
Komm schon, mir kannst du doch alles sagen.“ Sie lag rücklings in seinem Schoß und strich mit dem Zeigefinger über die Härchen auf seiner Wade. Er musste lachen: „Und hinterher machst du mir dann Vorwürfe?“ Sie bohrte weiter. „Ach was, jetzt sag schon, hattest du oder nicht?“ Es dauerte keine 30 Sekunden, und sie saß kerzengerade. Das hatte er jetzt nicht gesagt. Einen Dreier – mit Katrin. Mit DER Katrin, die Männer auf Partys antanzte, als wären die anwesenden Freundinnen Luft. Zu spät. Das Kopfkino war angesprungen, ein schlechter Softporno in Zeitlupe. Das Schlimmste: Die Hauptrolle spielte der Mann neben ihr… Ein typischer Fall von TMI – too much information – könnte man jetzt sagen und die Sache vergessen. Funktioniert aber nur selten, schon gar nicht, wenn diese Informationen von einem Menschen stammen, der uns ans Herz gewachsen ist und wir eine vertraute Intimität entwickelt haben. Selbst schuld, wer so neugierig ist? Warum stellt jemand auch Fragen, die an Selbstfolter grenzen? Die sexuellen Vorlieben des Gemüsehändlers wollen wir schließlich auch nicht kennen. Dennoch leuchtet es ein: Gerade wenn wir wahnsinnig verliebt sind, wollen wir am liebsten in ihn hineinkriechen, ihn kennen bis in jede Haarwurzel. Nachts sehen wir ihm beim Schlafen zu und fragen uns, was er gerade träumt. Stünden seine Gedanken zum Download zur Verfügung, die zweite Festplatte wäre schon nach einer Woche voll. Alles wollen wir über ihn wissen. Alles.
Wirklich alles? Manchmal geht uns eine Frage noch ganz locker über die Lippen, aber die Antwort trifft uns wie ein Faustschlag. Wie viel Ehrlichkeit verträgt die Liebe – bis zu welcher Grenze sollte man offen sein und an welcher Stelle besser den Mund halten? Wie richten sich Paare am besten zwischen entwaffnender Ehrlichkeit einerseits und ein bisschen Geheimniskrämerei andererseits ein? „In der Liebe ist die Offenheit das erste Gebot“, sagt die Münchener Paartherapeutin und Kommunikationsexpertin Gabriele Leipold. „Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass wir unser Seelenleben komplett vor dem anderen ausbreiten sollen“, so die Expertin. Einmal ausgesprochen, lassen sich viele Dinge nicht mehr zurücknehmen. In unseren Köpfen entwickeln sie eine Eigendynamik, die am Ende nur schadet. Zum Glück weiß die erfahrene Sozialpädagogin, wie man es richtig macht. Wie das richtige Maß an Vertrautheit und Distanz dazu führt, dass die Liebe auf Dauer überleben kann.
Thema: Vorgeschichte
Im Rausch der Verliebtheit wollen wir die erste, einzige und schönste Frau für ihn sein, gefühlt zumindest. „Illusionen sind nicht nur menschlich und oft auch nützlich, sie gehören einfach dazu“, bebemerkt die Expertin. Aber in Wahrheit ist es ja so, dass beide schon gelebt haben, bevor sie in das Leben des anderen traten – und in dieser Zeit mit jemandem zusammen waren. Heikel für detailreiche Frage-und-Antwort- Spielchen sind daher meist vorherige Beziehungen. In jedem Fall sollte die Wahrheit auf diesem Terrain nur in homöopathischen Dosen verabreicht werden.
Tun Sie sich und ihm den Gefallen: keine Einzelheiten über Ex-Partner! „Intime Details aus dem Vorleben füttern das Kopfkino nur. Eine Klientin erzählte ihrem Mann gerade heraus, wie toll der Sex mit dem Ex- Freund war und dass er sie jedes Mal zum Orgasmus brachte. Und versuchte es damit abzumildern, zu betonen, dass sonst nichts gestimmt habe“, berichtet Leipold. „Sie hätte ihm allerdings lieber sagen sollen, wie sie es gerne hätte und was sie sich wünscht.“ Umgekehrt muss er uns bitte nicht sagen, wie knackig die Oberschenkel unserer Vorgängerin waren und dass ihr Apfelpo keine einzige Delle hatte. Die ausgewogene Mitte beim Thema Vorgeschichte liegt irgendwo zwischen „Wie viele Frauen hattest du vor mir?“ und „Ich will nix wissen“, so Leipold. „Jeder sollte grob die Vorgeschichte des anderen kennen, auch die dunklen Kapitel. Ob er mal Schulden hatte oder wer mit wem Schluss gemacht hat – in der Liebe muss man sich schon Dinge sagen können. Aber wir müssen uns deswegen nicht mit Einzelheiten quälen, die man in seiner Fantasie noch ausschmückt.“
Thema: Sex
„Nicht jede sexuelle Fantasie gehört gleich ausgeplaudert“, sagt Leipold. Denken Sie stattdessen lieber erst mal nach. Wünsche sind launisch und nicht jeder mutige Impuls will wirklich ausgelebt werden. Aber was, wenn die Lust auf gewisse Spielarten der Liebe (von Rollenspielen über Sextoys bis hin zum Swingerclub) mehr ist als ein übermütiger Gedanke? Wie sagt man es, ohne das Gesicht zu verlieren? „Verpacken Sie Ihre Fantasie in eine Geschichte, die Sie von anderen gehört haben. Dann sind Sie auf der sicheren Seite. Auf diese Weise testen Sie die Reaktion Ihres Partners im Vorfeld aus.“ Und müssen nicht gleich vor Scham versinken, falls Mann Sie ansieht, als hätte er verdorbenen Fisch gegessen.
