Gerard Butler? Ein Albtraum, zumindest für PR-Berater. Zugegeben ein verdammt attraktiver. Der gebürtige Schotte mit den irischen Vorfahren ist weder lieb noch gefällig, sondern eine Art Clark Gable der Neuzeit: Er steht in dem Ruf, ein notorischer Aufreißer zu sein, und die Frauen, so wird gemunkelt, erleben so gut wie nie den ersten Sonnenschein neben ihm im Bett. Seinen Drei-Tage- Bart trägt der 39-Jährige nicht aus modischen Gründen, sondern eher, weil die dazugehörigen Nächte lang, laut und wahrscheinlich feucht-fröhlich waren – wer hat da schon Zeit für eine Nassrasur. Wegen Unpünktlichkeit flog Gerard Butler nach seinem Jura-Studium aus einer Glasgower Anwaltskanzlei und sogar aus einer Rockband – das soll ihm erst mal einer nachmachen!
Und in den frühen 90ern saß er in Los Angeles sogar kurz im Knast (darüber später mehr im Interview). Eindeutig, dieser Mann lebt seinen Rock’n’Roll-Lifestyle in vollen Zügen aus. Passt doch: In der durchgeknallten Kleinganoven-Posse „Rock’n’Rolla“ rennt, küsst und prügelt sich Gerard Butler durch die verwinkelte Handlung. Und alle Zuschauer kapieren, dass jede Menge von Gerard Butler in dieser Film-Figur steckt. Wie viel genau? Das wollten wir wissen und sprachen mit dem wildesten Leinwand-Helden, den Hollywood momentan im Angebot hat.
PETRA: Sind Sie ein Exhibitionist? In Ihren Filmen machen Sie sich ständig oben rum frei.
GERARD BUTLER: Sie können es mir ruhig glauben: Wenn ich selbst entscheiden könnte, würde ich lieber mein Hemd anbehalten. Aber wenn das mit dem Ausziehen im Drehbuch steht, dann geht es darum, den Job so gut und professionell wie irgend möglich zu machen.
Unvergesslich Ihr Auftritt in „P.S. Ich liebe Dich“. Da spielen Sie einen Iren und strippen für Ihre Film-Ehefrau Hilary Swank. Das Ganze endet für Sie in patriotisch grünen Boxershorts mit Kleeblättern drauf.
DAS hat mir richtig Spaß gemacht! Am Lustigsten daran war, dass die ganze Angelegenheit komplett unsexy war. Ich stand am Ende schließlich in Unterhose und Boots da, aus denen oben die Socken herauslugten, und an meinem Arm hingen meine ganzen Armbänder.
»Ich mag es, wenn man mich sexy findet«
Die, wie wir gerade sehen, aus Ihrem Privatbesitz stammen. Haben Sie das T-Shirt, das Sie tragen, auch aus Ihrem eigenen Kleiderschrank gezogen?
Ja, und deshalb liege ich ständig mit meinem Manager im Clinch. Ich will bei Presseterminen einfach nur im T-Shirt auftauchen, und er belehrt mich dann immer und sagt: Du musst intelligent aussehen und solltest den Journalisten nicht das Gefühl vermitteln, dass dich diese Treffen einen Dreck interessieren. Nur, wenn ich unbedingt muss, ziehe ich mich schicker an.
Ob im T-Shirt oder Anzug, Sex-Appeal haben Sie so oder so. Wie reagieren Sie, wenn jemand Sie als erotischsten Single der Film-Branche bezeichnet?
Dann könnte ich natürlich antworten: Wo haben Sie das denn bitte gehört, davon weiß ich ja gar nichts! Ernsthaft: Es wäre leicht zu behaupten, dass ich völlig cool bin und mich dieser Hype überhaupt nicht interessiert. Die Wahrheit lautet: Es ist angenehmer, wenn jemand sagt: Du bist aufregend und sexy als: Du wirkst auf mich wie ein Schlafmittel. Du hörst es einfach lieber, dass dich jemand attraktiv findet und nicht abstoßend. Man darf sich nur nicht in der Eitelkeit verhaspeln, das ist der Trick.
Gibt es weibliche Fans, die bei Ihrem Anblick kreischen und an Ihnen herumzerren?
Die gibt es. Ich möchte es so ausdrücken: Ich bin ein netter Kerl. Deshalb gehe ich zu meinen Fans, und schon stecke ich mitten in einem zehnminütigen Gespräch mit einer weinenden Frau.
Privat meiden Sie das Thema heulende Frau im Haus – Sie haben keine Freundin. Sind Sie Realist oder ein verkappter Romantiker, der eigentlich doch gern liiert wäre?
Ich glaube, ich bin das eine und das andere. An manchen Tagen bin ich total aufmerksam, romantisch und großzügig. An anderen Tagen ziehe ich mich viel zu sehr in mich selbst zurück und bin egoistisch. Dann dreht sich alles nur um meinen Kram, ich nehme niemanden um mich herum wahr und benehme mich wie ein Vollidiot.
