Lästige Geräusche im Bett

Lästige Geräusche im Bett

Schnarchen kann er wie ein Düsenjet – doch beim Sex ist er still wie ein übellauniger Karpfen. Jungs, gebt Laut: Warum machen Männer im Bett immer die falschen Geräusche?

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Lästige Geräusche im Bett

Sven ist ein toller Mann. Er kann sich die Vornamen all meiner Freundinnen merken und sagt niemals Sachen wie „Du hast doch schon drei Paar rote Schuhe“ oder „Frauen wollen schlecht behandelt werden“. Nie unterbricht er meine ausgefeilten Vorträge über emotionale Intelligenz, die ich zu halten pflege, wenn ich stinkewütend auf ihn bin. Stattdessen lächelt er dann nachsichtig. Kurz: Instinktiv weiß der Mann, wann es besser ist, zu schweigen – besser für ihn, besser für mich und am allerbesten für die Harmonie unserer Beziehung.

Das einzige Problem: Sobald er in der Horizontalen liegt, verlässt ihn dieser Instinkt! Tatsächlich: So lange Sven aufrecht steht oder sitzt, liebe ich fast alles an ihm: seinen Blick, seine Wuschelhaare und ganz besonders seine Stimme. Sobald er aber flach liegt, möchte ich ihn oft umtauschen. Oder Schlimmeres. „Rrrccchhhh“ oder „Happüüüü,happpüüüü“: Kommen Ihnen diese Geräusche bekannt vor? Ich verwette meine knallgelben Schaumstoff-Ohrenstöpsel darauf! Bestimmt haben auch Sie schon einmal früh um vier verzweifelt zum Kissen gegriffen, getrieben vomfast unwiderstehlichen Impuls, das Monster neben Ihnen zu ersticken – und zwar ein für alle Mal. Und haben sich gefragt: Warum nur hat der liebe Gott das Schnarchen erfunden?Womit haben wir, die Frauen, das Salz und der Zucker dieser Erde, diese Strafe bloß verdient?

Er röchelt mit 70 Dezibel, und ich heirate meine Ohrstöpsel

Die Spezies der Geräuschmonster umfasst zahlreiche Unterarten. Berühmt ist etwa der Dauer-Röchler, weit verbreitet auch der Gelegenheits-Schnorchler. Besonders fies ist jedoch der Abrupt-Säger: Gerade waren Sie in den erholsamen und für die Schönheit so wichtigen Tiefschlaf gesunken, da beginnt er unvermittelt zu rasseln, lauter als eine Boeing im Landeanflug – um dann, kurz nachdem er Sie brutal erschreckt und aufgeweckt hat, wieder friedlich zu schlummern, als sei er überraschend ins Koma gefallen. Gefährtinnen solcher Freistil-Schnarcher haben meist extrem trainierte Oberarme vom Dauerwenden ihrer Partner (auf der Seite liegend schnarchen sie weniger) – und sehr oft tiefere Augenringe als Horst Tappert je hatte.

Mein Geliebter ist eine Mischform aus Abrupt- und Dauer- Nervtöter, und seit wir zusammenwohnen, habe ich eine Affäre mit Ohropax. Außerdem eine enge Freundschaft zu unserem Hausarzt. Der hat mir erklärt: Im Tiefschlaf entspannt sich die Muskulatur – leider auch die des Kiefers. Folge: Der Mund steht offen, beim Atmen vibrieren Gaumensegel, Zäpfchen, Rachenwand oder Kehlkopfdeckel. Bis zu 70 Dezibel kann das Gesäge erreichen. „Ebensogut könnte ich auf dem Mittelstreifen der Autobahn übernachten!“, rief ich entsetzt, als ich dies erfuhr. Der Hausarzt nickte mitleidig. Warum Männer häufiger und lauter schnarchen als Frauen, das konnte er mir nicht erklären. Und wie die Geräuschkulisse verlässlich abgestellt werden kann, leider auch nicht. Von „sanft in die Seite knuffen“ bis „Wäscheklammer an seine Nasenwurzel petzen“ habe ich seitdem alle möglichen Tricks ausprobiert – zwar hat sich dadurch der Sound leicht geändert, aber aufgehört hat das Getöse nicht.

