee schlechthin: Alle Männer denken immer nur an das Eine und wollen es auch immer. Doch stimmt das? Gott sei Dank nicht, sonst gäbe es wohl einen Zusammenbruch der Wirtschaft. Denn Sexsucht ist eine ernstzunehmende psychische Erkrankung und kann das Leben des Betroffenen in den Abgrund treiben. Ähnlich wie eine Droge kann der Abhängige an nichts anderes mehr denken, braucht den Sex wie einen Schuss. Von Lust oder gar Gefühlen kann hier keine Rede sein.

Auch wenn nicht jeder Mann süchtig nach Sex ist, eine Sache stimmt: Es leiden fünfmal mehr Männer an Sexsucht als Frauen. Tendenz weiter steigend. Woher diese Abhängigkeit kommt, ist noch nicht ganz geklärt. Oftmals ist es ein Trauma aus der Kindheit, welches zur Störung des Sexualtriebs führt. Missbrauch ist dabei nur der offensichtlichste Grund. Auch unzureichende Fürsorge der Mutter oder des Vaters kann ein Auslöser sein. Fachleute gehen davon aus, dass auch Sex in zu jungem Alter sexsüchtig machen kann. Manche Menschen seien für den Geschlechtsakt in jungen Jahren einfach noch nicht reif genug und würden das Gefühl des Orgasmus fehlinterpretieren. Das trifft auf Männer wie auf Frauen zu.
Auch das Internet wird für die steigende Anzahl der Satyriasis-Erkrankten verantwortlich gemacht. Die ständige Verfügbarkeit von sexuellen Inhalten verführe zu einem ungesunden Umgang mit dem Thema Sex und Selbstbefriedigung. Jugendliche seien in dieserr Beziehung besonders gefährdet. Schnell wird so aus einem eigentlich völlig normalen Sexualverhalten eine zwanghafte Störung. Zuletzt wird auch die größere visuelle Reizbarkeit von Männern als ausschlaggebend angesehen. Während Frauen ihre sexuellen Fantasien größtenteils aus emotionalen Bereichen wie Treue, Zärtlichkeit und Aufmerksamkeit ziehen, sei bei Männern oftmals die visuelle Stimulation ausreichend.
Aus dem Leben eines Süchtigen
Manuel ist 32 und auf der Suche. Nicht etwa nach einer Beziehung oder gar der Frau fürs Leben, sondern nach der schnellen Nummer. Seinen Job als Webdesigner hat er schon vor längerer Zeit verloren. Nicht etwa, weil dem Arbeitgeber die fragwürdige Sexualität seines Angestellten aufgefallen wäre. Diese konnte Manuel immer verheimlichen. Es war die Qualität seiner Arbeit, die Manuel letztendlich den Job gekostet hat. Zu wenig Output bei zu viel Zeit. Manuel war mit seinen Gedanken einfach immer woanders. Oftmals verschwand er mehrmals täglich auf Toilette, um sich selbst zu befriedigen. Nach der Arbeit ging er zu einer Prostituierten. Das war freilich nur in der Woche so. Am Wochenende suchte er die schnelle Lust in Clubs und Bars.
Mit wie vielen Frauen er geschlafen hat, mag Manuel nicht mehr zu sagen. Es ging ihm dabei ausschließlich um anonymen Sex. Zu viel Intimität konnte und wollte er nicht aufbauen. Die Leere danach, der Schmerz, das sollten die Frauen nie mitbekommen. Tausende Euros hatte er so ausgegeben. Als er seinen Job verlor, war es aus mit der finanziellen Sicherheit. Trotzdem konnte er nicht aufhören, nahm sich Kredite, trieb sich fast in den Ruin. Heute ist Manuel bei den Anonymen Sexaholikern. Dort tauschen sich er und andere Betroffene über ihre Sucht aus. Noch kann er sein Zwangsdenken nicht ganz abschalten. Noch immer gibt es Tage, ja sogar Wochen, in denen er an nichts anderes denken kann als an Sex. Doch es wird immer besser. "Jeder Tag ohne diese verfluchten Gedanken ist ein guter Tag", sagt er. Sein Weg aus der Sexsucht ist allerdings noch lange nicht beendet.
Laut des amerikanischen Sexualwissenschaftlers Eli Coleman leidet ungefähr ein Prozent der Bevölkerung an Sexsucht. Eine klare Definition gibt es auch. Sexsucht bestünde dann, wenn durch Schwierigkeiten, die eigene Sexualität ausreichend zu kontrollieren, dem Betroffenen selbst oder einem anderen ein Leidensdruck entsteht.