Die perfekte Antwort

Die perfekte Antwort

Wir wissen, wie man Animal-Prints kombiniert oder wo man in Berlin das beste Sushi bekommt. Aber manchmal, von Mensch zu Mensch, kommen wir an unsere Grenzen. Da haben wir auf einmal keine Ahnung, wie wir jetzt geschickt, smart und empathisch reagieren – und uns selbst dabei treu bleiben. Es können einem aber auch die dümmsten Dinge passieren. Hier sagen ein paar smarte Menschen, wie Sie dann schlau reagieren.

Illustration Streit
Illustration Streit

Was mache ich, wenn ich finde, dass meine Schwester ihre Kinder zu oft anbrüllt?

Verena Carl, Mutter und Buchautorin („Mantramänner“), 41, findet: Ja, Kinder können einen irre machen. Wenn sie nach jedem Zahnbürstenstrich ein Wettrennen veranstalten oder zum hundertsiebenundzwanzigsten Mal am Abend nach einer Strophe Schäfchenlied schreien. Aber wahr ist auch: Kinder, auch wenn sie anstrengend sind, brauchen Schutz und Liebe. Klarheit in der Sache („Nein, das Schäfchenlied ist jetzt zu Ende!“), aber keine Aggression. Natürlich dürfen Sie als Tante sich einmischen. Dabei kommt es auf den Ton an – vor allem, wenn Sie selbst (noch) keine Kinder haben. Statt besserwisserischer Tipps lieber nachfragen: „Stehst du sehr unter Druck? Wirst du zu wenig unterstützt, von deinem Mann, der Oma, von mir?“ Ihre Schwester ist sicher nicht stolz auf ihren Bundeswehrton – hat sich ja herumgesprochen, dass das keine sinnvolle Erziehungsmethode ist. Bloß: Sie kann gerade nicht anders. Da hilft es, wenn andere ihr Luft verschaffen – zum Beispiel Sie. Durch einen Abend Babysitten, einen Nachmittag auf dem Spielplatz. Danach können Sie Ihre Schwester besser verstehen – und Ihre Schwester kann neuen Atem holen für ihre Kinder.

Was mache ich, wenn den Mann einer guten Freundin mit einer anderen knutschen sehe?

Janina Starck, stellv. Chefredakteurin PETRA, 37, hält eigentlich viel von weiblicher Solidarität: Aber das Versprechen einzuhalten, der Freundin zu sagen, wenn der Partner fremdgeht, bringt auch eine hohe Verantwortung mit sich – schließlich reißt man im schlimmsten Fall ein Paar auseinander (das vielleicht Kinder hat). Und am Ende dankt es die Freundin auch nicht, weil Sie in ihren Augen immer die Überbringerin der schlechten Nachricht gewesen sein werden. Meine Empfehlung, aus eigener Erfahrung: sich zuerst den Mann greifen. Kann er plausibel machen, dass es wirklich eine einmalige Sache war, eine harmlose Knutscherei nach einem Frusttag im Büro mit zu viel Alkohol im Spiel? Dann machen Sie ihm die Hölle heiß, lassen ihn aber davonkommen. Der Schrecken wird ihn hoffentlich zukünftig von solchen Abenteuern abhalten. Verstrickt er sich aber in Lügen, oder ist da dieses komische Gefühl, dass es mehr ist, dann sagen Sie ihm, dass er den Seitensprung Ihrer Freundin zu beichten hat, bevor Sie es tun. Und bleiben Sie hart (auch wenn Ihr Partner Sie abhalten will, es gibt ja schließlich auch so was wie männliche Solidarität), denn eines geht definitiv gar nicht: wenn irgendwann alle von der Affäre wissen, einschließlich Ihnen – einzig Ihre Freundin ist ahnungslos.

Illustration Dessous
Illustration Dessous

Was mache ich, wenn meine Eltern auf einmal ihr Sexleben vor mir ausbreiten?

Sven Böttcher, Schriftsteller („Prophezeiung“), 46, kennt ein Ablenkungsmanöver: Ich lächle, nicke freundlich vor mich hin, montiere mir dabei gelassen die Ohrhörer meines iPods links und rechts in den Kopf und wähle die Playlist „Dance“. Freundlich weiternickend halte ich noch einen Moment den Blick beider Vortragenden, schließe die Augen und nicke im Takt weiter (notfalls mit so laut aufgedrehter Musik, dass der Sound leise bis über den Tisch scheppert). Bei komplett imprägnierten Eltern empfiehlt sich statt des einfachen „Wir machen weiter mit etwas Musik“ eine Runde Angry Birds, gegebenenfalls inklusive Hochhalten des Schirms und einem fröhlich dazu gesprochenen „Guckt mal, High-Score!“

Was mache ich, wenn ich im Geschäftsleben einfach keine Referenz für jemanden aussprechen möchte?

