Insidertipps für Prag

Insidertipps für Prag

Insidertipps statt Touristenfallen: Die Goldene Stadt an der Moldau gehört zu den fünf bestbesuchten Städten Europas. Wie man Reisebus-Gruppen umgeht und die schönsten Plätze der Stadt entdeckt, erfahrt ihr hier!

Karlsbrücke in Prag © iStockphoto
Karlsbrücke in Prag

Dieses Bauwerk ist ungefähr so berühmt wie die Biene Maja: Ich stehe auf der Karlsbrücke, dem Wahrzeichen der Stadt. Es ist mein erster Besuch in Prag, und natürlich wollte ich diese Sehenswürdigkeit gleich zu Anfang besuchen. Das kleine Problem dabei: Die Karlsbrücke ist nicht nur so bekannt, sondern auch so beliebt wie Maja – und deswegen wuselt es hier wie in einem Bienenstock. Um mich herum spazieren unglaublich viele Menschen, die von der Stadt offenbar genauso begeistert sind wie ich. Sie bleiben abrupt stehen, fotografieren entweder sich selbst oder das Panorama. Eine Sache allerdings unterscheidet mich von den Touristen: Ich bin in den nächsten drei Tagen mit zwei echten Pragerinnen verabredet, die mir ihre Lieblingsplätze zeigen wollen – abseits der Massen. Ich bin gespannt.

Als Erstes treffe ich Anna Safkova, eine 26-jährige Mode-Designerin und Innenausstatterin. Sie schleppt mich ins „Café-Café“, das in einer erstaunlich ruhigen Seitenstraße zwischen Wenzelsplatz und Altstädter Ring liegt, zwei der Reiseführer-„Must-Sees“. So habe ich mir Prag bislang vorgestellt: Die Häuser sind stuckverziert, meine Absätze klappern über das Kopfsteinpflaster, nostalgische Straßenlaternen säumen die Gassen. Während ich mich über den hausgemachten Kuchen hermache, erzählt mir Anna etwas über ihre Stadt. „Natürlich ist Prag für seine historische Altstadt berühmt. Aber wir haben hier auch viel moderne Architektur.“ Das wusste ich tatsächlich nicht.

Gegenüber vom „Café-Café“ liegt das „Czech Centre Prague“, eine Galerie, in der gerade großformatige Fotografien moderner Architektur gezeigt werden. Anna nimmt mich mit in die Ausstellung und zeigt auf ein Foto: „Schau mal, das ist das „Tanzende Haus".“ Die Glas-Fassade des 1996 gebauten Bürogebäudes erinnert an eine Tänzerin in einem Faltenkleid, und Anna verrät: „Manchmal nennen wir es auch ,Ginger und Fred‘.“ Das Gebäude soll den Umbruch in der früher kommunistisch organisierten tschechischen Gesellschaft symbolisieren. „Prag ist einfach eine Stadt der Veränderung“, sagt Anna. Und das sieht ziemlich gut aus, wie ich finde. Unser nächstes Ziel ist das Museum Kampa, einer von Annas Lieblings- Orten. Kampa heißt auch die Halbinsel, auf der das Gebäude steht. Die historische Mühle mit dem Anbau aus Glas und Stahl beherbergt bedeutende Sammlungen osteuropäischer Kunst.

Nach so viel Futter für die Augen knurrt jetzt mein Magen. Wir entscheiden uns für das ans Kampa angegliederte Restaurant „Sovovy Mlyny“. Ich gucke über den Fluss – von hier aus erinnert die Karlsbrücke plötzlich an eine Ameisenstraße. Vielleicht musste ich auch deswegen an Biene Maja denken.

