
Redakteur: Magdalena, kannst du uns eingangs kurz zusammenfassen, was man unter emotionaler Intelligenz eigentlich versteht?
Magdalena Miedl: Emotionale Intelligenz klingt auf den ersten Blick wie ein schickes Buzzword. Aber wenn du mal darüber nachdenkst, merkst du schnell: Sie steckt überall drin. Ob bei der Arbeit, im Freundeskreis oder in der Familie – Menschen mit hohem EQ sind die, die den Unterschied machen. Du hast bestimmt schon mal jemanden getroffen, der Konflikte entschärfen kann, ohne dabei laut zu werden. So eine Person bleibt dir im Kopf, oder? Sie hört wirklich zu, bleibt in schwierigen Momenten ruhig und strahlt etwas aus, das du einfach nur bewundern kannst. Emotionale Intelligenz bedeutet demnach Empathie und aufrichtiges Einfühlungsvermögen.
Redakteur: Wieso ist denn EQ gerade heutzutage so wichtig, wie du immer betonst?
Magdalena Miedl: Die Digitalisierung schreitet voran, und KI wird immer smarter. Aber sind wir ehrlich: Kein Algorithmus der Welt wird je echtes Mitgefühl simulieren können. Genau hier liegt unsere Chance. Emotionale Intelligenz macht uns einzigartig – und sie ist heute wichtiger denn je. Nicht nur im Job, sondern auch in einer Welt, die sich ständig ändert. Teamarbeit kann herausfordernd sein. Missverständnisse, Spannungen, Meinungsverschiedenheiten – das volle Programm. Aber: Menschen mit hohem EQ spüren, wenn die Stimmung kippt, und lenken sie zurück auf den richtigen Weg. Ein einfacher Satz wie "Wie können wir das gemeinsam besser hinbekommen in Zukunft?" wirkt manchmal Wunder.
Redakteur: Was macht eine gute Führungsperson deiner Meinung nach aus? Natürlich in Hinsicht auf den Umgang mit EQ.
Magdalena Miedl: Was macht einen guten Chef aus? Nein, nicht nur Zahlen. Ein wirklich guter Chef versteht sein Team, motiviert und inspiriert. Empathie als Führungstool schafft starke Mitarbeiterbindungen und fördert eine gesunde Arbeitskultur.
Redakteur: Kannst du konkrete Beispiele nennen?
Magdalena Miedl: Ein konkretes Beispiel ist die Teamarbeit am Arbeitsplatz. Bei der Arbeit gibt es häufig Konflikte. Menschen haben unterschiedliche Hintergründe, Ziele, Meinungen und Stile. Um Konflikte konstruktiv zu bewältigen, muss man seine Empathie-Fähigkeiten einsetzen, um die Ursachen, die damit verbundenen Gefühle und die möglichen Lösungen zu verstehen. Hier ist die EI die Superpower und gleichzeitig Königsdisziplin von Führungskräften das Team positiv zu beeinflussen. Die gute Nachricht ist, dass positive Emotionen ansteckend sind. Kultiviere sie, in dem du gute Laune verbreitest, Dankbarkeit übst und Achtsamkeit pflegst. Durch Respekt und Diplomatie kann man Konflikte entschärfen oder gar vermeiden und gewinnbringende Beziehungen aufbauen.
Redakteur: Du meintest in unserem Vorgespräch, dass emotionale Intelligenz Kreativität fördert. Was können wir uns darunter vorstellen?
Magdalena Miedl: Emotionale Intelligenz fördert Kreativität und auch umgekehrt. Warum? Weil sie eine Umgebung schafft, in der Fehler toleriert werden. Und genau diese Freiheit braucht es, um große Ideen zu entwickeln. Menschen mit hohem EQ bauen diese Atmosphäre auf.
Redakteur: Der Einzug von KI am Arbeitsplatz vieler Menschen hat sich vor allem durch Chatbots zuletzt stark gezeigt. Welchen Einfluss hat das auf die EQ?
Magdalena Miedl: KI kann vieles: Daten analysieren, Prozesse optimieren, Vorhersagen treffen. Aber eins wird sie nie können: echte, reale Verbindungen schaffen. Als Beispiel hierfür nenne ich gerne den Umgang mit Kunden. Ist ein Klient verärgert, ist es wichtig, sich seinem Anliegen anzunehmen und Verständnis zu zeigen. Ein KI gesteuerter Chatbot reagiert in diesem Fall oft kalt oder vorprogrammiert wie: "Tut mir leid, könnten Sie Ihre Anfrage wiederholen?".
Die Gefahr ist außerdem, dass wir unsere Superkraft – ja, genau: Emotionale Intelligenz – verlernen könnten. Chats statt Gespräche, Emojis statt Gefühle. Die Digitalisierung nimmt uns nicht nur Arbeit ab, sie entzieht uns auch ein Stück Menschlichkeit. Und das dürfen wir nicht zulassen.