Sven Böttcher, Schriftsteller („Prophezeiung“), 46, ist da diplomatisch: Schritt 1: Ich sage zu, die Empfehlung auszusprechen, und vergesse es dann leider, weil ich so viel um die Ohren habe. Notfalls mehrfach. Schritt 2 (bei hartnäckigem Verfehlen des Ziels mit dem Zaunpfahl): Ich verrate dem unqualifizierten Freund die E-Mail des Ansprechpartners und gestatte ihm, herzlich von mir zu grüßen – warne dann allerdings den Ansprechpartner vor, dass etwas auf ihn zukommt. Aber: mit diplomatischen Worten. Schließlich ist nie auszuschließen, dass der Ansprechpartner ebenfalls keine Ahnung hat und die nicht empfehlenswerte Arbeit sagenhaft findet, meinen Freund sofort einstellt und der dann in einem halben Jahr über MEINE Bewerbung entscheiden darf …

Was mache ich, wenn die Kollegin oft ungepflegt zur Arbeit kommt?

Nina Maurischat, Chefredakteurin PETRA, 38, glaubt: Die vielleicht schwierigste Frage auf diesen Seiten… Oder haben Sie sich schon jemals getraut, einer Kollegin zu sagen, dass aus ihrem Mund häufig ein ziemlich heftiger Verwesungsgeruch kommt oder sie sich auch mal wieder waschen könnte? Sehen Sie, ich auch nicht! Meines Erachtens wäre das Aufgabe des dazugehörigen Partners. Wenn dem der Mief aber nicht wirklich stinkt, sind Sie gefragt. Stehen Sie der Kollegin selbst nahe? Gut, dann nehmen Sie Ihren Mut zusammen und sagen ihr bei passender Gelegenheit, was Ihnen aufgefallen ist (ansonsten bitten Sie die Kollegin, die besonders eng mit ihr ist). Anmoderieren können Sie so ein Gespräch mit einem liebevollen „Ich denke, du möchtest das wissen – man selber merkt es ja nicht –, aber mir ist aufgefallen, dass du in letzter Zeit …“ Wie so oft im Leben gilt: Der Ton macht die Musik. Hier braucht es eine Menge Einfühlungsvermögen.

Was mache ich, wenn sich Gespräche mit Kollegen nur noch um Kohle drehen?

Dr. Ilona Bürgel, Coach, 46, denkt: Geld selbst ist buntes Papier, mehr oder weniger hübsch bedruckt, was nicht schmeckt, wenn Sie es essen. Das Interessanteste daran ist die Hoffnung. Wir meinen, dass unser Leben anders wäre, wenn wir mehr davon hätten. Die meisten Menschen bleiben in dieser Illusion hängen. Vielleicht auch Ihre Freunde. Aber: Was stört Sie daran? Kränkt es Sie, weil Sie sich nicht dazugehörig fühlen? Dann haben Sie die Aufgabe, sich den eigenen Wert klarzumachen. Was haben Sie erreicht, das nichts mit Geld zu tun hat? Schreiben Sie vier Wochen täglich Ihre Erfolge auf. Falls Sie merken, Sie haben sich in verschiedene Richtungen entwickelt und Ihnen liegen ganz andere Dinge am Herzen als Ihren Freunden, hilft nur, sich neue Freunde zu suchen. Bis dahin können Sie auch selbst neue Themen anregen. Oder mal andere Dinge zusammen machen. Im Theater spricht keiner über Geld. Beim Sport auch nicht. Sorgen Sie selbst für Ihr Wohlbefinden im Freundeskreis, indem Sie die anderen für Ihre Themen interessieren. Vielleicht sind dann die alten auch wieder die richtigen Freunde.

Illustration Facebook
Illustration Facebook

Was mache ich, wenn jemand unterirdische Fotos von mir bei Facebook einstellt?

Ivo Kroeger, Autor, 47, hat wenig Mitleid, aber zwei Tipps: Sorry, Sie haben doch freiwillig Kontakt zur facebook-Gemeinde gesucht. Mich wundert eher, dass Sie sich wundern, wenn einer dort "unterirdische" Fotos von Ihnen postet. Flüchtigen Besuchern der Site wird nämlich vermittelt, dass sich dorf fast ausschließlich Unterirdische präsentieren und das auch noch prima finden. Sie jetzt nicht mehr? Aslo gut, noch immer kein Mitleid, aber zwei Ratschläge: Bitten Sie den Webmaster, das Foto zu entfernen (erfordert einen elend langen Mailverkehr, kann aber funktionieren). Oder lassen Sie Ihren Anwalt ein Schreiben an den Menschen aufsetzen, der das Foto eingestellt hat. Funktioniert fast immer. Denn selbst facebook-Nutzer haben Persönlichkeitsreche.