Die Soundmaschine Mann

Doch damit nicht genug: Die Sound-Maschine Mann – sie gibt uns ein weiteres Rätsel auf. Es lautet: „Warum dreht ihr Jungs gerade dann den Ton ab, wenn wir euch so gerne hören würden?“ Zu Ihrer Orientierung: Noch immer befinden wir uns in der Horizontalen – nun aber vor dem Einschlafen: beim Sex. Bei Sven und mir ist es so: Egal, ob wir zärtlich miteinander schlafen oder es wild zur Sache geht – er sagt nichts. Wirklich: gar nichts! Vielleicht atmet er ein wenig stürmischer als sonst. Aber das tut er auch, wenn er einen Kasten Bier aus dem Keller hochgeschleppt hat. Selbst beim Höhepunkt presst er nur die Lippen aufeinander – etwa so, als wäre ihm der Kasten Bier gerade auf den Fuß gefallen. Mehr als ein dumpfes „Ummppff“ kommt da nicht. Ich gebe zu: Erst hat es mich irritiert, dann etwas enttäuscht und schließlich ratlos gemacht. Dann traf ich Caro und Andrea. „Mirco hält beim Sex immer die Luft an“, platzte die eine heraus. „Christian klingt ,dabei‘ wie ein Karpfen!“, rief die andere. Und angesichts dieser offenbar kollektiven männlichen Sprachlosigkeit saßen dann auch wir einen Augenblick schweigend da.

Warum machen Männer zum falschen Zeitpunkt das richtige Geräusch – oder umgekehrt? Diese Frage scheint Frauen weltweit zu bewegen, stellte ich im Internet fest. „Männer halten sich wahrscheinlich für cool, weil sie sich so gut beherrschen können“, vermutet etwa Sabine aus Frankfurt am Main imWeb-Portal www.gofeminin.de auf die Forums-Frage „Warum stöhnt mein Freund nie?“ Userin Juliane glaubt: „Das Schweigen der Männer stammt noch aus der Steinzeit. Sie müssen Nebengeräusche erfassen, gefährliche Tiere oder Angreifer hören, um uns beschützen zu können.“ Dass Männer sich „verweichlicht“ vorkämen, wenn sie sich lauthals gehen ließen, meint Kim. Und Patty schlussfolgert: „Sie müssen still sein, damit sie uns hören – wie sollen sie sonst auch herausfinden, was uns Spaß macht?“

Weibliche Erregung ohne Laut: Für die meisten Männer ist der Tonausfall beim Sex tatsächlich der ultimative Lust- Killer, haben Studien und Umfragen gezeigt. Alles deutet darauf hin, dass die Männchen unter den Jägern und Sammlern einen eindeutigen Beweis für die Begeisterung ihrer „Weibchen“ brauchen.

Stöhnen = mehr Spaß im Bett?

„Männer sind in puncto sexueller Erregbarkeit sehr viel einfacher gestrickt als Frauen“, weiß die Kölner Sexual-Therapeutin Andrea Schaal. „Er“ begreife sich beim Sex meist als der aktive Part oder gar als der „Leistungs-Erbringer“, so die Expertin. „Wer Leistung bringt, muss sich unter Kontrolle haben und kann sich nicht genüsslich hingeben oder fallen lassen. „Schade! Denn wer stöhnt, kommt besser – da sind Sexual-Experten und Tantra- Spezialisten sich einig: „Stöhnen vertieft das Lustgefühl,weil der Atem tiefer wird und sich Spannungen im Brust-Bauchraum lösen“, sagt etwa Diplom-Psychologin Martina Weiser von der renommierten Kölner Tantra- Praxis Ananda.

Huch! Wäre es vor diesem Hintergrund nicht auch für meinen geliebten Sven besser, beim Sex so richtig loszubrummen? Ich meine ja nur – schließlich geht es um seine Gesundheit. „Nicht unbedingt“, sagt Therapeutin Schaal. „Männer haben eine steilere Erregungskurve als Frauen. Das Anhalten der Luft ist für sie eine Möglichkeit, sich zu bremsen.“ Will sagen: Frauen, die stöhnen, kommen besser – Männer, die stöhnen, kommen schneller. Oft vielleicht zu schnell. „Oh!“, dachte ich da. Und habe mir diese Erkenntnis natürlich zu Herzen genommen. Und so gilt bei uns neuerdings nicht nur fürs Schnarchen, sondern auch beim Sex die Parole: „Psssst, Sven, bitte nicht so laut!“

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