
Josefine Preuß spielt in dem Event-Zweiteiler "Die Pilgerin" (5. + 6. Januar 2014, 20:15h im ZDF) eine eigenwillige junge Frau, die im 14. Jahrhundert als Mann verkleidet eine gefährliche Pilgerreise antritt, um den letzten Wunsch ihres verstorbenen Vaters zu erfüllen: sein Herz nach Santiago de Compostela zu bringen. Auf dieser Reise trotzt sie zahleichen Gefahren und wird am Ende nicht mehr derselbe Mensch sein. Regisseur Philipp Kadelbach hat aus der Geschichte in seiner unverwechselbaren Handschrift einen spannenden Abenteuer- und Liebesfilm inszeniert, der wenig zu tun hat mit verklärter Ritterromantik, sondern vielmehr mit dem, was auch sein Erfolgsprojekt "Unsere Mütter, unsere Väter" ausgezeichnet hat: auf Augenhöhe mit den Figuren zu bleiben und in diesem Sinne modern und bildstark zu erzählen.

Interview mit Josefine Preuß
Petra.de: Wie war es für dich, als du das erste Mal das Drehbuch gelesen hast? Konntest du dich direkt mit der Rolle identifizieren?
Josefine Preuß: Also generell identifizieren kann ich mich mit keiner Rolle, deswegen spiele ich sie auch nur. Und ich spiele liebend gerne das, was am weitesten weg von der privaten Josefine ist. Die allererste Drehbuchfassung, die ich bekommen habe, war mittelgut und ich habe sehr lange gebraucht, um mich damit anzufreunden und zuzusagen. Meine Zusage kam erst, als der Name Philipp Kadelbach im Umlauf war (führte Regie, Anm. d. Red.). „Unsere Mütter, unsere Väter“ habe ich regelrecht verschlungen. Ich finde, dass der Film ein ganz tolles Fernseherlebnis ist. Das habe ich so im deutschen Fernsehen noch nicht gesehen und da habe ich mir gedacht, wenn er das macht, dann muss es gut werden. Ich will mit diesem Mann arbeiten!
Gibt es denn auch Gemeinsamkeiten mit der Person Tilla Willinger und dir? Sie ist ja sehr mutig, würdest du dich auch so beschreiben?
Nein, absolut nicht. Ich bin schon über alle Berge, wenn ich nur eine Spinne oder Schlange sehe. Ich bin überhaupt nicht mutig, aber das meine ich damit, dass ich solche Rollen gerne spiele. Einfach mal behaupten, sein, machen. Tilla ist einfach total mutig in ihrer Körperlichkeit, sich dem Schicksal erst einmal anzunehmen und für ihren Vater diese lange Reise auf sich zu nehmen - das war für mich eine Herausforderung, und auch die körperlich anstrengenden Dreharbeiten.

Wie hast du dich auf die Rolle vorbereitet?
Wir hatten Stunt- und Reittraining und ich musste Bogenschießen lernen, wo ich wirklich Blut geleckt habe und was ich definitiv nach den Dreharbeiten auch weitermachen werde. Das ist ein toller Konzentrationssport; gut für Körper und Geist. Ich wäre privat nie auf die Idee gekommen, so etwas einmal auszuprobieren und das ist auch das Schöne an meinem Beruf: Ich kann in verschiedene Rollen eintauchen und darf verschiedene Sachen lernen, wie jetzt das Bogenschießen.
Das Mittelalter wird gerne als „Die düstere Zeit“ beschrieben. Hattest du während der Dreharbeiten auch ein beklemmendes Gefühl?
Beklemmend nicht, ich fand es eher total interessant und bewundernswert, was sich die Leute von der Regie, vom Bühnenbild, vom Set, von der Maske usw. haben einfallen lassen, um das auch für uns so realistisch wie möglich darzustellen. Auch wenn man ein Set betritt und es gibt keine Elektrik sondern nur Kerzenlicht, das war eine völlig neue Erfahrung. Man kann sich dadurch in etwa vorstellen, wie es damals zu der Zeit wohl gewesen sein mag. Es war einfach das dreckigste, unhygienischste und brutalste Zeitalter, das es bisher gab! Für einen Darsteller ist es schon die halbe Miete, wenn drum herum alles stimmt. So kann man sich authentisch einer Rolle hingeben.

Für die Rolle musstest du auch deine Haare abschneiden. War das schlimm für dich?
Ja, natürlich. Ich habe geflennt wie nichts. Ich musste meine persönliche Eitelkeit hintanstellen. Ich habe mir die ganze Zeit eingeredet: „Ich mache das für die Rolle, ich mache das für die Rolle“! Aber es war erst einmal ein gewagter Schritt. Für Frauen ist das ja besonders schlimm, zumal es auch keine private Entscheidung war. Nach einer Trennung schneidet man sich vielleicht die Haare ab, um Last loszuwerden. Aber umso schöner, das dann auch mal beruflich machen zu dürfen. Vor allem möchte ich in jeder Rolle so anders aussehen wie möglich. Was ich jedoch nie machen würde, ist eine starke körperliche Zu- oder Abnahme - also alles, was gesundheitliche Folgen hat, denn das ist keine Rolle wert. Aber generell, bitte verändert mich.

Schminkst du dich anders, seitdem du eine schicke Kurzhaarfrisur trägst?
Ja, gerade als es frisch war, da habe ich besonders viel Make-Up verwendet, um mir das Gefühl zu geben, ich bin immer noch weiblich. Aber jetzt habe ich mich daran gewöhnt. Außerdem ist es ja jetzt auch kalt und Mützenzeit. Ich bin gerade in einem Mützen-Kauffieber, jede gute Mütze, die ich sehe, wird gekauft!
Tilla hat ja ein tragisches familiäres Schicksal – wie wichtig ist dir Familie?
Familie steht immer an oberster Stelle, da kann kommen was will. Familie sollte immer der erste und wichtigste Punkt im Leben eines Menschen sein.
Wolltest du schon immer Schauspielerin werden?
Meine ersten Berufswünsche waren Clown und Archäologin. Dann kam irgendwann noch Gerichtsmedizinerin dazu. Und dann, das habe ich zwar nie gesagt, kam die Schauspielerei. Aber eigentlich wollte ich immer etwas anderes werden.
Was würdest du sagen, wenn deine Kinder später einmal auch Schauspieler werden möchten?
Auf gar keinen Fall! Die sollen lieber etwas Vernünftiges machen. Nein, also die sollen später einfach das machen, was sie wollen, Hauptsache es geht ihnen gut.
Das Interview führte Jessica Kuch