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Nova Meierhenrich: "Die Frage nach dem Kinderwunsch ist nicht einfach nur eine Frage"

Über viele Jahre hinweg unterzog sich Nova Meierhenrich zahlreichen Kinderwunsch-Behandlungen. Wie es ihr heute damit geht und warum die Frage nach Kindern kein Smalltalk-Thema ist, darüber spricht sie im Interview mit petra.de.

Nova Meierhenrich am Strand© Foto: Katrin Schöning
Über ihre Kinderwunsch-Reise hat Nova Meierhenrich ein Buch geschrieben, das kürzlich erschienen ist. 

Nova Meierhenrich wollte Solo-Mutter werden

Vor zehn Jahren entschied sich Nova Meierhenrich, als Solo-Mutter ein Kind bekommen zu wollen. Unterstützung für ihr Vorhaben, für ihren tiefen Wunsch, schwanger zu werden, erhielt sie von Ärzten in Kopenhagen. Doch es sollte anders kommen. Nova Meierhenrich blieb kinderlos. Wie emotional belastend diese Reise für die heute 51-jährige Moderatorin war, wird in ihrem neuen Buch "Lebensschlenker" (Ullstein) ganz deutlich. 

"Die Kinderwunschfrage greift so tief in das Seelenleben von Frauen ein, dass der äußere Druck viel kaputt machen kann", schreibt sie dort etwa. Und: "Die Fähigkeit, Kinder zu bekommen, wird oft als Selbstverständlichkeit angesehen, doch die Realität sieht für viele Frauen anders aus."

Wir haben mit Nova Meierhenrich über ihre ganz persönlichen Lebensschlenker gesprochen und darüber, was sich gesamtgesellschaftlich ändern muss, damit sich Frauen endlich nicht mehr unter Druck gesetzt fühlen. Unter Druck, den einen Lebensweg zu gehen, unter Druck, die K-Frage beim Kaffeeklatsch leichthin wegzulächeln, während sie in Wahrheit seit Jahren versuchen schwanger zu werden oder aber bereits mehrere Fehlgeburten erleiden mussten. 

Der Höhepunkt war ein erfundenes Interview.

Nova Meierhenrich

Nova Meierhenrich: "Die Wut im Bauch ..."

Liebe Nova, du teilst in deinem neuen Buch deine ganz persönliche Kinderwunsch-Reise. Vielen Dank für deine berührenden Zeilen. Was hat dich dazu veranlasst, jetzt darüber zu sprechen?

Es war eine Mischung aus mehreren Dingen. Zum einen ist das Thema Kinderwunsch und die damit verbundene Übergriffigkeit in den letzten Jahren in meinem Leben und in dem von vielen Frauen um mich herum immer größer geworden. Es hat lange in mir gegärt. Der Höhepunkt für mich war dann sicher ein erfundenes Interview zum Thema unerfüllter Kinderwunsch. Irgendwie dachte ich in dem Moment, es reicht, wir müssen über dieses Thema sprechen. Und ich kann dieses Thema nur angehen, indem ich auch mit meiner eigenen Geschichte all-in gehe. Und so war die Wut im Bauch der letzten Jahre vielleicht der Auslöser, dass jetzt dieses Buch entstanden ist.

War es vielleicht auch ein Prozess, an dessen Ende der Wunsch, endlich offen auszusprechen, was dich all die Jahre bewegt hat, die Bedenken überwogen haben?

Nein, ehrlich gesagt, gar nicht. Ich hatte nie vor, darüber zu schreiben. Während der Kinderwunsch-Reise habe ich viel geschrieben, aber eher, um meinem Kind später davon erzählen zu können. Es war wirklich das Bedürfnis, vielleicht auch ein Tabu anzusprechen, Kommunikation anzuregen, dafür zu sensibilisieren, dass die Frage nach dem Kinderwunsch nicht einfach nur eine Frage ist, sondern viel mehr. Vielleicht macht dieses Buch Frauen Mut, die einen ähnlichen Weg hinter sich haben.

Wie fühlt es sich jetzt für dich an, das Buch zu veröffentlichen?

Ich freue mich auf den Austausch. Bereits in den ersten Gesprächen und nach den ersten Medienberichten haben mich so viele Nachrichten erreicht von Frauen, die mir ihre Wege schildern. Das ist berührend, aber auch spannend. Ich hoffe, dass ein Dialog entsteht über dieses Thema, dass wir ein bisschen das Tabu davon nehmen können und ich hoffe sehr, es geht euch gut. Es macht trotzdem Mut und sensibilisiert die anderen für ein Thema, über das wir kaum sprechen.

 "Eine Schwangerschaft ist ein Sechser im Lotto"

Viele Frauen werden selbst heute noch mit der K-Frage konfrontiert – oft sehr unvermittelt, häufig sehr plump. Viele von uns versuchen, dafür zu sensibilisieren, dass in dieser Frage so viel mehr mitschwingt, dass eine ehrliche Antwort darauf sehr schmerzhaft sein kann. Was muss sich aber gesamtgesellschaftlich ändern?

