Haben Power-Paare schlechten Sex?

Haben Power-Paare schlechten Sex?

Erfolgreiche Frauen suchen sich auch erfolgreiche Männer. Aber ist so viel Gleichheit auch gut im Bett? Dort entfachen ja eigentlich erst die Gegensätze das Feuer. Wir sagen Ihnen, wie die Emanzipation unser Liebesleben verändert hat.

Frau zieht Mann an Kravatte© BDLM/cultura/Corbis
Frau zieht Mann an Kravatte

So wollten wir es ja immer haben! Auf unseren Visitenkarten prangt der gleiche akademische Titel wie bei den Männern, auf den Kontoauszügen ein ähnliches Gehalt. Wir führen Gespräche darüber, wer die Elternzeit beantragt, die Waschmaschine können wir selbst anschließen. Jeder kann alles, jeder macht alles. Teamwork eben. Und während wir Schulter an Schulter durchs Leben schreiten, merken wir plötzlich, dass da niemand mehr ist, zu dem wir aufschauen, den wir bewundern können. Keine starken Arme fangen uns auf, wenn wir mal straucheln, weil wir selber so stark sind. Das klingt schön und schrecklich zugleich. Plötzlich feilen wir nämlich bis spät in die Nacht an Projekten, während Schatzi in Schürze den Wirsing blanchiert. Männer und Frauen werden sich einfach immer ähnlicher – das ist gut für eine faire Partnerschaft. Aber auch für den Sex? Schließlich nährt sich Leidenschaft aus dem Unbekannten, den Gegensätzen. Und seit dem Physikunterricht in der Schule wissen wir: Gleiche Pole ziehen sich nicht an. Sie stoßen sich ab. Mit seinem Ebenbild durch die Laken zu toben, das ist nicht wirklich reizvoll.

Emanzipation im Zwiespalt

Fragt man einmal nach, findet immerhin mehr als die Hälfte der Frauen einen Mann sexuell besonders attraktiv, wenn dieser mehr Geld, Macht und Einfluss hat als sie selbst. Das ergab eine exklusive Umfrage des Seitensprungportals Ashley Madison für PETRA. Gleichberechtigung wollen wir offenbar bei der Gehaltsverhandlung, aber nicht im Bett. Diesen Zwiespalt der emanzipierten Frau beschreibt der Soziologe Rüdiger Peuckert in seinem Buch „Das Leben der Geschlechter“ (Campus, 204 S., 29,90 €) wie folgt: „Frauen befinden sich heute in einer widersprüchlichen Situation, denn den einheitlichen weiblichen Lebensentwurf gibt es nicht mehr. Frauen betonen einerseits verstärkt ihre Freiheit und Unabhängigkeit, können sich aber andererseits nicht völlig von den traditionellen Rollenvorstellungen lösen.“ Und das Schlafzimmer ist (hoffentlich) der einzige Ort, an dem wir uns diese verstaubten Rollenbilder wieder herbeiwünschen. Das bestätigt auch eine andere Umfrage von Ashley Madison: Fast jede fünfte Frau sehnt sich danach, im Bett dominiert zu werden. Dort wollen wir nicht den Takt vorgeben, sondern uns leiten lassen, weich werden, Frau sein. Dafür brauchen wir einen aggressiven Mann, der sich nimmt, was er will und nicht erst nett fragt, ob er vielleicht noch ein Kissen für den Nacken reichen soll.

Der "neue" Mann

Unter der Woche sollen Männer also die Hälfte der Kohle verdienen, am Wochenende die Fenster mit Mikrofaser polieren, abends Heinrich Heine rezitieren und nachts martialisch mit den Muskeln spielen. Ganz schön viel verlangt. Welcher Mann soll das alles auf die Kette bekommen? Eins dürfen wir nämlich nicht vergessen: Die Gleichberechtigung hat nicht nur uns verändert, sondern auch die soziale Rolle unserer Partner infrage gestellt. Seit jeher definierten sie sich als Ernährer der Familie. Nun müssen sie umdenken: „In Zeiten der Emanzipation ist immer häufiger vom Neuen Mann und vom Neuen Vater die Rede, der sich egalitär an den täglich anfallenden Hausarbeiten beteiligt und sich intensiv um die Kinder kümmert, während ihn die Partnerin hinsichtlich Bildung, Beruf und Einkommen häufig überflügelt“, schreibt Peuckert.

Männer wollen Männlichkeit behalten

Gut für das männliche Ego ist diese Entwicklung nicht. „Den Männern fällt es schwer, ihre Selbstachtung zu wahren; sie wollen nicht als Loser dastehen“, so der Soziologe. Wenn Männer bereits im Alltag an ihrer Männlichkeit zweifeln, können sie im Bett erst recht nicht führen. Frank Mielke ist Sexualtherapeut und kümmert sich in seiner Praxis in Hamburg um Männer, die sprichwörtlich den Schwanz einziehen: „Viele meiner männlichen Patienten fühlen sich überfordert und haben ein Problem mit ihrer sexuellen Selbstsicherheit. Sie sind nicht mehr stolz auf ihre Männlichkeit, können sich nicht mehr gehen lassen, aus Angst, ihre Partnerin zu verletzen. Den Satz: ,Dominant sein? Nein, dass machen gute Männer nicht‘, höre ich oft.“ Wundern dürfen wir uns eigentlich nicht, schließlich strafen wir doch sonst jedes herrische Verhalten sofort ab. Es klingt paradox, aber ganz offensichtlich haben wir Frauen unsere Partner entmannt, und zwar genau an dem Ort, an dem wir sie uns sehr viel männlicher wünschen. Raus aus der Misere kommen wir nur, wenn wir den Gender-Wahnsinn aus unseren Betten verbannen. Und uns bewusst machen, dass wir biologisch nun mal nicht gleich sind. „Männer tragen ihr Geschlechtsteil außerhalb des Körpers, deshalb ist es ganz natürlich, dass sie dominanter agieren“, sagt Mielke. Das soll natürlich nicht heißen, dass er uns nun an den Haaren ins Schlafzimmer zerren darf. Es geht darum, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu zelebrieren, anstatt sie zu verneinen. „Männer sollten sich bewusst machen, dass sie sexuell etwas zu bieten haben, was Frauen genießen können. Das schafft Selbstvertrauen“, sagt Mielke, „Das Bett ist schließlich genau der Ort, an dem sie typisches männliches Dominanzverhalten ausleben können.“

Die Rolle der Frau

Wir Frauen können auch etwas tun, nämlich klar sagen, was uns sexuell fehlt. Wenn wir erwarten, dass Männer intuitiv wissen, was wir wollen, bleiben wir ewig unbefriedigt. Aber wir müssen uns auch eingestehen: Den rohen Krieger mit Waschbrettbauch und Lendenschurz gibt es vielleicht noch irgendwo auf dieser Welt. Aber ganz sicher nicht in Kombination mit Hochschulabschluss und Bausparvertrag. Manche Dinge spielen sich eben nur in unserer Fantasie ab. Eine gut ausgestattete DVD-Kollektion von „Conan der Barbar“ im Schrank kann dann jedenfalls nicht schaden.
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