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Shoppen auf tschechisch

Am nächsten Tag möchte ich shoppen gehen, aber auf tschechisch. Das ist schwieriger als erwartet, wie ich merke. Überall sehe ich bloß die gängigen internationalen Ketten, und am hochherrschaftlichen Parizska Boulevard residieren Dior, Louis Vuitton und Co. Anna klärt mich auf: „Die kleinen Läden der einheimischen Designer liegen verstreut in den Altstadtgassen.“ Auf dem Weg durch die Straßen erzählt sie, warum es die Designer hier nicht leicht haben. „Die ältere Generation, die vom Kommunismus geprägt ist, interessiert sich nicht für originelle Mode. Und die Jüngeren wollen meistens das haben, was internationale Hochglanz-Magazine zeigen.“ Na ja, denke ich leise in mich hinein, geht mir eigentlich nicht anders. Aber ich stelle kurz darauf fest, dass mir die Mode in den Boutiquen gut gefällt: Erst liebäugele ich mit der puristisch-eleganten Mode bei „DNB“, danach lasse ich bei „Leeda“ schrill geschnittene Outfits in knalligen Farben durch meine Hand gleiten. Noch Schrägeres entdecke ich dann im „Qubus Design Studio“: Tschechen stehen offenbar auf verfremdete Alltagsgegenstände. Besonders cool finde ich eine Gummistiefel-Vase aus feinstem Porzellan und eine Fake-Kuckucksuhr, auf der Digitalziffern leuchten.

Altstadt in Prag © iStockphoto
Altstadt in Prag

Der Laden, der wirklich brummt, heißt „Manufaktura“. Hier werden traditionelle Handwerks-Produkte verkauft. Doch an Marionetten und Tischdecken stürme ich vorbei, weil ich einen kleinen Maulwurf entdeckt habe. Die Zeichentrickfigur kenne ich aus meiner Kindheit! Der Maulwurf wurde in den 50er Jahren vom Prager Zeichner Zdenek Miler erdacht, erfahre ich. Bevor ich komplett in einen Nostalgierausch verfalle und die Titelmelodie des tschechischen Märchenfilms „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ singe, kaufe ich ein Shampoo auf Basis des viel gepriesenen tschechischen Biers.

Anna wird von Katerina abgelöst, meiner zweiten Stadtführerin. Die 27-Jährige studiert Kunst und arbeitet schon erfolgreich als Kinderbuch-Illustratorin. „Prag ist meine absolute Lieblingsstadt“, sagt sie. „Das liegt aber nicht daran, dass ich in Ostrava studiere. Na ja, vielleicht ein bisschen.“ Ostrava liegt im Nordosten Tschechiens, erklärt sie mir. „Es ist schön da, aber eben keine Hauptstadt.“ Über die Narodnistraße schlendern wir hinunter zum Fluss, vorbei am Nationaltheater mit dem goldenen Dach und dem modernen gläsernen Anbau. Dann auf die Legii-Brücke, über die im Minutentakt altmodische rotweiße Trams rattern. „Ich zeige dir jetzt meinen absoluten Lieblingsort, einen Strand“, kündigt Katerina an. Ein Strand in Prag? In der Mitte der Brücke führt eine Treppe auf die Strelecky-Insel hinunter. An der Spitze der Insel liegt dann tatsächlich ein breiter Sandstreifen. Katerina liebt ihn wegen des schönen Blicks, der mal wieder auf die berühmte Karlsbrücke fällt – und auf die über allem thronende Prager Burg. „Bei schönem Wetter komme ich ganz früh hierher, um die Insel für mich allein zu haben“, erzählt Katerina. Nicht übel, denke ich. Eine private Insel mitten in einer Metropole.

Prag bei Nacht

„Jetzt zeige ich dir noch etwas ganz Besonderes“, sagt Katerina zu mir. Am gegenüberliegenden Ufer erhebt sich der Petrin-Hügel. Auf seinem Gipfel steht seit 1891 eine Miniatur des Eiffelturms. Die meisten Touristen fahren mit der Zahnradbahn nach oben, wir aber gehen zu Fuß und kommenam Denkmal des romantischen Poeten Karel Hynek Mácha vorbei. „Bring das nächste Mal deinen Freund mit hierher. Dann küsst ihr euch vor dem Denkmal, das bringt Glück“, erzählt Katerina. Sie selbst habe es schon ausprobiert. Ob sie erfolgreich war, frage ich. Als Antwort bekomme ich nur ein Lächeln.

