
Mit der Liebe ist es bisweilen wie mit der Mode: als Key-Piece gestartet, im Container geendet. Weil etwas Strahlendes, Auffälliges, das uns wie auf den Leib geschneidert war, im Lauf der Jahre schäbig geworden ist. Oder nicht mehr richtig zu uns passt. Vor allem Paare, die zwischen einem und fünf Jahren zusammen sind, treten ihre Zweisamkeit in die Tonne: Dann, so schreibt der Wissenschaftsjournalist Werner Bartens in seinem aktuellen Buch („Was Paare zusammenhält“, Knaur, 12,99 Euro), ist die Erinnerung an das Feuer des Anfangs noch lebendig, die tiefe Verbundenheit einer Langzeitliebe noch fern. Verständlich. Aber ist das eigentlich zeitgemäß, im Zeitalter von Nachhaltigkeit und Öko-Bewusstsein? Wenn in den Szene-Boutiquen von Köln-Ehrenfeld und Hamburg-Ottensen Outdoor-Jacken aus alten Bundeswehrdecken hängen und coole Clutches aus Omas Geschirrhandtüchern liegen – sollten wir dann nicht auch einen neuen, liebevolleren Blick auf die Liebe werfen? Unseren Zweier-Dress aufrüschen, statt ihn aufzutrennen? Hier kommen ein paar Ideen fürs Liebes-Upcycling…

1 S C H R IT T: AUSMISTEN
Anfangs erinnern Beziehungen an einen reißenden Wildbach, später nehmen sie ihren begradigten, oft leicht behäbigen Lauf. Zeichnen Sie doch mal auf – allein oder mit dem Partner –, welchen Weg Ihre Liebe bisher genommen hat, von der Quelle angefangen. Gab es Stromschnellen, Abschnitte in besonders idyllischer Landschaft, wo drohte das Zweier-Schiffchen zu kentern? Was hat die schönsten Strecken ausgezeichnet, was lässt sich mitnehmen in die Gegenwart? Brauchen Sie mehr – oder weniger? Der Hamburger Paartherapeut Christian Hemschemeier erzählt: „Paare kommen meist zu mir, weil sie entweder permanent zu hochtourig fahren oder zu niedrigtourig. Sprich, den einen fehlt eine Prise Leidenschaft, sie sind förmlich gelähmt vor Einigkeit in allen Fragen. Den anderen fehlt genau anders herum die Stabilität, die freundschaftliche Basis.“ Kommt Ihnen bekannt vor? Sorgen Sie für Ausgleich. Für allzu vorsichtige Paare gilt: Werfen Sie das Harmonie-Gebot über Bord und wagen Sie mehr eigene Standpunkte. Egal, ob’s um Urlaubsplanung geht oder die allzu zahme Choreografie im Bett, nach dem Motto „Ich tu nur das, von dem ich glaube, das du es auch mit mir tun würdest“. Nur so können Sie neue Seiten aneinander entdecken. Die Drama Queens (und Kings) sollten sich dafür mehr nach Gemeinsamkeiten umsehen – egal, ob es eine Vorliebe für Thaiküche ist oder eine gemeinsame Online-Petition gegen Genmais. Manchmal hilft auch Abstand. Nein, es geht nicht ums Schlussmachen auf Probe. Sondern um die Bereiche, in denen jeder für sich seine Akkus aufladen kann, für sich selbst und für die Beziehung. Das kann ein Hobby sein, ein Thema, das nur ihn oder nur sie fasziniert, die alte Clique von Freundinnen oder Sport-Kumpels. Auch die Erotik wacht oft wieder richtig auf, wenn eine kleine Sollbruchstelle für die Sehnsucht eingebaut ist. Berufliche Trips eignen sich dafür ganz hervorragend: Dirty Talk am Hotelzimmertelefon, oder sogar Cam-Sex mit dem iPad schürt die Vorfreude aufs heimische Schlafzimmer. Und: Manchmal muss man sich nicht nur voneinander, sondern auch von schal gewordenen, gemeinsamen Träumen trennen. Auswandern, ein Haus an der Ostsee renovieren – nicht jede Idee hält der Wirklichkeit stand. Ob Sie symbolisch einen Zettel mit unerfüllbaren Wünschen verbrennen oder mit nackten Füßen einen Schlussstrich in den Sand ziehen – Hauptsache, Sie schaffen Raum für neue Pläne.

2 S C H R IT T: AUFARBEITEN
Jeder kennt diese Paare, die miteinander in die Jahre kommen und immer noch Glück ausstrahlen. Vielleicht die eigenen Eltern, vielleicht die netten Nachbarn. Fragen Sie doch mal nach: Welche Rituale haben sie für Begrüßung und Abschied, für Streit und Versöhnung? Psychologen der Stony Brook University fanden in einer Studie mit Langzeitpaaren heraus, dass es einen Unterschied gibt zwischen der leidenschaftlichen Liebe der Anfangszeit und der Liebe, die viele Jahre überdauert. „Die romantische Liebe hat die gleiche Intensität, das Engagement und das Gefühl, sexuell zusammenzupassen, aber ohne den obsessiven Anteil“, erklärt Studienleiterin Bianca Acevedo. Sprich: ohne heimliches Cyber-Stalking und stundenlanges Warten vor dem Telefon. Klingt toll. Und wie erreicht man das? Durch Wertschätzung, echtes Interesse –und ein paar gut gehütete Illusionen. Denn die helfen. Doch, doch: Ihr Liebster ist der sexiest Man alive, mit dem Hirn von Bill Gates und dem Herzen von Nelson Mandela. Glauben Sie das ruhig auch nach fünf bis zehn Jahren. Die Psychologin und Buchautorin Ursula Nuber („Was Paare wissen müssen“, als E-Book für 8,45 Euro, Taschenbuch 8,95 Euro) hat eine Liste mit Eigenschaften aufgestellt, die Partnerschaften stabil machen. Darunter: Starke Paare können gut mit Stress umgehen und betrachten ihn als gemeinsame Herausforderung; starke Paare haben einen sicheren Rahmen, also gemeinsame Werte und ein festes Netz von sozialen Kontakten; starke Paare übernehmen voreinander Verantwortung für ihr Verhalten, egal, ob es um Fremdflirten geht oder Unaufmerksamkeit. Dazu wissen starke Paare , dass jeder von beiden anders umgeht mit Herausforderungen, Unglücksfällen, aber auch mit Freude. Klingt gar nicht so unerreichbar? Na eben. Und: Üben Sie den liebevollen Blick! Ihre Beziehung ist noch immer nicht perfekt? So wie 99 Prozent aller anderen auch. Dafür bekommt sie mit den Jahren einen ganz eigenen Glanz. Patina, wie eine schöne, alte Lederjacke. Sie haben es weit gebracht. Darauf können Sie stolz sein.
3 S C H R I T T : AUSFÜHREN
Es gibt Paare, die erst nach einer handfesten Krise wissen, was sie aneinander haben. Und dann heiraten. Oder eine Wohnung kaufen. Oder ein Kind zeugen. Wie auch immer Ihr nächster Schritt aussieht – feiern Sie Ihre alte, neue Liebe. Und tragen Sie sie mit Stolz. Von wegen It-Piece von gestern, was Sie da haben, ist ein Vintage- Teil. Übrigens: Dass Hollywoods A-Schauspielerinnen bei der Oscar-Verleihung auch am liebsten Jahrzehnte alte Designer-Roben tragen – das wussten Sie schon, oder?