
Das war doch niedlich früher, als wir kleine Mädchen waren und verschämt vor Mami standen, wenn wir etwas ausgefressen hatten: Die Füßchen nach innen gekehrt, den Blick schuldvoll gesenkt, vielleicht ein Fingerchen im Mund. Die Körpersprache der Kinder eben. Wer hätte solchen Engeln widerstehen können? Schnitt! 20, 25 Jahre später. Was ist eigentlich los? Schlimm genug, dass die Schuhe seit fast acht Jahren immer abwegiger und doppelstöckiger werden, sodass man heimlich Krücken im Schrank deponieren muss. Doch ein anderes Phänomen stöckelt gleich mit: die vorn einwärtsgekehrten Füße. Ist das Trotz, Verlegenheit, die Rückkehr zur Kindheit oder bloß Stilmittel?
Unsicher & ungelenk
Ob Sarah Jessica Parker, Heidi Klum, sämtliche Hollywood-Sternchen, praktisch alle Models und selbst ernannten Fashion-Ikonen und fragwürdigen Celebritys, aber auch „gestandene“ Frauen wie Julianne Moore und Gwyneth Paltrow stehen auf allen Events unsicher und ungelenk herum: Die Hacken nach außen, die Schuhspitzen wie ängstliche Tierbabys zusammen- gerückt, als könnten die Füße einzeln nicht für sich existieren. Dabei sind Füße generell sehr schlau, sehr belastbar – und sehr wichtig. Wir behandeln sie leider viel zu schlecht, obwohl sie uns überall hintragen. Und sie weisen eigentlich ganz automatisch die Richtung – nämlich nach vorn und nicht nach innen. Früher wurden Kinder, die schiefe Füße hatten, ausgelacht und bemitleidet und schnell zum Orthopäden geschickt, damit sie später nicht drunter leiden mussten. Heute ist es die angesagte Promi-Pose, wenn der Fotograf naht: Lächeln, Brust raus, Füße einwärts! Es gibt verschiedene Erklärungen für diesen nicht zu stoppenden Trend, der sich schon ziemlich lange hält. Keiner weiß hundertprozentig, wer diesen Nonsens angefangen hat und warum. Es gibt natürlich Posen, bei denen Füße verdreht werden müssen – aber die meinen wir nicht.
Eine kleine Kurzumfrage unter aufmerksamen und smarten Freundinnen ergab folgende Vermutungen
1. Es ist fotogen und macht wahrscheinlich die Beine schlanker...
2. Durch die doppelstöckigen Marterinstrumente ist der ganze Körper so aus der Balance geraten, dass die Fußstellung einfach zum Abstützen notwendig ist, weil man sonst umkippen würde...
3. Die Frauen haben einfach kaputte Füße und können nicht anders stehen...
4. Männer finden das niedlich...
5. Frauen spielen gerne doofe kleine Mädchen – besonders weil sie keine sind ...
Alle Befragten fanden übrigens diesen infantilen Fuß-Look unglaublich blöde aussehend. Aber fragen wir doch Fachleute. Die Harvard Medical School machte mehrere Studien über unsere Körpersprache und kam zu einem überraschenden Resultat: Sie verrät und vermittelt mehr Gefühle als der Gesichtsausdruck. Was bedeutet dann bitte die Klein-Mädchen-Pose? Das wurde speziell nicht behandelt, aber sie vermittelt hauptsächlich Unbedarftheit und ein kleines bisschen Angst. Männer kennen so was natürlich nicht. Sie stehen locker und breitbeinig da, die Welt gehört ihnen. Frauen hingegen kreuzen ja auch beim Stehen und Sitzen eng die Beine, um nicht zu viel Platz wegzunehmen. Körperhaltung hat etwas mit Selbstbewusstsein zu tun. Energische, selbstbewusste Frauen, die es lieben, ihre eigenen Wege auf ihre Art zu gehen, würden niemals wie ein Kind herumstehen oder zögernd gehen. Andere amerikanische Studien haben herausgefunden, dass Frauen ihre Power und ihre Talente herunterspielen – es angeblich sogar müssen, um nicht Männer zu verschrecken – privat wie auch beruflich. So sprechen Frauen gern im Berufsleben mit einer sanften Piepsstimme, die eine gewisse Hilflosigkeit vortäuschen soll. Da passt natürlich auch der Rückschritt ins Kleinkindalter. Denn was ja die nach innen gekehrten Füße auch signalisieren, ist: Keine Bange, ich bin ein klein wenig gehbehindert,
kann dir als Freundin also weder wegrennen noch als Kollegin schneller als du sein! DAS ist Body-Language! Wie hat es bloß dazu kommen können?
Trends bei Körperhaltung
Auch die Körperhaltung unterliegt Trends. Man muss dazu sagen, dass früher nur sehr junge Mädchen und Models in dieser albernen Fußstellung fotografiert wurden. In den 60ern wurde androgyn und schmal plötzlich Kult. Es gibt ein berühmtes Foto von Twiggy (1966), die ja das Kindliche salonfähig machte, da sieht sie aus wie eine Schülerin mit weißen Strümpfen – und ja, die Füße sind total nach innen gekehrt. Es fehlen eigentlich nur noch der Lolli und Schulranzen. Seit Twiggy gibt es natürlich immer neue Auflagen der „V“-Füße. Sarah Jessica Parker, eine unheilbare „Schrägfüßlerin“, deren High-Heels-Besessenheit der Fokus der Serie „Sex and the City“ war, könnte es neu erfunden oder zumindest wieder populär gemacht haben. Und nun haben wir den Fußsalat...
Tatsächlich ist Haltung alles, besonders die innere. Also, Füße auseinander, Ladys! Selbstbewusst auftreten. Wortwörtlich. Mit den Schuhspitzen nach vorn – in die Zukunft. Denn es kommt nicht nur darauf an, wie man steht, sondern, wo. Hat irgendjemand Angela Merkel oder Hillary Clinton so albern rumstehen sehen? Na bitte.