
Ach, wie unkompliziert war das doch damals in der Schule: Beziehungen wurden im Multiple- Choice-Verfahren angebahnt – „Willst du mit mir gehen? Ja? Nein? Vielleicht?“ – und fast ebenso spielerisch wieder beendet: „Du, ich hab’ mir überlegt, ich will nicht mehr.“ Antwort: „Okay. Aber in Bio darf ich trotzdem weiter abschreiben, oder?“ „Klar, wir sind doch noch Freunde!“ Dann wurde einen Nachmittag lang die beste Freundin am Telefon vollgeheult – und gut war’s.
Schon ein paar Jahre später sieht leider alles anders aus. Wenn eine Liebe nicht mehr nur von der Deutscharbeit bis zum Biotest dauert, sondern Monate oder Jahre, dann gleicht die Trennung einem emotionalen Vernichtungsschlag. Eine gefühlte Ewigkeit hat man mit Lars, Michael oder Alex – wie auch immer „er“ heißen mag – die Federkernmatratze oder die Futonmatte, das Bankkonto und vielleicht die Vision von der andalusischen Finca mit 65 geteilt. Und plötzlich soll das alles vorbei sein? Einfach weg? Für immer? Unmöglich!
Am brutalsten wütet der Schmerz, wenn uns die Botschaft kalt erwischt. Wenn der Mensch, den wir „Liebling“ nannten und der vielleicht der Vater unserer Kinder ist, mal kurz am Frühstückstisch die Bemerkung fallen lässt, er habe sich neu verliebt und werde ausziehen. Aber auch, wenn wir selbst den Schlussstrich ziehen und sogar dann, wenn in der Beziehung schon lang der Wurm drin war, eines läuft bei jeder Trennung gleich: Ein gigantischer Radiergummi rubbelt mal eben das komplette „Wir“ weg. Was bleibt, ist ein leeres Blatt und die Aufgabe, den Aufsatz „Leben“ bitte neu zu schreiben – und zwar in der 1. Person Singular: ich.
Die wenigsten schaffen es, die Solo-Expedition ins Unbekannte auf Anhieb als das zu sehen, was sie ist: eine Riesenchance. Ein Ticket dafür, endlich die eigenen Träume umsetzen zu können. Leider hat unsere Psyche vor diese Erkenntnis ein paar Hürden gesetzt: „Ich habe mich gefühlt, als wenn jemand gestorben wäre“, sagt etwa die 39 Jahre alte Sabine. „Aber eigentlich war es noch schlimmer: Peter lebte ja noch – nur durfte ich nicht mehr zu ihm. Schrecklich!“ Beide steckten gerade mitten in einer Paartherapie, als er verkündete: „Lass uns das Geld sparen, es hat keinen Zweck.“ Schon einen Tag später zog der Makler aus der gemeinsamenWohnung in sein Büro.
Plötzlich stand Sabine vor ungewohnten Problemen, etwa: „Wie verbringe ich einen ganz normalen Dienstagabend, ohne vom Balkon zu springen?“ Sabine hielt es zunächst wie Bridget Jones: mit viel zu viel Rotwein und tonnenweise Schokolade. Dazu kamen sehr viele Tränen – und eine Seelentrost-Hotline zu ihren zwei besten Freundinnen. Die wechselten sich im 24-Stunden-Bereitschaftsdienst am Telefon ab.Wenn’s gar nicht anders ging, warf Sabine sich und ihr gebrochenes Herz ins Taxi und raste zu einer von ihnen aufs Sofa.