Was mache ich, wenn der Chef mich offensiv angräbt?

Stefanie Lindenberger, 40, Ressortleiterin Report bei PETRA, findet: Reden wir zunächst von dem Fall, dass wir nicht davon ausgehen, der Boss könnte die Lebensliebe sein. Dann erst mal Komplimente charmant überhören. Bei Firmenfeiern unbedingt darauf achten, dass weder der Chef noch Alkohol in der Nähe sind. Dafür aber immer viele giggelnde Kolleginnen. Wirkt noch nicht? Dann lassen Sie fallen, dass Sie gerade über den Kauf eines Hauses mit Ihrem Liebsten nachdenken. Oder gemeinsam zu Fuß durch Nepal gewandert sind („Wissen Sie, Chef, er hat mich kilometerweit auf den Schultern getragen, weil ich eurostückgroße Blasen an den Fersen hatte. Das schafft ein Mann ja nur, wenn er sehr liebt. Ich habe so ein Glück.“). Als letzten Joker würde ich erwähnen, dass meine Tochter noch jede Nacht in unserem Bett schläft und ich das super finde. So! Und sollte der Chef doch die Lebensliebe sein, verschweige ich natürlich all das. Ich würde mich einfach mal küssen lassen. Und von Herzen drauf hoffen, dass er eine Idee hat, wie wir das in der Firma erklären …

Was mache ich, wenn ich kein Spießer sein will, aber meine Nachbarn unerträglich laut sind?

Regina Först, Charisma-Expertin und Coach, 50, rät zu Klarheit mit Charme: „Spießig ist riesig, ich weiß nämlich, wo meine Grenze ist“, hat der Kabarettist Gerhard Polt mal gesagt. Und da steckt ganz viel Wahrheit drin. Wenn ich klar und charmant formuliere, was ich möchte, werden mich andere dann für spießig halten? Bestimmt nicht. Den Mund aufmachen müssen Sie, sonst können Ihre Nachbarn nicht wissen, dass Sie überhaupt etwas stört. Wer respektvoll, klar, nett und charmant Kritik äußern kann, wird nie als spießig bezeichnet. Im Gegenteil: Er wird vielmehr wegen seiner Geradlinigkeit bewundert. Das gilt nicht nur bei den Nachbarn, sondern auch für die Kollegin, die zu ausschweifend telefoniert, oder Teenager, die in der Bahn zu laut Musik hören. Charme ist der Schlüssel. Dann klappt es nicht nur mit den Nachbarn!

Illustration Weinglas
Illustration Weinglas

Was mache ich, wenn ich finde, dass meine Freundin zu viel trinkt?

Ilona Bürgel, Coach, 46, weiß Rat: Bewerten Sie erst mal genau: Wird Ihre Freundin bei jedem Treffen betrunken? Ordert sie immer Alkohol, auch wenn andere nichts trinken? Oder hat sich vielleicht der ganze Freundeskreis ausuferndes Trinken angewöhnt? Spätestens, wenn Ihre Freundin betrunken zur Arbeit geht oder Auto fährt oder öfter bis zum „Filmriss“ trinkt, müssen Sie mit ihr reden. Sprechen Sie in der Ich-Form, also „Ich habe den Eindruck, du trinkst immer mehr“ statt „Du trinkst zu viel“. So werden Ihre Gedanken weniger als Angriff verstanden. Diskutieren Sie nicht, hören Sie lieber zu. Ein zu großes Bedürfnis zu helfen ist genauso kontraproduktiv wie Ignoranz. Aber: Haben Sie Mut. Gehen Sie auf Ihre Freundin zu!

Illustration Geldbörse
Illustration Geldbörse

Was mache ich, wenn eine gute Freundin sich 1000 Euro leihen möchte? Ich habe aber gar kein gutes Gefühl dabei.