Ich kann mich kaum an ein Interview in den letzten 30 Jahren erinnern, in dem ich nicht diese K-Frage gestellt bekommen habe. In Interviews, vor der Kamera, in Situationen, in denen ich nicht weglaufen konnte. Aber genauso geht es vielen anderen Frauen auf Partys, am Frühstückstisch, als vermeintliches Smalltalk-Thema. Wir müssen einsehen, dass zum einen eine Schwangerschaft nicht das Natürlichste der Welt ist, sondern immer noch ein Sechser im Lotto, ein Geschenk. Wir müssen den Druck von Frauen nehmen, dass sie in dieser Richtung zu funktionieren haben. 

Wir müssen aufhören, ihnen das Gefühl zu geben, dass etwas mit ihnen nicht richtig ist, wenn sie keine Mutter sind, ob freiwillig oder unfreiwillig. Jede Entscheidung, in welche Richtung auch immer, ist die persönlichste und wichtigste Entscheidung, die eine Frau in ihrem Leben fällen kann. Es ist ihre Entscheidung, ihr Weg. Und niemand von außen hat darüber zu urteilen.

Du sprichst davon, dass sich seit deinem „Loslaufen“, dem Beginn deiner Kinderwunsch-Reise im Jahr 2015, einiges zum Besseren verändert hat. Heute, zehn Jahre später, ist es etwas einfacher geworden, sich seinen Kinderwunsch auch als Solo-Mutter zu erfüllen. Wo siehst du nach wie vor die größten Hürden für jemanden, der ein Kind bekommen möchte und Unterstützung dafür benötigt?

Dass es mittlerweile möglich ist, sich als Frau in Deutschland behandeln zu lassen, wenn man sich für den Weg der Solomutterschaft entschieden hat, ist ein großer Meilenstein. Eine große Belastung fällt für die Frauen heute weg. Sie müssen nicht ins Ausland ausweichen, hohe Kosten müssen nicht getragen werden für Reise, Unterkunft und vieles mehr. Aber es fehlt immer noch an jeglicher finanzieller Unterstützung, wenn man als Frau sich für diesen Weg entscheidet. Die Krankenkassen beteiligen sich an der Kinderwunsch-Reise … Aber nur, wenn die Frau verheiratet ist oder bei einigen Kassen reicht es auch, in einer festen Partnerschaft zu sein. Eine Solo-Mutter wird nicht unterstützt. Und da frage ich mich: Warum bezahlt diese Frau nicht jahrelang genau dieselben Beiträge wie die verheirateten Frauen neben ihr?

Nova Meierhenrich: Buch Lebensschlenker© PR
Das Buch "Lebensschlenker" von Nova Meierhenrich ist bei Ullstein erhältlich – hier

Nova: "Das war zwischenzeitlich wirklich schwer"

Was würdest du der Nova aus 2015, die am Anfang ihrer Kinderwunsch-Reise steht, gerne sagen, wenn du die Möglichkeit hättest?

Lauf los, sammle Kraft, aber geh deinen Weg. Es ist dein Traum, dein Weg, und es ist es wert, ihn auszuprobieren. Bereuen wirst du nur die Dinge, die du nicht versuchst.

Du hast – aus Angst vor einem Leak an die Presse – deine Kinderwunschbehandlungen für dich behalten. Wie schwer war es, gerade auch die Rückschläge mit dir selbst zu vereinbaren?

Das war zwischenzeitlich wirklich schwer. Es gab Momente, da hätte ich mir gewünscht, dass jemand meine Hand hält oder bei mir im Krankenhaus ist. Aber ich habe mich bewusst für diesen Weg alleine entschieden, und ich kann niemanden dafür verantwortlich machen. Von daher ist es gut so, wie es ist. Schlimmer hätte ich gefunden, wenn mein Kind aus der Presse erfahren hätte, wie es entstanden ist. Denn diesen Weg, diese Geschichte wollte ich ihm selbst erzählen und es dann meinem Kind überlassen, wie es mit dieser Information umgeht. Daher war alles genauso, wie es war, richtig.

Was bedeutet heute für dich Glücklichsein?

Im Moment sein. Nicht mehr ganz so viele Pläne machen. In meinem Beruf arbeiten zu dürfen, in der Erde meines Schrebergartens buddeln zu können, mit meinem Van ans Meer zu fahren. Wann immer ich möchte. Neben dem Mann neben mir aufzuwachen und mit unserem kleinen Welpen über die Wiesen zu toben. Ein gutes Glas Wein bei Sonnenuntergang am Meer. Es braucht nicht viel.

Nova Meierhenrich und ihr Freund Brian Bojsen© Foto: Getty Images/Tristar Media / Kontributor
Nova Meierhenrich ist heute mit ihrem Freund, dem dänischen Koch Brian Bojsen, glücklich. 

Liebe Nova, vielen Dank für das Gespräch.