Vergleichsweise milde Umstände erlebte Bankkauffrau Tanja bei der Trennung von ihrem Mann Marcel: Der Grund fürs Ehe-Aus hieß Carsten, war 1,90 Meter groß – und schwer in Tanja verknallt. Schmerzfrei ging es dennoch nicht: „Nächtelang habe ich in meiner neuen Wohnung geheult und mich gefragt, ob ich nicht einen Riesenfehler gemacht habe. Ich fühlte mich auch schuldig“, sagt Tanja heute. Aber damit musste sie allein fertig werden: „Ich war ja ,die Böse‘.“ Die Zweifel und das schlechte Gewissen sollten die neue Beziehung nicht belasten. „Ich wollte nicht auch noch Carsten verletzen, nachdem ich meinem Ex so weh getan hatte.“
Egal, wer sich warum getrennt hat: Vier Phasen müssen nach einem Beziehungs- Aus überwunden werden, schreibt die Psychologin Doris Wolf in ihrem Trennungs-Klassiker „Wenn der Partner geht“ (Pal Verlag, 184 S., 12,80 €). Es beginnt mit der Phase des Nicht-Wahrhaben-Wollens: Die Betroffenen befinden sich im Schock und hoffen, alles sei nur ein böser Traum. In Phase zwei brandet eine Flut von Gefühlen auf: Verzweiflung, Angst, Eifersucht, Wut – und der Gedanke: Hätten wir es doch schaffen können? Mit etwas mehr Mühe? In Phase drei kommt Land in Sicht. Die Gefühle sind (meist) wieder unter Kontrolle, der Spaß am Leben kehrt peu à peu zurück. Und auf der vierten und letzten Stufe wartet vielleicht nicht gleich wie bei Bridget Jones ein Mr. Darcy – aber ein neues Selbstvertrauen und eine versöhnlichere Zukunfts-Perspektive. Wer jetzt gerade selbst in den Düsterphasen eins oder zwei steckt, darf also hoffen: Es kann nur besser werden – und das ist sozusagen von Fachleuten verbürgt!
Eine Trenung ähnelt einem Umzug in eine neue Stadt: Erst kennt man sich überhaupt nicht aus, fühlt sich fremd und sehnt sich nach dem alten Kiosk an der Ecke zurück. Aber dann erkundet man nach und nach das Terrain, entdeckt die Hot-Spots – und stolpert über ungeahnte Überraschungen. Kundenberaterin Nina zum Beispiel: Sie warf ihren Freund aus der gemeinsamen Wohnung, nachdem sie von dessen Affäre erfahren hatte. Ihre Freunde halfen ihr, wieder auf die Füße zu kommen, und bewahrten sie mit Sonntags-Brunches und Bar-Hopping vor dem Freizeit-Blues. Nebenbei lernte sie dadurch ein paar Leute kennen, „vielleicht keine neuen Freundschaften fürs Leben, aber nette Menschen, mit denen ich zumindest mal ins Kino gehen konnte“, erzählt Nina heute, zwei Jahre später. Und sie erinnert sich auch an das, was sie die „Gala-Strategie“ nennt: „Ich habe Promi- Magazine verschlungen. Da werden ja ständig Leute verlassen und betrogen. Ich habe mir tatsächlich eine Liste aller berühmten Singles gemacht und neben das Bett gelegt.“
Auch sonst schadet ein bisschen Glamour nicht: Neue Schuhe und eine frische Frisur klingen nach Klischee – bringen aber etwas: Man erlebt sich selbst auch körperlich neu, und wenn es nur der ungewohnte Luftzug im Nacken ist, unter dem kurz flatternden Bob-Haarschnitt, den man sich zuvor nie zu tragen traute – weil „er“ auf überschulterlanges Haar stand. Im Fall der Bankkauffrau Tanja erwies sich allerdings ausgerechnet der Friseurbesuch, den sie sich wie einen Befreiungsschlag vorgestellt hatte, als tückisch: Gerade als es ans Föhnen ging, schneite ihr Ex Marcel in den Salon – nachdem er sich an der Tür per Küsschen von einer brünetten Schönheit verabschiedet hatte. Tanja erstarrte und bekam mit Mühe ein knappes „Hallo“ heraus. „Die Verabredung mit meiner neuen Liebe Carsten für den Abend habe ich dann abgesagt.“ Plötzlich ging ihr doch alles zu schnell. „Meine Gefühle hatten kurzzeitig den Rückwärtsgang eingelegt.“
Expertin Wolf rät, sich mit einem richtigen Trauer-Ritual von der alten Beziehung zu verabschieden. Etwa einen Tag lang bewusst in „seinem“ Lieblings-Kleid heulen, Bilder anschauen, in Erinnerungen baden – umdann all die Reminiszenzen an das vergangene Glück zu anderem Nippes in den Keller zu packen. Tut erst weh – macht aber den Kopf frei.