Redakteur: Viele sind der Meinung, dass der einfache Zugang von Chatbots, die vermeintlich alle Probleme lösen können, echte persönliche Konsultation und wie du sagst persönliche Gespräche oder allenfalls Telefonate noch viel seltener machen als sie ohnehin schon sind. Würdest du zustimmen?
Magdalena Miedl: Das ist leider so. Sind wir mal ehrlich-kein Mensch mag Chatbots! Unterschätze nie die Power eines persönlichen Gespräches!
Redakteur: Magdalena, wenn du eine Prognose wagen müsstest: stehen wir in 20 Jahren nach der KI-Revolution und anderen Trends besser oder schlechter da, bezogen auf die Fähigkeiten von Mitarbeitern, EQ zu entwickeln und Führungskräften, EQ zu fördern?
Magdalena Miedl: Ich kann leider nicht in die Glaskugel schauen und für einen derart langen Zeitraum voraussagen, wie es sein wird. Ich möchte aber immer positiv bleiben. Das wichtigste meines Erachtens ist, dass wir anfangen unsere Menschlichkeit zu bewahren und sie als Wert hochhalten. Wenn die Gesellschaft hier einen Schwerpunkt setzt, könnte das zukünftige Zusammenspiel KI & EI sicherlich spannend werden.
Redakteur: Magdalena, wie kann man denn EQ trainieren?
Magdalena Miedl: Zunächst einmal die guten Nachrichten: Ja, man kann sie trainieren! Hier ein paar Tipps, die du sofort ausprobieren kannst.
Aktives Zuhören: Wann hast du das letzte Mal jemandem wirklich zugehört? Nicht nur "Mhm" gesagt, sondern wirklich versucht zu verstehen, was die Person meint? Probiere es mal aus. Du wirst erstaunt sein, wie sehr sich Gespräche dadurch verändern.
Empathie üben: Wie lernt man EQ? Nehme zuerst deine eigenen Gefühle wahr. Wie zeigst du deine Gefühle nach außen und was triggert dich in gewissen Situationen? Wenn du deine persönlichen Emotionen kennenlernst, wird es dir leichter fallen, dein Gegenüber zu verstehen. Ein weiterer wichtiger Punkt meines Erachtens ist das Weglassen von Vorurteilen. Das ist schwer, aber es geht. Versuche offen, positiv und ohne Schubladendenken auf andere Personen zuzugehen. Nicht zuletzt versuche dein Gegenüber besser zu verstehen. Gerne gebe ich dir hier ein paar Fragen für dein Gegenüber zur Hand, mit denen dir das besser gelingt: "Warum machst du das so?" – "Warum ist dir das wichtig?" – "Wie triffst du deine Entscheidungen?".
Selbstreflexion: Warum hast du gestern so genervt reagiert? Oder warum warst du heute so entspannt? Sich selbst zu hinterfragen, ändert alles. Du lernst nicht nur mehr über dich, sondern wirst auch ausgeglichener.
Feedback annehmen: "Oh, Danke für dein ehrliches Feedback!" Wann hast du das zuletzt gesagt? Falls nie: Probiere es gerne aus.
Pausen machen: Wann hast du das letzte Mal wirklich Pause gemacht? Laptop zu, Handy weg, einfach mal durchatmen. Menschen mit hohem EQ wissen, wann sie den Stecker ziehen müssen. Just Breathe!
Redakteur: Du hast mit deiner Meinung, EQ als Schulfach einzuführen oder zumindest in den Lehrplan aufzunehmen, für Aufsehen gesorgt. Wie ernst war das gemeint?
Magdalena Miedl: Stell dir vor, wir würden emotionale Intelligenz in der Schule lehren. Wie wäre das? Nicht nur Mathematik und Deutsch, sondern auch: "Wie fühlt sich dein Nachbar?" Klingt vielleicht kitschig, wäre aber der Anfang von etwas Großem und in meinen Augen essentiell für die Zukunft. Wir brauchen eine bewusste und ethisch sensibilisierte Interaktion mit IT-Programmen und digitalen Informationen. Um diese zu gewährleisten, müssen wir die Kontrolle über unsere Technologien behalten und unsere Mitmenschlichkeit achten und bewahren.
Daraus ergibt sich meiner Meinung nach eine neue Seite der Medienkompetenz: wir müssen unsere Menschlichkeit verstehen und uns unserer Gefühle und unseres Handelns bewusstwerden, wenn wir mit digitalen Technologien arbeiten. EQ macht nicht nur dein Leben besser, sondern auch die Gesellschaft.
Und für uns Erwachsene? Workshops, Seminare oder einfach mal ein offenes Gespräch können Wunder wirken. Manchmal reicht es schon, sich daran zu erinnern, dass wir, um es mit den Worten meiner Sporttrainerin zusagen "auch nur Mensch sind" – mit Hoffnungen, Ängsten und Träumen. We are all just humans – and that's a good thing!
Redakteur: Ein großartiges Schlusswort. Vielen Dank Magdalena für deine Ausführungen!
Magdalena Miedl: Gerne, vielen Dank für die Einladung.