Denken Sie manchmal darüber nach, eine Familie zu gründen?
Hören Sie, ich liebe Kinder. Ich bin ja nicht der einzige 40-Jährige, der noch keinen Nachwuchs hat. Ich bin einfach noch nicht an dem Punkt angekommen, an dem ich das will. Meine Arbeit ist mir sehr wichtig; wäre ich in einer festen Beziehung, könnte ich mich nicht so frei bewegen, wie ich das tue.
Wo leben Sie eigentlich? Noch in Schottland oder in London?
Nein, ich habe zwei Wohnsitze: einen in New York und einen in L.A. Dort habe ich gerade ein Haus gekauft, das lasse ich jetzt umbauen und renovieren.
»Ab und zu kann ich ein Vollidiot sein«
Haben Sie, wie in Hollywood üblich, Innenarchitekten engagiert?
Ein paar Profis arbeiten für mich, aber ich allein bin derjenige, der die optischen Entscheidungen trifft.
Wie dürfen wir uns Ihren Einrichtungsstil vorstellen? Haben Sie eine typische Junggesellen-Bude mit schwarzem Ledersofa und Langhanteln daneben?
Wenn mich Freunde zum ersten Mal besuchen, sind sie immer total überrascht und sagen: „Heilige Scheiße, so wohnst du also?“ Wenn Sie bei mir vorbeikämen, wären Sie wohl auch erstaunt über das Design, die Wohn- Accessoires und meine Möbel.
Wann haben Sie herausgefunden, dass Sie ein Händchen für Formen und Farben haben?
Damals in London. Ich musste einen Raum einrichten und merkte, dass ich das kann. Ich sagte plötzlich Sätze wie: „Wow, guck’ mal, das Teil da hinten ist ja großartig!“ Von jemandem wie mir hat das keiner erwartet. Wenigstens enttäusche ich in anderer Hinsicht nicht die Vorstellungen, die man von mir hat: Ich kann überhaupt nicht kochen und spreche auch keine fünf Fremdsprachen fließend.
»Wer bei mir umdekoriert, fliegt raus!«
Was würden Sie tun, wenn eine Frau bei Ihnen umdekorieren würde?
Wer bei mir umdekoriert, fliegt raus. Ich bin stilsicher.
Ist doch ein beruhigendes Gefühl. Wenn es mit der Schauspielerei nicht mehr klappen sollte, könnten Sie schnell umsatteln.
So weit würde ich nicht gehen. Aber ich könnte mich in diesem Fall der Fälle immerhin in einer hübschen Wohnung verbarrikadieren.
Vor fünf Jahren haben Sie mit Ihrer ersten großen Hollywood-Produktion „Das Phantom der Oper“ eine Bauchlandung hingelegt. Wie kamen Sie damit zurecht, in so einem Flop mitzuspielen?
Zugegeben, der Film hat an der Kinokasse nicht gerade alle Rekorde gebrochen. Aber irgendwie hat er mein Gesicht trotzdem bekannt gemacht. Entweder man hasst den Film, oder man liebt ihn. Die Leute reagieren jedenfalls leidenschaftlich, wenn das Thema auf „Das Phantom der Oper“ kommt. Und nicht zu vergessen: Ich konnte mir von der „Phantom“- Gage mein Apartment in New York kaufen.
Vermissen Sie in Amerika das schottische Hochland?
Ja, mir fehlen die Landschaft und die Menschen. Immer, wenn ich dorthin zurückkehre, fühle ich mich entspannt und inspiriert. Wie bei einer Therapie. Letztens bin ich mit einem Kumpel aus Schottland in New York um die Häuser gezogen, und mir tun jetzt noch die Bauchmuskeln weh, weil ich so lachen musste. Es reicht schon, wie er Sachen beschreibt. Ich habe mir an dem Abend fast in die Hosen gepinkelt. Ich vermisse diesen bissigen Sinn für Humor.
In Los Angeles sind Sie mal so intensiv um die Häuser gezogen, dass der Abend im Knast endete. Erzählen Sie uns davon?
Das war 1991 oder 1992. Ich hatte damals Ausraster, wenn ich getrunken hatte. Ich bin mit vollem Anlauf auf ein Polizei-Auto gesprungen, dass direkt auf mich zufuhr. Dann stand ich da oben, und die Alarmleuchten auf dem Wagen gingen an, und ich dachte nur: „Fuck!“
Wie ging’s weiter?
Das war an meinem 22. Geburtstag, den ich dann im Knast verbrachte. Das Ganze passierte unglücklicherweise am Wochenende, deshalb bin über Nacht in der Zelle gelandet. Zusammen mit acht Schwarzen und einem Mexikaner, die in Ketten aneinander gebunden waren. Die Jungs hatten alle ihre L.A.-County-Knastuniform an, und ich saß da mit meiner zerissenen 501 und meiner super engen Lederjacke. Das war schon ein sehr spezieller Anblick.
Haben Sie diese Klamotten aufbewahrt?
Die Lederjacke besitze ich immer noch, inzwischen seit über 20 Jahren.