Bridget Jones hat sich immer gefragt: Was würde Madonna jetzt tun? Wir sollten uns stattdessen fragen: Was würde Bridget Jones jetzt tun? Denn wer eine Roman-Heldin ist statt Opfer der Umstände, kann die Verheißungen des Neuanfangs schneller sehen – und besser genießen: nur für sich selbst ein Drei-Gänge-Menü kochen. Sich von der Freundin zur Sixties-Party schleppen lassen und die Nacht durchtanzen. Oder, wie Nina, unvermittelt einen potenziellen neuen Romeo treffen und sich in seine Wohnung entführen zu lassen – um mitten im Clinch das Bild seiner Mutter auf dem Nachttisch zu bemerken. Am Morgen danach saß sie kichernd auf ihrem Balkon. „ Ich dachte: Das Verrückte hier, das ist mein Leben. Und das war erst der Anfang!“
Scheidung - und jetzt?
Kahtrin Severin, 40, Fachanwältin für Familienrecht und Notarin, beantwortet die wichtigsten Fragen.
PETRA: In letzter Zeit war viel über Gesetzesänderungen bei Scheidungen zu lesen. Was ist jetzt neu?
Severin: Die Änderung des Unterhaltsrechts ist zurzeit das ganz große Thema: Wenn das Kind drei Jahre alt ist, müssen die betreuenden Elternteile, je nachdem, bei wem das Kind bleibt, wieder arbeiten.
Was heißt das genau?
Ab sofort muss die- oder derjenige, bei dem die Kinder bleiben, das im Alltag zügig hinbekommen. Meist sind es doch noch die Frauen. Sie müssen die Betreuung des Kindes organisieren. Zwar gibt es in Deutschland eine Kindergarten-Garantie ab dem dritten Lebensjahr, aber eben nicht ganztags. Also muss jede Frau überlegen: Wie funktioniert das hier in der Gegend, macht mein Arbeitgeber das mit? Neu sind auch die Ausnahmen: Wenn ich so schnell nicht wieder arbeiten möchte oder zumindest nicht gleich in Vollzeit, muss ich belegen, dass zum Beispiel mein Kind krank ist und mehr Zeit braucht – oder ich muss nachweisen, dass einfach keine Hortbetreuung vorhanden ist, dank der ich Vollzeit arbeiten könnte.
Was passiert mit meinem Sparbuch oder Aktien, wenn ich mich trenne?
Jeder behält bei der Trennung sein eigenes Konto, sein Sparbuch, sein Auto – wie in der Ehe. Das heißt Zugewinngemeinschaft. Bei einer Scheidung wird dann verglichen: Was hatte jeder am Anfang der Ehe? Und was haben er und sie jetzt? Derjenige, der am Ende mehr besitzt, muss die Hälfte der Differenz ausgleichen.
Wie ist es bei Unverheirateten?
In der Regel bekommt die Frau dann gar nichts, es sei denn, das Paar hat gemeinsame Kinder. Dann hat sie, genau wie die geschiedene Frau, einen Unterhaltsanspruch für die ersten drei Jahre. Danach muss sie wieder arbeiten. Sie erhält dann auch von ihrem Ex keine Aufstockung des Gehalts wie eine geschiedene Frau. Das ist der Unterschied zur Ehe.
Hilft mir ein Ehevertrag?
Viele glauben, sie müssten einen Ehevertrag schließen, falls der andere Schulden macht. Aber das spielt keine Rolle, weil ein Partner nicht grundsätzlich für die Schulden des anderen haftet. Ein Ehevertrag ist kein Geheimrezept und bringt sogar steuerliche Nachteile. Sinnvoll ist er dann, wenn man unteilbare Vermögenswerte in die Ehe bringt, zum Beispiel eine Firma. Ich würde nicht zum Ehevertrag raten, wenn kein besonderer Grund dafür vorliegt.
Was kostet eine Scheidung?
Schwer zu sagen, weil sich die Kosten nach dem Einkommen richten. Am günstigsten wird es, wenn beide es schaffen, vor der Scheidung alle Fragen friedlich zu klären, etwa mit Hilfe eines Mediators – und diese Vereinbarungen von einem Notar beurkunden zu lassen.
Wie kann ich mich informieren?
Da hilft wirklich nur der Anwalt. Und in Hamburg die ÖRA, die öffentliche Rechtsauskunft. Die kostet nichts, aber dieser Service ist leider einmalig in Deutschland.