"Fawn Response": 10 Anzeichen, dass du unter dem Bambi-Effekt leidest

Wenn Freundlichkeit kein "nice to have", sondern ein Zwang ist, dann könnte dies auf das psychologische Phänomen einer "Fawn Response" hindeuten. Wir erklären es genauer.

Was ist eine "Fawn Response"?

Die "Fawn Response", auch als "Bambi-Effekt" bekannt, beschreibt in der Psychologie eine Reaktion auf traumatische oder stressige Ereignisse. Er entsteht als Überlebensmechanismus in der Kindheit vornehmlich bei Personen, die in Umgebungen aufgewachsen sind, in denen sie ständig Bedrohungen oder Gewalt erlebt haben. In solchen Situationen haben sie gelernt, dass das Vermeiden von Konflikten und das Unterdrücken ihrer eigenen Bedürfnisse die beste Möglichkeit ist, sich zu schützen und in der Gruppe zu überleben.

Menschen mit Fawn-Tendenzen zeigen oft charakteristische Verhaltensweisen: Sie neigen dazu, sich anzupassen und anderen Menschen zuzustimmen, selbst wenn sie anderer Meinung sind. Sie haben Schwierigkeiten damit, ihre eigenen Bedürfnisse auszudrücken und setzen die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen. Sie fühlen sich oft schuldig für Dinge, die sie nicht kontrollieren können, und sind hyper-vigilant, um mögliche Gefahren oder negative Reaktionen anderer Menschen wahrzunehmen. 

Der Begriff wurde von Pete Walker, einem Therapeuten und Autor, geprägt, um ein Verhaltensmuster zu beschreiben, bei dem Menschen versuchen, Konflikte zu vermeiden und andere Menschen zu beruhigen oder zu besänftigen, um sich sicher und akzeptiert zu fühlen. Unter dem Titel "The 4Fs: A Trauma Typology in Complex Trauma" prägt er den Begriff "Fawn Response" als 4. Reaktionsform. Er definiert dieses Verhalten wie folgt: 

Bambi-Menschen suchen Sicherheit, indem sie sich an die Wünsche, Bedürfnisse und Anforderungen anderer Menschen anpassen oder mit ihnen verschmelzen. Sie verhalten sich, als würden sie unbewusst glauben, dass der Preis für eine Beziehung das Opfern all ihrer Bedürfnisse, Rechte, Vorlieben und Grenzen ist.

In der Traumafachwelt wird diese Reaktion inzwischen immer mehr als 4. Reflex auf traumatische Ereignisse gesehen. Bisher galten Kampf, Flucht und Erstarrung (Fight – Flight – Freeze) als die Reaktionen auf eine Gefahr oder ein traumatisches Ereignis. Mehr Informationen findest du auch im Video oben!

10 Anzeichen für eine "Fawn Response"

1. Du stimmst anderen immer zu

Du stimmst anderen oft zu, auch wenn du anderer Meinung bist. Du hast Angst davor, abgelehnt oder verlassen zu werden, und deshalb passt du dich oft an die Vorstellungen und Wünsche anderer an.

2. Du kannst deine Bedürfnisse nicht kommunizieren

Du hast Schwierigkeiten damit, eigene Bedürfnisse zu kommunizieren. Du möchtest keine Belastung für andere sein und versuchst daher, ihre Bedürfnisse immer vor deine eigenen zu stellen.

3. Du übernimmst Verantwortung für andere

Du fühlst dich oft schuldig für Dinge, die nicht deine Verantwortung sind. Du nimmst die Verantwortung für die Emotionen und das Wohlbefinden anderer Menschen auf dich, selbst wenn es unangemessen ist.

4. Du hast Angst vor Konfrontationen

Du hast Angst davor, Konflikte zu haben oder Grenzen zu setzen. Du versuchst, Konfrontationen aus dem Weg zu gehen, selbst wenn dies bedeuten könnte, dass deine Bedürfnisse zurückgestellt werden.

5. Du bist hyper-vigilant

Du bist oft hyper-vigilant, d.h. du bist immer wachsam und versuchst, mögliche Gefahren oder negative Reaktionen von anderen Menschen im Voraus zu erkennen, um ihnen aus dem Weg zu gehen.

6. Dir ist das Wohl anderer Menschen wichtiger als deins

Du investierst viel Zeit und Energie in die Pflege und das Wohl anderer Menschen, selbst wenn sie dich nicht so behandeln, wie du es verdienst.

3 Lektionen, die unsere Autorin, die immer für andere da ist, lernen musste, verrät sie dir hier.

7. Du sagst oft "Ja" statt "Nein"

Du sagst oft "Ja", obwohl du "Nein" sagen möchtest. Du fühlst dich verpflichtet, immer für andere da zu sein und ihre Erwartungen zu erfüllen.

Hier kommen wichtige Tipps, die dir helfen können, häufiger "Nein" zu sagen.

8. Du möchtest es allen recht machen

Du leidest unter starkem Perfektionismus. Du versuchst, es allen recht zu machen, um Ablehnung zu vermeiden. Dadurch setzt du dich selbst unter großen Druck und bist oft unzufrieden mit dem, was du tust.

9. Deine Bedürfnisse werden nicht erfüllt

Du fühlst dich oft einsam oder isoliert. Obwohl du viel Zeit und Energie in Beziehungen investierst, scheint es schwierig zu sein, deine eigenen Bedürfnisse erfüllt zu bekommen.

10. Du opferst eigene Wünsche

Du versuchst, die negative Stimmung anderer Menschen zu beruhigen, auch wenn dies bedeutet, dass du eigene Wünsche oder Interessen opfern musst.

Menschen mit Fawn-Muster sind in ihrem Umfeld meist beliebt, denn sie verhalten sich zum Wohle der anderen. Daher fällt es anderen Menschen oft gar nicht auf, dass jemand an dem psychologischen Phänomen leidet. Der Bambi-Effekt kann jedoch auf lange Sicht zu Schwierigkeiten führen, weil die Untergrabung der Bedürfnisse zu Überauslastung, Frustration, Ängsten oder einem Mangel an Selbstwertgefühl führen kann. 

Therapeutische Unterstützung und psychotherapeutische Ansätze können dabei helfen, die traumatischen Erfahrungen aufzuarbeiten, das Selbstwertgefühl zu stärken und gesunde Grenzen zu setzen. Es ist ein Prozess, in dem man lernt, für sich selbst einzustehen, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und sie auf eine angemessene Weise zu kommunizieren.

Verwendete Quellen: glomex.de, therapeuthen.traumaheilung.de, zeitjung.de