
Was für ein schöner Abend! Leckeres Essen, guter Wein und diese ausufernden Gespräche zwischen Lachen und Ernst, die man nur mit guten Freundinnen haben kann. Doch dann kommt die Rechnung. Was der Kellner so routiniert auf das weiße Tischtuch gleiten lässt, kann darüber entscheiden, ob der Abend so gut bleibt oder in einem Desaster endet. "Ich mach das schon!", ruft die eine und wedelt auch schon mit ihrer Kreditkarte in der Hand. "Ach Quatsch, einfach durch drei!", wirft die andere ein. "Aber ich hatte doch nur die Nudeln", meldet sich leicht zickig die Dritte zu Wort.

Eigentlich ist es egal, ob es sich um die Restaurantrechnung handelt, den Anteil bei gemeinsamen Geburtstagsgeschenken oder eine ausgelegte Taxirechnung – Geld spielt in Freundschaften immer eine Rolle, auch wenn wir uns das nicht gern eingestehen. Immerhin: Während der Ausbildung oder des Studiums herrschte noch so etwas wie Finanzgleichheit. Da war es meist klar, dass man das Bier lieber an der Tankstelle neben dem Club trinkt, anstatt drinnen das Doppelte dafür zu bezahlen. Spätestens mit dem ersten Job kommen die sozialen Unterschiede ans Tageslicht. Während die eine immer noch knapp über der Harz-IV-Grenze rumkrebst und jeden Cent zweimal umdreht, zieht die andere gerade in ihre neue exklusive Penthousewohnung ein. Klar, dass sie jetzt nicht mehr so richtig Lust hat, sich ständig beim Italiener um die Ecke zu treffen. Schließlich muss man sich doch auch ab und zu was gönnen! Aber was, wenn sich nur eine Freundin das Nobelrestaurant leisten kann? Soll sie dann auch die Rechnung bezahlen?

Soll man Freunde mit weniger Geld einladen?
Für die meisten Frauen kommt das nicht infrage. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa exklusiv für PETRA erklärten sich nur 15 Prozent der Befragten bereit, eine Freundin ohne Geld öfter zum Essen einzuladen. Aber woran liegt das? Sind wir etwa ein Volk von Geizhälsen? "Nein, sind wir nicht", lautet die klare Antwort der Psychologin Simone Marwede. "Die Zahl lässt sich vielmehr als ein Versuch interpretieren, die Freundschaft im Gleichgewicht zu halten." Es kann nämlich auf Dauer ganz schön herablassend und gönnerhaft wirken, wenn man meint, die Freundin mit dem geringeren Kontostand ständig einladen zu müssen. Außerdem möchte die sich auch ungern als Schnorrerin fühlen. "Besser ist es, kurz über die finanzielle Situation von beiden zu sprechen, um so einen gemeinsamen Nenner zu finden", so die Psychologin. Schließlich schmeckt eine Pizza Margherita zwischendurch genau so gut wie das Rinderfilet aus dem Szenelokal.

Unsere Einstellung zum Geld ist anerzogen
Allerdings muss die Art, wie wir mit unserem Geld umgehen, nicht immer direkt mit unserem Kontostand zusammenhängen. "Unsere Einstellung zum Thema Geld lässt sich zum größten Teil auf unsere Erziehung zurückführen", sagt die US-Soziologin Jan Yager. Da gibt es zum Beispiel die Großzügigen, die ihr Geld einfach gern für schöne Dinge im Leben ausgeben. Ob für sich oder für andere, ist dabei genauso nebensächlich wie der Kontostand. Die Sparsamen hingegen wägen jede Investition sorgfältig ab. Zwischen beiden stehen die Nachlässigen, die nicht jedem Cent hinterherrennen und gern mal das Konto überziehen in der festen Überzeugung, dass sich alles sowieso irgendwann ausgleichen wird. "Man muss einfach akzeptieren, dass jeder anders damit umgeht", so die Freundschaftsexpertin.

Das ist natürlich richtig, aber wenn wir ehrlich sind, wird es sich nicht vermeiden lassen, dass wir irgendwann mal genervt mit den Augen rollen, wenn die Freundin mal wieder mit dem ewig gleichen Billo-Prosecco im Handgepäck zur Party auftaucht, obwohl sie selbst lieber Cremant trinkt. Da hilft es dann wohl nur, einmal ganz tief durchzuatmen und uns klarzumachen, dass die Freundin uns ja nicht absichtlich in den Wahnsinn treiben will. Sie hat sich die Verhaltensweise einfach über Jahre angeeignet, wahrscheinlich sogar von ihren Eltern abgeguckt. Statt eine finstere Miene aufzusetzen, lassen wir doch lieber die Korken knallen oder drehen den Schraubverschluss auf und stoßen auf einen schönen Abend mit netten Menschen an. Davon gibt es eh zu wenig.

Etwas komplizierter wird es, wenn es darum geht, größere Summen Geld zu verleihen. Laut Forsa-Umfrage wären nur 14 Prozent der befragten Frauen bereit, einer Freundin mit einer Finanzspritze aus der Patsche zu helfen. Zu groß ist die Sorge, das Geld nie wiederzusehen und damit vielleicht auch irgendwann die beste Freundin. Mit einer Rückzahlgarantie im Gepäck würden sich allerdings über die Hälfte aller befragten Frauen zu einem Freundschaftskredit bereit erklären. Auch die Münchner Finanzexpertin Vera Wenisch rät bei Darlehen unter Freunden immer zu einem Vertrag: "Gerade wenn es sich für einen selbst um eine größere Summe handelt, sollte man sich vertraglich absichern." Eine Gefahr für die Freundschaft sieht sie darin nicht. "Eher das Gegenteil ist der Fall: Ein Freund, der die ehrliche Absicht hat, mir mein Geld wieder zurückzuzahlen, wird über eine konkrete schriftliche Regelung genauso froh sein wie ich selbst."

Geld verleihen - aber richtig
Für alle, die zusätzlich auf Nummer sicher gehen wollen, hält die Finanzexpertin noch eine Faustformel parat: "Verleihen Sie immer nur so viel, wie Sie auch verschenken würden." Da macht es dann auch nichts, wenn die Rückzahlung etwas auf sich warten lässt. Der sicherste Weg ist und bleibt am Ende aber ein Bankkredit. "Da muss man zwar Zinsen zahlen, aber dafür bleibt die Freundschaft unbehelligt." Wer jetzt immer noch nicht weiß, wie er am besten die Restaurantrechnung begleichen soll, dem sei eine Studie der University of British Columbia ans Herz gelegt. Dort fanden Forscher nämlich heraus, dass es glücklicher macht, sein Geld zu teilen, als es für sich zu behalten. Und Glück ist doch wohl mehr wert als ein paar Euro mehr oder weniger auf dem Konto, oder?