
Wenn der mächtigste Mann der Welt hinter seinem Schreibtisch im Oval Office sitzt, hat er gerne die Füße auf dem Tisch. Ganz schön frech, könnte man denken, diese laxen Haltung. Obama scheint diese Bedenken hingegen nicht zu haben – und ziemlich sicher hatten auch seine Berater hier die Finger im Spiel. Zufall ist es wohl nicht, dass Amerikas Präsident ab und an mit der Etikette bricht... Obama nutzt diese Pose auf zweierlei Weise: Nach außen vermittelt sie eine gewisse Lässigkeit, Selbstbewusstsein und Macht. Man weiß: Mit diesem Mann lässt sich reden, aber er weiß ganz genau, was er will. Und auch nach innen wirkt die Haltung – sie gibt ihm das Gefühl, Herr der Lage zu sein und macht gute Laune. Woher wir das wissen? Dass bestimmte Power-Posen nicht nur andere beeindrucken, sondern auch etwas mit uns selbst machen, hat die amerikanische Psychologin und Forscherin Amy Cuddy von der Harvard-Universität in zahlreichen Studien nachgewiesen.
Die entscheidende Erkenntnis: Der Körper formt die Gefühle, er erzeugt bestimmte Gemütszustände. Amy Cuddy entdeckte sechs Power-Posen, die unsere innere Haltung positiv beeinflussen: Sie demonstrieren nicht nur Stärke, Entschlossenheit, Begeisterung und Überzeugung nach außen – sie machen tatsächlich stärker und selbstbewusster. Das ist sogar messbar: Alle sechs Posen verändern tatsächlich unseren Hormonstatus, wie Amy Cuddy herausfand. So steigt der Testosteronspiegel im Blut stark an, die Konzentration des Stresshormons Cortisol nimmt dagegen ab. Die Herzfrequenz- variabilität verbessert sich – damit ist die Anpassungsfähigkeit des Herzschlags an körperliche Belastungen gemeint. Die Posen lösen zudem eine Endorphinausschüttung aus (Glückshormone), und das Immunsystem wird gestärkt.
Wenn also mal wieder Selbstzweifel an uns nagen, wenn die Nerven vor einer Präsentation zu flattern beginnen, dann schmeißen Sie sich ab jetzt so richtig in Pose. Wie das genau geht? Erklären wir Ihnen hier!

1. Der Chef
Für die Chef-Pose breitbeinig hinsetzen und den Arm locker auf die Lehne stützen. Damit öffnen wir uns – nach außen wie innerlich: Eine super Haltung, um mehr Selbstvertrauen zu gewinnen und ein Wohlgefühl zu erzeugen. Auch eine Hand hinter dem Kopf, die andere auf dem Fußknöchel oder Knie, (die Beine übereinandergeschlagen), sorgen dafür, dass Sie in jedem noch so schwierigen Gespräch ganz präsent und bei sich sind.

2. Der Obama
Wenn Sie eine Idee präsentieren und für ein neues Konzept begeistern wollen, dann lehnen Sie sich ganz weit in Ihrem Stuhl zurück – Sie erinnern sich an die „Obama-Pose“? Dafür legen Sie die Füße auf den Tisch und verschränken wahlweise die Hände hinter dem Kopf. Schon klar, dass Sie den „Obama“ nicht gerade vor Ihrem Team machen wollen. Fläzen Sie vorher im eigenen Büro, während Sie eine neue Idee für sich noch einmal durchgehen. Experimente haben bewiesen, dass diese Haltung den Mut erzeugt, gewinnbringende Risiken einzugehen. Und laut auszusprechen, was wir sonst nur still denken.

3. Der Performer
Für diese Pose stellen wir die Füße hüftbreit auf und stellen uns vor, sie würden Wurzeln schlagen. Dazu die Arme nach oben in die Luft strecken wie eine Marathonläuferin hinter der Ziellinie oder ein Popstar auf der Bühne. In dieser Pose ahnt der Körper, dass er den Sieg davonträgt. Und im Kopf kommt dieses Gefühl so an: „Ich schaff das, ich werde diesen Job an Land ziehen.“ Suchen Sie sich dafür einen Ort, an dem Sie unbeobachtet sind – im Treppenhaus oder auf der Toilette –, und nehmen Sie die Pose für zwei Minuten ein.

4. Die Superwoman
Als Wunderfrau legen Sie die Hände locker auf die Hüften. Nicht übertrieben, sondern entspannt. Dazu mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen und freundlich lächeln. Damit sind Sie für Situationen wie diese gewappnet: Sie treffen den Chef in der Teeküche und wollen geistreich wirken, als er Sie nach Ihrem Wochenende fragt? Ganz egal, was Sie antworten, es wird so locker und entspannt rüberkommen, dass der Inhalt fast schon Nebensache ist. „Dazu das Kinn etwas anheben, dann kommt der Energiefluss noch besser in Gang“, sagt Psychologin Cuddy.

5. Die Denkerin
Für diese Pose setzen Sie sich kerzengerade hin, Füße auf der Erde, Ellenbogen aufgestützt. Die Handflächen aufeinanderlegen. Die Denkerin macht einen klaren Kopf, zudem holt sie uns automatisch aus der typisch krummen Schreibtischhaltung heraus – „ich nenne sie den gefährlichen iBuckel“, erklärt Cuddy. Wir alle beugen uns ja ständig über unsere Smartphones. Im Gegenzug mal schön nach hinten lehnen, Kopf hoch!

6. Der Verführer
Der Verführer legt die Hände flach auf den Tisch, er steht, die Arme sind parallel, der Oberkörper nach vorne geneigt, der Blick geht geradeaus. Im Büro bietet sich der eigene Schreibtisch an. Kevin Spacey nimmt die Power-Pose am Ende der zweiten Staffel von „House of Cards“ ein. Soeben hat er den Sessel des Präsidenten erobert. In dieser Situation ist die Haltung ein Ausdruck seines Triumphes. Nicht zufällig sieht man ihn von da an auch öfter in der „Obama-Pose“. Beide Haltungen eignen sich hervorragend dafür, Stärke auszustrahlen – und sie zu fühlen. „Beide führen dazu, dass Ihnen Ihre geistigen Kapazitäten voll zur Verfügung stehen“, erklärt Cuddy. Und jetzt Sie, Superwoman!