
Klar, Frauen gucken auch gern mal einen Pornofilm – allerdings wird es ihnen nicht leicht gemacht.
Bevor sie auch nur im Ansatz eine Erregung verspüren, müssen sie Lachflashs bekämpfen. Das verstaubte Eiche-Rustikal-Schlafzimmer, die nicht vorhandenen Handlung oder das crazy Nageldesign der Hauptdarstellerin? Brüller. Manchmal reicht schon ein Filmtitel wie „Pulp Fickschön“ oder „In Diana Jones“, und wir liegen am Boden – aber sicher nicht, weil wir Sex wollen. Im schlimmsten Fall bekommen wir Mitleid mit der Protagonistin („Oh nein, hat sie Schmerzen?“). Eins ist klar: Mainstream-Porno ist eine Männerwelt.
Umso schöner, dass es immer mehr Frauen gibt, die die Sache mit der weiblichen Lust inzwischen selbst in die Hand nehmen. Sie drehen anspruchsvolle Filme oder nutzen verstärkt Online-Kanäle wie Tumblr-Blogs und interaktive Communitys, um erotische Inhalte für andere Frauen zu publizieren. Und damit liegen sie voll im Trend, denn Erwachsenenunterhaltung hat sich schon längst ins Internet verlagert. Dabei ist aber nur jeder dritte Besucher einer Erotik-Webseite weiblich. Verständlich – die meisten Portale sind ja bereits mit Werbebannern zugepflastert, auf denen „geile Hausfrauen bei dir in der Nähe es dir richtig besorgen“ wollen. Danke, aber nein danke.
Doch wie funktioniert Erregung bei Frauen und was wollen wir wirklich sehen? Das fragten wir die Pornofilmerin Erika Lust, die Bloggerin Elle Chase und die Pornoheft- Herausgeberin Elke Kuhlen. Drei ganz unterschiedliche Frauen, die aber eine Mission haben: Sie möchten, dass wir alle viel gelassener und selbstbewusster mit unserer Sexualität umgehen. Und Lachen? Ist auch erlaubt. Aber nicht mehr über dumme Dialoge.


Das war auf jeden Fall ein Grund, es gibt viel zu viele schlechte Filme. Der Pizza-Lieferant klingelt an der Tür und ruck, zuck geht’s zur Sache? Lächerlich! Oder diese dämlichen Szenen, in denen sich Frauen bei Männern mit Blowjobs „bedanken“, weil sie den Pool sauber gemacht oder den kaputten Rasenmäher repariert haben. Mit meinem ersten Film „The Good Girl“ wollte ich einen Gegenentwurf zum Mainstream-Porno anbieten. Also habe ich die Pizza-Lieferanten-Geschichte einmal anders erzählt – innerhalb kurzer Zeit wurde der Film über zwei Millionen Mal heruntergeladen. Da wusste ich: Es gibt einen Markt für alternative Erwachsenenfilme.
Was genau braucht ein guter Porno, damit er Frauen anmacht?
Mehr Cunnilingus, mehr Intimität, mehr Körper, die ineinander verschlungen sind, mehr Küsse. Und vor allem: mehr Liebe. Der Porno der letzten Jahre hat die Liebe vom Sex getrennt. Stattdessen gab es jede Menge fragwürdige Turnübungen und gynäkologische Zooms zu sehen. Dabei ist es doch so einfach: Frauen – und auch Männer – macht es an, wenn die Stimmung sich echt aufheizt. Wenn sie auf dem Bildschirm Leute beobachten, die wirklich erregt sind. Oder die vielleicht auch mal lachen, wenn sie Sex haben.
Sind jüngere Frauen offener gegenüber Pornos? Sie sind ja als erste Generation mit Sexfilmchen im Netz groß geworden ...
Das Angebot im Internet ist riesig, aber führt leider dazu, dass viele denken, die einzige Daseinsberechtigung der Frau ist, einem Mann Befriedigung zu verschaffen. Offenheit hat nichts mit dem Alter zu tun. Es bedeutet, dass du neugierig bleibst und Lust hast, neue Dinge zu entdecken. Oder anders gesagt: Sex kann so viel mehr Spaß machen, als es uns der durchschnittliche Internet-Porno weismachen möchte.
Für Ihr neuestes Projekt „X-Confessions“ schreiben Frauen Ihnen Ihre geheimen Fantasien, und Sie wandeln die besten Geschichten in Kurzfilme um ...
Wir erhalten jeden Monat einen Haufen erotischer Fantasien und sind verblüfft, wie unglaublich vielfältig die menschliche Sexualität sein kann. Gerade haben wir eine Idee an der Costa Brava verfilmt, der Strand und das Licht waren unglaublich. Ich freue mich über Feedback von Leuten, die mir sagen, dass sich ihr Sexleben dank meiner Filme geändert hat. Genau aus diesem Grund bin ich in dieses Geschäft eingestiegen. Um eine neue, positive Sexwelle durch die Betten schwappen zu lassen. xconfessions.com