Ivo Kroeger, Autor aus Berlin, 47, meint dazu: Den RTL-II-Charakteren unter uns fällt in so einer Situation sofort der Nerv-Spruch aus der Fernsehwerbung ein: „Guten Freunden gibt man ein Küsschen …“ Das können Sie natürlich grinsend zitieren, dann behalten Sie Ihr blödes Geld, verlieren aber die Freundin. Und das zu Recht. Trennen Sie sich also von Ihren Groschen und sparen sich bitte außer Sprüchen auch genaues Nachfragen, wofür, warum und weshalb die Freundin das Darlehen benötigt. Ermahnungen, was eine pünktliche Rückerstattung betrifft, dürfen gleichfalls unterbleiben. Wir reden hier schließlich von einer wirklich guten Freundin, die wird schon wissen, was sie tut. Sonst wäre sie vermutlich nicht Ihre Freundin. Sie werden sich hinterher zwar ein bisschen pleite fühlen, aber irgendwie auch ganz gut. Ein ähnliches Gefühl stellt sich übrigens auch ein, wenn Sie in der Hotelbar eine Flasche Jahrgangs-Champagner bestellen und ganz alleine austrinken – aber das war nun mal nicht die Frage. PS: Sollten Sie jetzt ernsthaft überlegen, den Autor um 1000 Euro zu bitten: Vergessen Sie’s. Die guten Freundinnen, die ich habe, brauchen mein Geld nicht. Und sie haben sich bislang immer mit meinen blöden Sprüchen zufriedengegeben.

Was mache ich, wenn ich denke, dass der neue Mann einer Freundin ein echter Vollidiot ist?

Regina Först, Charisma-Expertin und Coach, 50, weiß, was in Freundschaften zählt: Eine neue Liebe macht – ja, manchmal blind. Das kennen Sie doch auch, oder? Meistens hat die Meinung, die wir über andere haben, mehr mit uns als mit denen zu tun. Erinnert dieser Mann Sie also vielleicht nur an den Typen, der Ihnen mal das Herz gebrochen hat? Was auch immer die Liebe Ihrer Freundin trägt, vielleicht braucht sie so eine Erfahrung, um zu wachsen. Fragt die Freundin Sie nach Ihrer Meinung, sollten Sie auch ehrlich sagen, was Sie wahrnehmen. Wenn sie nicht fragt, sagen Sie am besten auch nichts!

Illustration Kuckucksuhr
Illustration Kuckucksuhr

Was mache ich, wenn ich mich verliebe und er mieser eingerichtet ist, als meine Oma?

Verena Carl, Buchautorin („Mantramänner“), 41, verheiratet, denkt: So lange er dabei besser aussieht als Ihr Opa, ist doch alles im grünen Bereich, oder? Wie würden Sie reagieren, wenn Ihr neuer Liebster überhastet Ihre Wohnung verlässt, weil er ein paar peinliche Boygroup- CDs in Ihrem Regal entdeckt hat? Im Leben von Männern wie von Frauen gibt es nun mal Bereiche, in denen sie nicht gerade durch Stilsicherheit glänzen. Und vielleicht auch gar nicht glänzen wollen. Aber ob Musikgeschmack oder Möbel: Jeder Mensch, auch der männliche, ist ja lernfähig. Bis zum ersten gemeinsamen Klingelschild werden Sie ihm die coole Lounge-Liege aus dem Designer-Secondhandshop schon schmackhaft machen. Oder Sie halten es wie in hippen Hotels: Jedes Zimmer kriegt eine andere Stilrichtung. Den Retro-Raum haben Sie ja schon in trockenen Tüchern …


Was mache ich, wenn ich meinen Job genauso gut finde, wie er ist - und um Himmel's Willen nicht befördert werden will?

Ilona Bürgel, Coach, 46, kann Sie da nur bestärken: Endlich eine Frau, die weiß, was sie will. Obwohl ich als Coach normalerweise Menschen Mut zur Veränderung und großen Zielen mache: Ich zeige auch immer gern, dass vieles, was wir haben und sind, schon genau gut für uns ist. Man könnte meinen, dass Karrieren ohne Veränderungen mit unseren Urgroßeltern ausgestorben sind. Aber jeder hat andere Talente. Dabei gibt es kein Besser oder Schlechter. Sie zu erkennen und einzusetzen, das ist die große Kunst. Im Ergebnis der Quotendiskussion werden Sie vielleicht noch häufiger Avancen bekommen, aufzusteigen. Und genau das dürfte am Ende bringen, was keiner braucht. Frauen wie Sie werden in Positionen gedrängt, die sie nicht wollen. Bleiben Sie genau die, die Sie sind. Wenn Sie sich ganz klar darüber sind, was gut für Sie ist, wird sich Ihre Klarheit auf die anderen übertragen. Und Sie müssen nicht immer wieder die gleichen Fragen beantworten. Für den Fall, dass die Beförderung ein Ausdruck von Wertschätzung sein soll, gibt es viele andere Möglichkeiten, von denen Sie Ihrem Chef mal erzählen könnten: mehr Selbstständigkeit in Ihren Entscheidungen, Tantiemen oder was sonst Sie sich zur Zufriedenheit wünschen …

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