
Es sind die kleinen Dinge im Leben, für die wir uns rechtfertigen. Ein Paar Schuhe, das man kaufte. Manchmal geht es auch um große Themen. Wie die eigene Einstellung zur Ehe oder zu Kindern, für die man angefeindet wird. Aber in den seltensten Fällen hauen wir auf den Tisch und sagen: "Das ist jetzt so." Wie reagiert man richtig? Wir haben die typischsten Momente für Sie gesammelt und zwei Psychologinnen gefragt, wie man es schafft, sich nicht mehr in Erklärungen zu verlieren…
Ich kaufe mir die Designer-Handtasche
Auf Shopping-Trips und Sommerurlaube verzichtet – endlich ist nach monatelanger Enthaltsamkeit der ersehnte Tag gekommen: Wir spazieren in die Luxusfiliale, um 1300 Euro auf den Tisch zu legen – für DIE eine Tasche. Den wahr gewordenen Traum aus Leder. Welch Glücksgefühl, wenn das Designerteil am Arm baumelt! Bis der Freund beim Anblick des Prachtstücks nur ein Räuspern ausstößt und an die USA-Reise erinnert, die man mit dem ganzen Geld hätte antreten können. Schon ist die Euphorie dahin, und aus unserem Mund kommt undeutliches Gestammel: "Ja, ähm, aber ich wollte die doch unbedingt haben." Dabei sollte man sich nicht kleinmachen, sagt Diplom-Psychologin Karin Krümmel aus Berlin (lifecoach-berlin.de): "Haben Sie sich die Tasche aus Überzeugung gekauft, sagen Sie das auch so. Jeder setzt Prioritäten anders, und das ist auch okay." Sie arbeiten schließlich für Ihr Geld – und es ist Ihre Sache, was Sie damit machen.
Auf Alkohol verzichte ich im Moment - Danke, mir geht's trotzdem gut!
Neulich auf der Firmenfeier: Nein, heute trinkt man nichts, obwohl man sonst dem Alkohol nicht abgeneigt ist. Schon kommt ein Kollege mit ungläubigem Blick plus Mojito auf uns zu und stellt – ohne ein „Hallo“ – unverblümt eine Flut an Fragen: „Ach, du bist schwanger, stimmt’s?“ oder "Bist du auf Diät?" oder auch "Ist das nicht langweilig, so ganz ohne Drink auf einer Party?". Schon verstrickt man sich in Sätze wie "Ja, ich möchte gerne was trinken, aber … vielleicht später" und wird alle 20 Minuten gefragt, ob jetzt nicht vielleicht doch die Zeit für einen Cocktail gekommen sei. Psychologin und Coach Ilona Bürgel aus Dresden (ilonabuergel.de) rät: "Sagen Sie so was wie 'Meine Leber braucht mal eine Pause', das reicht schon aus – und Sie haben Ihre Ruhe." Und keinen Kater am nächsten Tag.
Facebook? Brauche ich nicht!
Letztens auf Emmas Geburtstagsparty: anregende Gespräche, anständige Drinks und aufgeschlossene neue Leute. Bei der Verabschiedung dann die Frage, unter welchem Namen man den anderen bei Facebook finden könne. Gar nicht. Gar nicht? Aber da ist doch jeder! Und prompt flüchtet man sich in Ausreden wie: "Ich habe auch so genug Freunde, und meine Daten sind ja auch nicht sicher." Oder: "Es interessiert mich nicht, was andere schreiben." Man könnte viele Gründe angeben, weshalb man das soziale Netzwerk verschmäht. Oder einfach ehrlich sein: Ich habe schlichtweg keine Lust! Ilona Bürgel ergänzt: "In dem Augenblick, in dem wir uns lange erklären, haben wir schon verloren. Benutzen Sie deshalb kurze Sätze, dann fragt auch keiner mehr." Außer vielleicht nach Ihrer Telefonnummer.
Mit One-Night-Stands habe ich kein Problem
Samantha aus "Sex and the City" liebt Sex. Und deshalb begegnete sie auch in gefühlt jeder dritten Folge einem verflossenen Liebhaber. Einen Satz würde sie aber nie von sich geben: "Oh, die Nacht war ein Versehen. Ich bin ja eigentlich nicht so." Nun, mit One-Night-Stands verhält es sich wie mit der Frage, ob man eine Stadtpflanze ist oder lieber auf dem Land lebt: Entweder man ist der Typ dafür – oder eben nicht. Hat man ab und zu ganz gerne mal seinen Spaß mit fremden Männern – auch in Ordnung! Karin Krümmel fügt hinzu: "Oft ist es die Angst vor der Reaktion der anderen, die uns in Erklärungsnot bringt. Stehen Sie zu Ihrem Sexualleben, und verbiegen Sie sich nicht." Macht auf Dauer sowieso nur unglücklich.
Ich kündige den gut bezahlten Job
Abends beim gemeinsamen Essen mit den Freunden: Jana offenbart, dass sie den langjährigen Job mit Chefposition an den Nagel gehängt hat. Kopfschütteln, ratlose Gesichter und die Bemerkung, wie bescheuert sie doch sei, folgen. Ein "Tja, vielleicht solltet ihr eure Job-Situation auch mal überdenken" verschlimmert die Situation und sorgt für dicke Luft. Ilona Bürgel erklärt: "Seien Sie nicht wechselseitig verletzend, das führt nur zu hochkochenden Emotionen. Geben Sie zu, ein Risiko einzugehen, aber sich auch darauf zu freuen."
