Selbstbefriedigung: Darum sollten wir viel häufiger masturbieren

Selbstbefriedigung: Darum sollten wir viel häufiger masturbieren

Warum wir öfter masturbieren sollten? Dafür gibt es Gründe in Hülle und Fülle: Nicht nur unser Solo-Sex wird immer sinnlicher, sondern auch der mit unserem Partner.

© iStock

Würde man die Selbstbefriedigung als Produkt anpreisen, könnte sie ohne schlechtes Gewissen mit folgendem Werbeslogan daherkom ­ men: „Masturbation macht schön, schlau, gesund und sexy.“ Wenn dazu noch klargemacht würde, dass sie Spaß macht und dabei kostenfrei und ungefährlich ist, müssten wir doch eigentlich von einem Riesenansturm ausgehen, oder? Sind es nicht genau jene Attribute, die bei Frauen beson ­ ders hoch im Kurs stehen? Schön, gesund und sexy für lau, ich meine: Hallo, geht’s noch?!

Eigentlich dürfte bereits diese simple Information ausreichen, dass wir Frauen all unsere schmutzigen Vorurteile über Bord werfen, um uns gepflegt und auf der Stelle selbst zu befriedigen. Aber gut, ich verstehe schon: So schnell geht es eben nicht, schließlich haben wir uns die Scham ­ und Schuldgefühle über lange Zeit antrainiert. Wir könnten sie ebenso betrachten wie die manchmal hartnäckigen Kilos um die Hüfte, die einfach nicht verschwinden wollen, oder ungute Gewohnheiten, die wir ändern möchten. Auch hier braucht es Geduld, Ermutigung und natür ­ lich Praxis, um ihrer Herr zu werden.

Nach Dr. Ruth Westheimer, der bekanntesten Sextherapeutin der Welt, ist die Kenntnis der eigenen Bedürfnisse die Grundvoraussetzung für ein erfülltes Liebesleben. Mittlerweile bestäti ­ gen dies auch die Forschungen vieler Sexualwissenschaftler. Mithilfe der Masturbation lernt unser Körper seine Sexualität kennen und er ­ fährt, wie er mit ihr zurechtkommen kann. Darüber hinaus dient die Selbstbefriedigung auch einer Entladung von Spannungen und stimmt uns friedlich. Stichwort: Orgasmus. Möglicher ­ weise würden sich jene Spannungen sonst ein anderes Ventil suchen.

Insgesamt stärkt die Masturbation das ganz eigene Verhältnis zum Körper. Nach dem Motto „Bevor eine andere Person meine intimsten Kör ­ perregionen erkundet, möchte ich mich erst mal selbst kennen“ zeigt die Selbstbefriedigung uns, wie unser Körper auf Stimulation reagiert. Von Männern weiß ich, dass sie selbst den Sex viel intensiver erleben, wenn ihre Frauen sich selbst und den Sex auch genießen. Halten wir noch mal fest: Masturbation verhilft uns zu einer besseren Kommunikation mit dem Partner, zu mehr Orgasmen, zu besserem Sex, mehr Entspannung und hat dazu noch eine ganze Batterie an anderen, vor allem gesundheitlichen Vorteilen.

Sehr anschaulich erklärt Ann-Marlene Henning (doch-noch.de) die Masturbation am Beispiel des Erlernens eines Instruments. Ihrer Ansicht nach können wir alle unsere Lustwege beeinflussen und trainieren. So wie wir Schritt für Schritt lernen, Harfe oder Klavier zu spielen, verhält es sich auch mit der Selbstbefriedigung. Am Anfang können wir nur mühsam ein paar simple Melodien klimpern, mit der Zeit erlernen wir auch schwierigere Stücke und können alle zehn Finger einsetzen. Sprich: Allmählich sind wir in der Lage, die ganze Klaviatur zu nutzen.

Übrigens: Nahezu alle Frauen, die regelmäßig masturbieren, kommen zum Orgasmus. Auch Frauen, die beim Sex mit ihrem Partner nie einen Höhepunkt erleben, erreichen nahezu immer einen, wenn sie sich selbst befriedigen – und zwar schnell und mühelos. Kinsey liefert die Zahlen dazu: In seinen Studien fand er heraus, dass 95 Prozent aller Frauen, die regelmäßig masturbieren, dabei einen Orgasmus erreichen.

Eine Statistik von Masters und Johnson belegt schließlich, dass die durch die Masturbation erzielten Orgasmen verlässlicher, schneller und stärker sind als die durch Stimulation vonseiten eines Partners erlangten.

Falls Sie nie oder selten einen Orgasmus mit einem Partner erleben, könnte folgende Tatsache spannend für Sie sein: Fast alle Sexualforscher und -therapeuten halten die Masturbation für einen wichtigen Schritt auf dem Weg zum Orgasmus beim Geschlechtsverkehr. Beatrice Poschenrieder (liebesberaterin.de) beschreibt es so: „Im Prinzip ist es einfacher, es mit sich selbst auszuprobieren und zu erleben, als vor ,Publikum‘ zu explodieren. Je mehr Sie sich antrainieren, auf alle möglichen Arten zu kommen, desto eher ist auch etwas dabei, was Ihr Partner gut anwenden kann.“

Auch Lonnie Barbach, Sexualtherapeutin aus Kalifornien, ist sich sicher, dass die hohe Erfolgsquote bei durch Selbststimulation erfolgten Orgasmen darauf zurückzuführen ist, dass nur wir selbst daran beteiligt sind. Niemand, der uns ablenken könnte oder dem wir einen Gefallen tun müssten. Wir können uns völlig auf uns selbst konzentrieren und uns so viel Zeit lassen, wie wir möchten. Da wir unbeobachtet sind, fällt es uns wesentlich leichter, unsere Aufmerksamkeit auf verschiedene Arten von Berührung, Druck und Tempo zu lenken. Sobald uns eine Berührung nicht mehr gefällt, können wir die Stimulation unseren Bedürfnissen entsprechend anpassen.

Denken wir an die Metapher des Instruments: Je nachdem, welche Stücke wir gelernt haben, was wir unserem Körper beigebracht haben, so sind wir programmiert. Eine früher erlernte Technik hat demnach erheblichen Einfluss auf unsere heutigen Fähigkeiten. Beispielsweise die Fähigkeit, zu kommen und Genuss beim Sex zu empfinden. Mit einem Partner ergeben sich natürlich noch ganz andere Möglichkeiten. Spielen Sie doch einfach mal vierhändig. Vielleicht wird es Ihr neues Lieblings-Stück.

Exklusiver Textauszug aus Gianna Bacio„Hand drauf! Ein Plädoyer für die weibliche Masturbation“

Buch Tipp: Gianna Bacio macht große Lust auf Selbstbefriedigung: „Hand drauf! Ein Plädoyer für die weibliche Masturbation“, Komplett Media, 200S., 18 Euro. giannabacio.de

Lade weitere Inhalte ...