Ich freue mich über jede Frau, die mit unserem Heft ins Bett geht und sich selbst befriedigt. Aber ich glaube nicht, dass das funktioniert. Es geht eher darum, einfach mal ganz normale Typen nackt zu sehen. Unsere Zielgruppe sind Frauen zwischen 20 und Ende 30, die neugierig sind, wie andere Männer gebaut sind. Die meisten von uns haben ja nicht wahnsinnig viele Männer nackt gesehen. Statt erotischer Literatur haben wir auch eher gut recherchierter Artikel über Sexualität im Heft.
Schauen Sie selber Pornos oder lesen erotische Bücher?
Privat schaue ich hin und wieder auch mal einen Porno mit meinem Mann, aber nicht regelmäßig. Auch wenn wir unser Heft als „Pornoheft“ bezeichnen, stimmt das nicht ganz: Für mich hat Porno etwas mit Interaktion zu tun und die zeigen wir nicht. Aber laut Gesetz ist das „Jungsheft“ Pornografie, weil wir Erektionen zeigen.
Das „Jungsheft“ wird unter anderem in Museumsshops verkauft. Mit Schmuddelecke hat das ja nicht mehr so viel zu tun ...
Ich finde es gut, dass Frauen viel offener gegenüber Pornografie in allen Varianten werden und sagen: „Porno ist mein Ding. Ich lebe eine offene Sexualität, sage, was mir gefällt und schaue mir dementsprechend Magazine oder Filme an.“
Wird sich die Erotik-Branche verändern?
Die weibliche Sexualität funktioniert sehr diffizil, deswegen sind wir schnell abgeschreckt von Pornografie. Aber die Branche für Frauen wächst, das wird durch Phänomene wie „Fifty Shades of Grey“ deutlich. Der Anfang ist gemacht.
Wo finden Sie eigentlich die Männer, die sich für Ihr Heft ausziehen?
Früher haben wir unsere Freunde gefragt. Nach zehn Jahren Heftgeschichte sind die aber abgegrast. Jetzt läuft es über ein paar Ecken. Wir bekommen aber auch E-Mails mit Anfragen von interessierten Jungs.

Der findet das unterstützenswert und hilft auch immer brav mit.
Wie denn?
Er springt ein, wenn wir dringend ein Foto von einem Penis brauchen. Aber für mich wäre es auch okay, wenn mein Mann komplett zu sehen wäre. Nur dann wäre ja der große Joker verspielt (lacht). jungsheft.de
Warum ist Ihr Tumblr-Blog so beliebt?

Weil ich Sex auf eine authentische Art zeige. Die Grenzen werden verwischt, es ist egal, wer da zu sehen ist, Hauptsache, der Funke springt über. Ich muss kein schwuler Mann sein, um von einem Film angemacht zu werden, in dem sich zwei Männer auf eine erotische Weise lieben. In unserer schnelllebigen Welt, in der wir immer auf alle Inhalte Zugriff haben, bleiben die Menschen hängen, wenn sie echte Intimität und Verlangen sehen.
Wird die Recherche nicht manchmal öde?
Nein, niemals.
Männer haben das Internet ja schon länger als Porno-Paradies entdeckt, ziehen jetzt die Frauen nach?
Ohne Tumblr und andere Social-Media-Plattformen hätte ich mich niemals sicher gefühlt, herauszufinden, worauf ich stehe. Die typische Videoklitsche um die Ecke lädt Frauen ja nicht gerade ein, sich dort lange aufzuhalten. Die Mädels von heute verbringen ihre Zeit auf Facebook und ähnlichen Seiten. Das trägt zum Erfolg meines Blogs bei. Jedes Mal, wenn ich einen Beitrag poste, wird der sofort weiterverlinkt. Und die Zahl meiner Follower wächst rasant.
Können eigentlich nur Frauen guten Porno für Frauen machen?
Nein, da gibt es den amerikanischen Pornodarsteller und Produzenten James Deen. Den finden viele Frauen erregend – weil sie erkennen, dass er wirklich mit Spaß bei der Sache ist. ladycheeky.com