Ab jetzt wird es richtig trubelig. Aber mit voller Absicht. Katerina und ich wollen ausgehen, und zwar richtig. Für den Abend verabreden wir uns am Vaclavske-Denkmal auf dem Wenzelsplatz, dem wichtigsten Treffpunkt der Stadt. Während des so genannten Prager Frühlings 1968 stellten sich hier mutige Studenten unbewaffnet den Panzern der Warschauer-Pakt-Staaten entgegen. Blutige Auseinandersetzungen folgten, und erst 21 Jahre später fiel der Eiserne Vorhang. Heute, wieder zwanzig Jahre später, erinnert nichts mehr an dieses düstere Kapitel. Inmitten gut gelaunter Grüppchen schlendern wir zum größten Club des Landes, dem „Karlovy Lazne“ direkt an der Karlsbrücke.

In ihren Party-Outfits kann ich Einheimische und Touristen nicht mehr voneinander unterscheiden. Und so tanze ich inmitten einer fröhlichen Meute. Erst am Morgen falle ich ins Bett. Während mein Kopf in das Kissen sinkt, fällt mir endlich ein, wie ich auf Biene Maja kam. Natürlich wegen Karel Gott, der goldenen Stimme aus Prag, der den Titelsong zur Serie sang! Und mit der Liedzeile „In einem unbekannten Land…“ schlafe ich ein. Schönes altes neues Prag.

Insidertipps für Prag

Shoppen:

Anna Safková: Die junge Mode-Designerin passt ihre Modelle maßgenau der Kundin an. Ihre Präsentation seht ihr auf http://tinyurl.com/safkova.

DNB: Elegante Mode in klaren Farben. Naprstkova 4.

Leeda: Boutique der Designerinnen Lucie Trnková und Lucie Kutálková. Die Kollektionen sind poppig und mutig. Bartolomejská 1, www.leeda.cz.

Qubus Design Studio: Die modernsten und aufregendsten Designer Tschechiens. www.qubus.cz

Manufaktura: Tschechische Produkte – von Kosmetik bis zu Spielzeug. Neun Filialen in Prag, u.a. Karlova 26, Zelezna 3a.

Übernachten:

Radisson SAS Alcron Hotel 2008 umfassend renoviert, erstrahlt das 1932 eröffnete 5-Sterne- Hotel von der Lobby bis zu den einzelnen Zimmern im glamourösen Art-Déco-Stil. Das Hotel liegt in einer Seitenstraße des zentralen Wenzelsplatz. Unser Tipp: das fantastische Frühstücksbüfett. Das Alcron-Restaurant wird sogar vom Michelin empfohlen. Ab 189 Euro/Nacht. Stepanska 40.

Essen & Ausgehen:

Café-Café: Gemütlich-elegant, draußen sitzt man zwischen stuckverzierten Fassaden, hausgemachte Kuchen. Rytirská 10. https://www.facebook.com/cafecafeprague/

Kaaba Café: Das im Stil der 50er eingerichtete Café ist ein Gesamtkunstwerk. Mánesova 20. www.kaaba.cz

Café Louvre: Hier trank Kafka einst Kaffee. Schön nostalgisch. Národní 22. www.cafelouvre.cz

Cloud 9: Rundum verglaste Skybar des Hilton Hotels. Erstklassige Cocktails schlürfen im knall-lila Riesensessel mit Panoramablick. Pobrezni 1. www.cloud9.cz

Restaurant Hergetova Cihelna: Sehr gute Küche, große Terrasse mit Blick auf die Karlsbrücke. Hier aßen schon Daniel Craig und Matt Damon. Cihelná 2b. www.kampagroup.com

Karlovy Lazne: 4 Floors mit unterschiedlicher Musik, ganz unten tanzt man in einem römischen Bad. www.karlovylazne.cz

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