Auch ein Seitensprung gehört für Leipold übrigens nicht zu den Dingen, die man dem anderen brühwarm beichten sollte. „Im Gegensatz zur Affäre ist der One- Night-Stand etwas Einmaliges. Ein Geständnis kann schlimmstenfalls das Vertrauen in den Partner zerstören.“ Und dann gibt es diese Wahrheiten, die wir Frauen gern verschludern. Wir haben zu Anfang (da war es uns auch wirklich egal) versäumt, seine Hand an die richtige Stelle zu legen, oder nicht gesagt, wenn sich etwas nicht so gut anfühlte. Irgendwann denken wir: Jetzt sollte ich das aber mal äußern. „Wichtig ist, so etwas nicht direkt nach dem Sex zu sagen“, rät Leipold. Sondern in einem guten Moment außerhalb der Bettlaken. Dabei sollte man den einen Punkt vorsichtig ansprechen und auf keinen Fall seine Liebhaberqualitäten generell infrage Leistellen. „Das passiert leider sehr häufig, vor allem im Affekt“, berichtet sie. Auch so ein heißes Eisen: „Die meisten Frauen möchten lieber nicht wissen, welche erotischen Bilder oder Seiten er sich im Internet ansieht. Das ist ja auch in Ordnung. Fakt ist aber, dass Männer ab einem gewissen Alter das tun“, so Leipold. Und fragt sich: „Aber was ist daran so schlimm? Wenn er die ein oder andere Inspiration ins Liebesspiel mit einbringt, kann das sogar sehr erfrischend sein“, findet sie.
Thema: Figur
„Kürzlich hatte ich ein Paar, da rutschte der Frau im Streit heraus, dass sie ihn fett findet. Das hat er ihr nie mehr verziehen“, erzählt die Expertin. „Männer sind sehr verletzlich, fast schlimmer als Frauen. Sie saßen dann bei mir, nachdem seit einem Jahr Flaute im Bett war. Er konnte sie nicht mehr anfassen, so tief saß das.“ Anstatt der Keule? „Es wäre wichtiger gewesen, ihn liebevoll zu motivieren.“ Wir können ihm sagen, dass wir ihn gerne wieder so hätten wie früher. Ihm vorschlagen, dass man zusammen Sport macht oder den Speiseplan umstellt. Schließlich finden wir bei uns sicher auch eine Stelle, die eine kleine Straffung vertragen kann, oder? No-Go: Laut aussprechen, was man am Körper des anderen auszusetzen hat (Sie: „Breite Schultern hast du nicht gerade!“ Er: „Deine Brüste erinnern mich an Aprikosen…“). Schon gar nicht, wenn sich besagtes Körperteil anders als ein Bierbauch gar nicht verändern lässt (oder eben nur mit dem Skalpell!). „Was viele Frauen gar nicht wissen: Ein Makel an uns, den wir ihm unter die Nase reiben, weil wir ständig daran rumnörgeln, wird dadurch erst für ihn sichtbar“, so Leipold. Wer darauf herumreitet, dass er seinen Körper nicht mag, macht ihn dem anderen auch nicht gerade schmackhaft. Schlimmer noch: „Wir verändern an seine Wahrnehmung geradezu. Irgendwann sieht er die zu lange Nase dann auch.“ Männer lieben es, wenn Frauen selbstbewusst mit ihrem Körper umgehen. Finden wir uns schön und begehrenswert, tut er es auch. Also pssst…
Thema: Schwiegermutter
Auch wenn seine Mutter nicht gerade ihre beste Freundin ist, sollten Sie auch in dieser Beziehung lieber zweimal überlegen, bevor Sie ihm auf die Nase binden, was Sie wirklich von ihr halten. Schließlich ist sie seine Mutter und vermutlich haben sie eine enge Beziehung. Am Besten bemühen Sie sich von Anfang an um eine angenehme Beziehung zu ihr. Denn hat sich ein Konflikt erstmal erhärtet, weil ein paar allzu ehrliche Worte gefallen sind, ist es schwer, die Wogen wieder zu glätten. Versuchen Sie also lieber sich mit Ihrer Schwiegermutter gut zu stellen, da Ihre Beziehung unter einer Rivalität schnell leiden kann. Sollte es dafür schon zu spät sein und Sie echte Probleme mit Ihrer Schwiegermutter haben, lesen Sie in diesem Artikel, wie Sie mit solch einer Rivalität am Besten umgehen können.