Bio-Produkte kaufe ich nicht
Deutschland surft schon lange auf der grünen Welle. Aber nur, weil der Kauf von Bio-Produkten so im Trend liegt, heißt es nicht, dass auch jeder die finanziellen Mittel dafür aufbringen kann oder an die Philosophie dahinter glaubt. Wird man von einem Vollblut-Ökokäufer auf seinen Verweigerungsmodus angesprochen, kommt man schon mal leicht ins Haspeln: "Ach, das Gemüse ist doch bestimmt auch nicht komplett pestizidfrei." Ilona Bürgel rät in diesem Fall dazu, einfach mal den Mund zu halten, wenn man über ein Thema nicht so genau Bescheid weiß: "Äußern Sie sich nur, wenn Sie wissen, wovon Sie reden. Und geben Sie offen zu, wenn Sie sich mit einem Thema noch nicht richtig beschäftigt haben. Hierbei geht es ohnehin nur um das Abwägen von Argumenten. Und nicht darum, ob etwas richtig oder falsch ist."

Ich sage ja zu Schönheitsoperationen
Erinnern Sie sich noch an das wohl berühmteste Statement zum Thema Schönheits-OPs von Socialite-Tochter Chiara Ohoven? In einem Interview von 2003 auf ihre plötzlich überdimensional großen Lippen angesprochen, erklärte sie: "Nee, ich habe nichts machen lassen. Das wirkt nur so durch meine helle Haarfarbe, da erscheint der Mund optisch größer." Äh ja, genau. Und Pamela Andersons Brüste erlebten einen Wachstumsschub wegen extremer Sonneneinstrahlung… Also seien Sie einfach ehrlich – und geben Sie zu, für Schönheitsoperationen zu sein, weil Sie sich so wohler fühlen. Psychologin Karin Krümmel ergänzt: "Zudem sind Sie nicht auf der Welt, um so zu sein, wie andere Sie gerne hätten." Diese Erkenntnis kam Chiara Ohoven übrigens wohl zwei Jahre später in einer Talkshow, als sie zugab – Überraschung! –, sich die Lippen aufgespritzt zu haben.
Heiraten? Ach nö!
Es gibt zwei Arten von Frauen: diejenigen, die schon zu Barbie-Zeiten von der Hochzeit in Weiß geträumt haben und jedes Detail planten. Und diejenigen, die den Brautstrauß auf sich zufliegen sehen, einen großen Schritt zur Seite machen – und ihn neben sich auf dem Boden landen lassen. Egal, ob man an die Ehe glaubt oder meint: "Die Liebe auf dem Papier brauche ich nicht" – es bleibt Ihre Sache. Ilona Bürgel ergänzt: "Bei grundlegenden Lebenseinstellungen wie der Frage nach der Heirat genügt es schon zu sagen, dass man diese Entscheidung jetzt nicht weiter begründen möchte."
Ich bevorzuge das Sofa statt der hippen Party
Ein sonniger Tag im Juli, eine coole Party im Beachclub – aber Couch plus der neue Bradley-Cooper-Streifen wirken irgendwie attraktiver. Warum sich unter 200 Leute mischen und alle zehn Minuten den heißen Sand aus den Espadrilles pulen, wenn man sich im kühlen Zuhause auf dem Sofa entspannen kann? Eine Sache ist allerdings zu beachten, sobald das Handy glüht und die Clique nachhakt, ob man denn noch käme: Eine Ausrede nach dem Motto "Oh, ich habe dummerweise so dolle Kopfschmerzen" würde nur zu penetranten Aspirin-Angeboten und nervigen Überredungsversuchen führen. Ilona Bürgel empfiehlt auch da klare Ansagen: "Sagen Sie, wie es ist: Sie haben keine Lust. Punkt. Oder Sie sind heute mal mit sich selbst verabredet." Außerdem: Ein Abend mit Bradley allein – das sollte doch jede Freundin verstehen …
Na und? Dann bin ich eben ein ruhiger Mensch!
Erinnert man sich an wilde Tanznächte, fällt einem nicht unbedingt die schüchternste Person aus dem Freundeskreis ein, die in dieser Nacht mit ihren Anekdoten für allerhand Lacher sorgte und auf den Tischen tanzte. Jene Person sitzt eher an der Bar und schaut dem Treiben zu – und wird in regelmäßigen Abständen gefragt, ob denn alles okay sei. Ein "Klar, mir ist gerade nur nicht nach Tanzen" genügt nicht als Antwort, man wird wieder aufgefordert. Ilona Bürgel rät: "Bleiben Sie authentisch. Sie sind eben eher von der stillen Sorte." Außerdem ist es doch so: Gäbe es keine ruhigen Menschen, würden die lauten nicht gehört werden.
Nein, ich möchte wirklich keine Kinder
Irgendwann, so mit Ende 20, bekommen die Freunde Babys. Und während man selber Babypartys gibt, Babygeschenke verteilt und als Babysitter gebraucht wird, ploppt (besonders bei Mutti und Vati) immer dieselbe Frage auf: "Und, wann wirst du schwanger?" Der Satz "Weiß ich nicht, ich bin noch nicht bereit" führt nur zu ewigen Diskussionen. Nur wie lässt sich das vermeiden? Psychologin Ilona Bürgel sagt: "Redet man mit einer nicht vertrauten Person, reicht es schon zu sagen, dass einem dieses Thema zu persönlich ist. Ist man genervt, weil man die Frage der Mutter zum 80. Mal beantworten muss: einfach mal mit den Schultern zucken. Das Empfinden lässt sich nicht immer erklären." Zudem leben wir heute in einer Zeit, in der sich Frauen nicht mehr durch die Mutterschaft definieren müssen. Stehen Sie also offen zu Ihren Idealen und Werten – die hat nämlich jeder zu respektieren. Und auch, wenn Sie für sich entscheiden, dass Sie keine eigenen Kinder wollen, ist eine Enscheidung, die Sie ganz für sich treffen.