So fühlen Sie sich am Strand wohl – auch neben Mrs. Perfect

So fühlen Sie sich am Strand wohl – auch neben Mrs. Perfect

Tausend Gedanken macht man sich, bevor man seinen vermeintlichen Mittelmaß-Body von der Liege ins Meer bewegt. PETRA- Kolumnistin Sandra Garbers über Techniken, Tuniken und die Cellulite der anderen. 

Frau am Strand© iStock/Thinkstock/Purestock
Frau am Strand

Kürzlich machte ich mit meiner besten Freundin eine Woche Strandurlaub. Es war wohl an Tag zwei, wir sahen noch aus wie ausgebleichte Kegelrobben auf unseren Strandliegen – da quiekte meine Freundin plötzlich panisch und ließ sich dann mitsamt Strandlaken in den Sand zwischen unseren Liegen kullern. Sie sah aus wie ein SEK-Mann, der Feuerschutz sucht. „Runter, runter!“, zischte sie. Ihre Reaktion war kein bisschen übertrieben, denn nun sah ich ihn auch: ihren Chef. Schlank, braun, dünne Modelfreundin an der Hand. Und was das Schlimmste war: Er ging nicht weg vom Strand. Er kam an.

Normalerweise ist man auf einer Liege relativ sicher. Jede Menge Tuniken und Wickeltücher, mit denen man sich verhüllen, riesige Sonnenbrillen und großformatige Zeitschriften, hinter denen man sich verstecken kann. Bleibt nur die Frage: Wie kommt man von der Liege ins Wasser? Man glaubt gar nicht, wie erfindungsreich Frauen sein können, wenn sie ihren sich über mehrere Konfektionsgrößen erstreckenden (oben S, in der Mitte L) Mittelmaß-Body unbemerkt zum Meer bewegen wollen. Nicht zum Schwimmen natürlich, sondern um sich möglichst schnell in den Wellen auflösen zu können.

Wie komme ich von der Liege ins Wasser?

Bei moderaten Figurproblemen reicht es, wenn man auf dem Weg vom Handtuch in die Wellen ein wenig an der Frisur rumtüddelt, weil das den Körper streckt und optisch verschlankt. Wenn man gleichzeitig den Bauch einzieht und die Luft anhält, bis man mindestens bis Bauchnabelhöhe im Wasser steht, ist es geschafft. Allerdings kann es leicht zu Atemproblemen kommen, wenn der Strand über lange Zeit sehr flach ins Meer führt. In diesem Fall knickt man am besten, sobald die Knie vom Wasser bedeckt sind, seine Beine so ein, dass man nur noch auf den Knien weitergeht und es so aussieht, als sei man schon ganz tief drin. Achtung: Es sollte niemand neben einem stehen, das sähe dann komisch aus. Wenn „Hände hoch“ allein nicht mehr reicht – und man festgestellt hat, dass sich Hüften leider nicht wegatmen lassen, kann man natürlich auch so tun, als hätte man ganz vergessen, zum Schwimmen die Tunika auszuziehen. Am Meer angelangt – dann huch! – erstaunter Blick, „na, dann zieh ich das Ding mal schnell aus und lass es hier am Ufer liegen, kann man ja sehr gut gebrauchen, wenn man wieder zurück muss“.

Den Stand der Sonne studieren

Noch einfacher wäre es mit einer Schwimmburka. Einzig aus diesem Grund zum Islam überzutreten könnte aber etwas überspannt wirken. Sehr wichtig ist es auch, den Stand der Sonne zu beachten – wegen der Schattenbildung. Abendlicht ist für zur Cellulite neigende Haut sehr schmeichelnd. Noch besser sieht der Body allerdings nach Sonnenuntergang aus. Für alle Beteiligten am wenigsten demütigend wäre die Wiedereinführung von rollenden Badekabinen, wie man sie von diesen Schwarz-Weiß-Fotografien aus prüder, alter Zeit kennt. Ich weiß gar nicht, warum man die Dinger überhaupt abgeschafft hat. Man zieht sich da drinnen um, irgendjemand fährt einen bis ins Wasser und dort lässt man sich dann ganz schnell hineingleiten, wie ein Karpfen, den man zurück in die Freiheit entlässt. Das Tolle an Figurproblemen ist, dass man nicht lange fackelt, auch wenn das Wasser eisig kalt ist. Rein da und untertauchen. Eigentlich müsste für so etwas ein Schwimmabzeichen verliehen werden. Das silberne Walrösschen für besonders tapferes Badeverhalten. Doch wie man auch ins Wasser kommt, es ist wichtig, auf dem Weg dorthin den Augenkontakt mit solchen Frauen zu vermeiden, die ihre gemachten Brüste in die Sonne recken. Es tut nicht gut, in dieser verletzlichen Phase ihren triumphierenden Blicken standzuhalten.

Die Cellulite der anderen

Die Frauen kann man ja auch später mit Sonnenbrille vom Strandtuch aus beobachten, sodass sie es nicht mitkriegen, dann kann man auch das beliebte Suchspiel „Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist weiß und gewellt ...“ spielen. Die Cellulite der anderen. Alle Frauen, die dünner sind als man selbst und die dann auch noch größere Brüste haben, sind selbstverständlich gemacht. Sieht man dagegen ältere Frauen ohne Cellulite, so ist das der Beweis, dass wir nur Cellulite haben, weil wir noch so jung sind. Das geht später wieder weg. Wir brauchen nur nachher zu den frittierten Chipirones einen Hauch weniger Aioli-Dip. Das klingt alles anstrengend, aber man muss es positiv sehen. Früher fand ich es oft ein wenig langweilig, den ganzen Tag nur am Strand zu liegen. Heute hat man wenigstens immer etwas zu tun.

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