Thema: Frust
„Klagen sollten immer nur eine Durchgangsstation sein“, sagt Kommunikationscoach Leipold. „Gerade während einer Durststrecke ist es ganz natürlich zu klagen, dass man unzufrieden ist, sich vielleicht sogar hässlich fühlt.“ Ein Gers - tenkorn oder ein Hautausschlag sind nun mal nicht das, was Frau an sich haben will. Ab und zu jammern ist okay, aber nicht in Form eines Dauerklagelieds. „Am Ende sieht der Partner nur noch eine Patientin in Ihnen“, warnt Leistellen pold. Das Gleiche gilt für den Job. „Wir sind nicht unehrlich, wenn wir ihn nicht über jeden Selbstzweifel oder jede Niederlage informieren.“ Schwächen zeigen ist sexy, aber nicht mit ihnen hausieren gehen! „Dauerprobleme gehören nicht in die Liebe“, sagt die Expertin. „Ich nenne das Psychohygiene für die Partnerschaft, wenn ich meine Klienten etwa zum Job- Coach schicke. Ich sage immer: Ein Partner ist weder ein Mülleimer noch ein Therapeut. Das Problem anzugehen ist ja weitaus effektiver, als die Beziehung zur spaßfreien Zone zu machen.“ Stimmt.
Thema: Geld/ Shoppen
„Das steht dir perfekt“, sagt er und kauft uns das Kleid, das er für uns entdeckt hat. Toll! So wünschen wir uns das. Es ist schön, mit ihm einkaufen zu gehen. Aber ehrlich gesagt: Richtiges Jagdfieber packt uns doch eher mit der besten Freundin. Und dann – muss er wirklich die vollen Tüten sehen? Muss er wissen, wie viel die Marni-Bluse gekostet hat? Oder trennen wir doch lieber still und eilig alle Schildchen raus und sagen irgendwann: „Och nö, das Teil habe ich schon länger.“ Definitiv ja! Manchmal muss das einfach sein. Sagt auch Gabriele Leipold: „Wir brauchen unsere eigene kleine Kasse. Selbst Frauen, die nicht berufstätig sind, sollten eine fixe Summe im Monat bekommen, über die sie frei verfügen können. Sonst machen sie sich zum Kind, das nach allem fragen muss.“
Sie rät dazu, in einer langfristigen Partnerschaft zwar gemeinsames Geld zu haben, aber auch, dass jeder ein eigenes Kon to oder etwas wie eine heimliche Kasse besitzt. Für Kaufsünden, die nur uns etwas angehen. „Man sollte dem an deren nicht immer Rechenschaft ablegen müssen, was etwas gekostet hat oder ob und wie viel man tatsächlich davon braucht.“ Wie sollte er denn auch verstehen, dass der zehnte Lippenstift mit dieser Nuance Zinnoberrot eben unbedingt nötig und unverzichtbar war? Versteht er eh nicht! Und was er nicht weiß…
Thema: Kontrollzwang
Die Ehrlichkeit in der Liebe ist eine Gratwanderung. Harmlos sind Geheimnisse, solange der andere nicht verletzt wird. Zum Beispiel betrogen. „Früher hat man ja Privatdetektive engagiert, um dem oder der Untreuen auf die Schliche zu kommen. Aber in Zeiten von Handy und Internet ist das eigentlich eine veraltete Methode“, sagt die Paartherapeutin. Das soll jetzt natürlich nicht heißen: Freischein für die tägliche Handykontrolle – weder bei Ihnen noch bei ihm. Das Briefgeheimnis, ob SMS, Briefe oder Mails, gilt immer noch. „Nur bei dringendem Verdacht ist es erlaubt, in sein oder ihr Handy zu schauen. Wenn sie darunter leiden und das Gefühl nicht loswerden, dass der Partner einen betrügt, dann rate ich meinen Klienten sogar dazu“, sagt die Paartherapeutin. Meist findet man schon beim ersten Mal heraus, ob der Partner fremdgeht oder fremdflirtet. „Aber ich empfehle das nicht, wenn jemand krankhaft eifersüchtig ist und den anderen zwanghaft kontrolliert.“ Ohne begründeten Verdacht sollte man das Briefgeheimnis nicht verletzen.
„Auf der anderen Seite schauen viele auch gezielt weg, wenn sie merken, der andere hat Affären. Das ist dann wieder das andere Extrem, in dem die Balance zwischen Ehrlichkeit und dem Recht auf Individualität und kleine Geheimnisse falsch ausgelegt wird.“ Unterm Strich, betont die Sozialpädagogin, ist es immens wichtig, offen zu sein, immer in Kontakt mit dem anderen zu bleiben. Zu reden. Das ist gar nicht selbstverständlich! Studien zufolge sprechen Paare hierzulande im Schnitt täglich nur zwei Minuten – in die Tiefe gehend – miteinander. Der Rest dreht sich um Organisatorisches, Alltägliches. Und nicht darum, was in ihnen vorgeht. Viele Paare müssen das Reden wieder richtig üben. „Ideal wäre es, sich einmal pro Woche Zeit für ein sogenanntes Zwiegespräch zu nehmen.“ Eine Erfindung des inzwischen verstorbenen Psychologieprofessors Michael Lukas Moeller: Jeder spricht fünfzehn Minuten nur von sich, und der andere hört einfach nur aufmerksam zu. Über Ängste, Sorgen, Träume, Wünsche und Visionen, dreimal im Wechsel für eineinhalb Stunden. Wie schnell man sich trotz physischer Nähe aus den Augen verliert, ist wohl kein Geheimnis. Das Schöne ist ja: Trotz inniger Vertrautheit kann man immer noch geheimnisvoll füreinander sein. Dass Erotik ohne das Unbekannte und Überraschende verkümmert, wissen wir. Paartherapeutin Gabriele Leipold rät deshalb: „Man braucht kleine Auszeiten voneinander. Bewährt hat sich im Schnitt eine Woche Urlaub im Jahr ohne den anderen. Dadurch wird die Beziehung wieder spannender, es werden frische Impulse in die Liebe gebracht.“
Sie legt Paaren auch nahe, nicht immer einer Meinung sein zu müssen, denn sonst wird der andere langweilig. Zusammen sein, nicht verschmelzen. „Jeder sollte unbedingt eigenen Interessen nachgehen und Freunde auch mal allein treffen.“ Offen sein, dennoch das Ich im Wir pflegen – und an manchen Stellen ein bisschen vorsichtig sein. Das ist das ganze Geheimnis.
5 Wahrheiten ... die ER nicht wissen will
1. Der Ex: Niemals erzählen, wie potent der Vorgänger war! Dass er dreimal hintereinander konnte – einen Mann lässt so etwas nicht mehr los.
2. Geld: Sie sollte ihm nicht sagen, wie viel der Ex verdient hat. Schon gar nicht, wenn der Vorgänger wohl ha ben - der (für Männer gleichbedeutend mit erfolgreicher) war als er.
3. Schönheit: Sie muss ihm nicht unbedingt stecken, wie viel sie für ihr Äußeres ausgibt. „Das nimmt manche Männer schon etwas mit“, sagt Gabriele Leipold.
4. Der beste Freund: Wenn sie seinen Freund oder Bruder super sexy findet – bitte für sich behalten!
5. Klatsch: Was sie ihren Freundinnen erzählt, vor allem in sexueller Hinsicht – für ihn tabu! „Männer verbieten ihren Frauen regelrecht, darüber zu sprechen“, sagt Leipold.
5 Wahrheiten ... die SIE nicht wissen will
1. Schwiegermutter: Wenn seine Mutter mal etwas Kritisches über sie gesagt hat, sollte er ihr das unter keinen Umständen sagen.
2. Sex: Wie oft und ob er sich erotische Bilder oder Seiten im Internet ansieht – geht sie nichts an. Außer das Ganze hätte Suchtcharakter, aber das würde sie dann sowieso merken.
3. Die Ex: Er sollte ihr niemals sagen, dass seine Ex attraktiver war. Und ebenso wenig hübsche Einzelheiten hervorheben (Knallerbeine…).
4. Fahrstil: Wie schnell er Auto fährt, wenn sie nicht dabei ist, will sie nicht wissen. Denn selbst wenn sie dabei ist, fährt er schon zu schnell…
5. Fremdflirt: Wie oft er anderen Frauen (und welchen) nachschaut – geschenkt! Besonders in Gegenwart eines Kumpels. Die Kommentare würden ihre Fantasie unnötig beflügeln.