Headhunt me - Stell mich ein!

Headhunt me - Stell mich ein!

Annette Kinnear machte sich vor Jahren einen Namen als Headhunterin und schrieb darüber sogar ein Buch. Wir führten ein sehr spannendes Interview mit ihr über alles, was man über das Headhunting wissen sollte. Konkrete Tipps verhelfen Ihnen schneller als Sie denken zu Ihrem Traumjob!

Businessfrau springt© iStockphoto / Thinkstock
Businessfrau springt

Aufopferungsvoll nehmen wir Überstunden in Kauf, erledigen nervtötende Sachen, die gar nicht Teil unseres Jobs sind, und schalten auf Durchzug, wenn der Chef mal wieder tobt. Das alles tun wir nett lächelnd, denn im Moment haben wir keine Alternative. Oder doch? Im TV heißt das Castingshow, im Job Headhunting. Und im Zeitalter des Headhuntings wird man entdeckt. Nur wie, bitte, stellt man das an? Wir sprachen mit dem Headhunter Jürgen Siebert, 50, dem Researcher Fabian Wiencke, 35 (Gründer von „Wiencke Personnel Research“), und der Branchenkennerin und Buchautorin Annette Kinnear, 51 („Headhunting“). Drei, die es wissen müssen, verraten uns hier, wie eine neue Herausforderung mit Spaß und Spitzengehalt vielleicht auch morgen bei Ihnen anklingelt.

1. SAG JA ZU SOCIAL MEDIA – DIESE NETZWERKE SOLLTEN SIE BESUCHEN

Schreiben Sie sich das Wort „Sichtbarkeit“ groß hinter die Ohren, denn ohne Präsenz im Web muss ein Headhunter Sie suchen wie ein Privatdetektiv. Um entdeckt zu werden, sollte man sich möglichst öffentlich und, ja, pompös zur Schau stellen. Im Zeitalter von Social Media schauen die Job-Kopfjäger eben auch zuerst ins Netz. Das weiß Researcher Fabian Wiencke und empfiehlt Folgendes: „Gehen Sie zu XING, LinkedIn, Experteer und Placement24. Das ist unsere erste Wahl bei der Suche. Will man entdeckt werden, ist das Pflegen seiner Onlinedaten Pflicht!“ Bild, Lebenslauf, Zeugnisse, Zertifikate nützen nichts, wenn sie 2009 das letzte Mal aktualisiert worden sind. Hier erfahren Sie alles zum Thema Soziale Netzwerke im Internet.

2.THINK BIG! – SO PERFEKTIONIEREN SIE IHREN INTERNETAUFTRITT

Liebe auf den ersten Blick? Das gibt es auch beim Headhunting. Schließlich soll Ihr Internetauftritt sofort überzeugen. Jürgen Siebert sagt: „Zeigen Sie ganz klar Ihre Stärken! Was zeichnet Sie aus? Was können Sie vorweisen?“ Tipps vom Researcher: „Heben Sie sich von der Masse ab, umschmücken Sie Ihren Lebenslauf mit allen Zeugnissen, relevanten Informationen und unbedingt mit einem Business-Foto vom Profi.“ Haben Sie Mut zum Strebertum: Ist Ihr Abschluss super, schreiben Sie die Note auch hin!

3. LOSLEGEN! – VON INITIATIV-BEWERBUNGEN BIS TELEFONTERROR

Eine angemessene Aufdringlichkeit ist der neue Chic! Werden Sie aktiv und packen Sie die Gelegenheit beim Schopf. Welche Firma fanden Sie schon immer toll? Gehen Sie selbst auf die Jagd und rufen Sie einfach an, am besten auf privatem Wege. Fabian Wiencke rät, den Kontakt über berufliche Netzwerke aufzubauen. Doch wir bitten um Vorsicht! Auch Chefs sind keine Fans von penetranter Aufdringlichkeit. Das Interesse sollte freundlich und dezent ausgedrückt werden. Beweisen Sie Fingerspitzengefühl, flattern Ihre Unterlagen vielleicht direkt auf den Tisch des Personalchefs. Ist Ihnen das zu heiß, können Sie sich direkt in Headhunter-Datenbanken einschreiben. Dort vermerkt, werden Sie bei passenden Jobs auf jeden Fall durchgecheckt. „Fast alle Research-Firmen führen Datenbanken“, verrät uns Annette Kinnear. Na dann, bonne chance! Headhunter für Ihren Bereich können Sie einfach googeln. Suche: Branche, Stadt, Headhunter. Extra-Tipp: So schreiben SIe die perfekte Bewerbung.

4. BE PROFESSIONAL – KONTAKTE, KONTAKTE, KONTAKTE!

Auch das Headhunting lebt vom Vitamin B. Nichts ist wichtiger als gute Connections zu den richtigen Leuten. „Wir Headhunter“, erklärt Annette Kinnear, „sind auf jeder Berufsmesse präsent.“ Strecken Sie geschickt Ihre Kontaktfühler aus! Stellen Sie sich nicht nur den Chefs der Vermittlungen vor, denn auch ihre Assistenten können Ihnen zum entscheidenden Sprung verhelfen. Headhunter nutzen nämlich auch ihre eigenen Branchennetzwerke. Ein gutes Tool sind auch die aktuellen Kollegen: Erhält Ihr Büronachbar ein Angebot, das er ablehnt, nennt er vielleicht Ihren Namen, weil er Sie und Ihre Arbeit schätzt.

5. PIMP YOUR VITA – ALLES ÜBER ZUSATZQUALIFIKATIONEN UND FACHARTIKEL

„Setzen Sie sich öffentlichkeitswirksam in Szene, zum Beispiel mit Vorträgen“, rät Jürgen Siebert. „Sie können vielleicht vor Entscheidern Ihrer Branche einen spannenden Vortrag halten, damit persönlich glänzen und Ihren Lebenslauf erweitern.“ Sie sind nicht die große Rednerin? Dann melden Sie sich als Teilnehmerin an und setzen Sie auf Small Talk in den Teepausen. Beim netten Pausenplausch lernt man die Insider der eigenen Branche sowieso am besten kennen! Auch besuchte Fortbildungen und Zusatzqualifikationen verschönern jede werbende Vita. Für toughe, schreibwütige Business-Profis lautet die Empfehlung: Veröffentlichen Sie Fachartikel. Denn wer von Google gefunden wird, den spürt auch ein Researcher auf.

6. BITTE IMMER SCHÖN FREUNDLICH – DER RICHTIGE UMGANG MIT HEADHUNTERN

Wenn auf Ihrem Display eine unbekannte Nummer aufleuchtet, gehen Sie bloß ran! Denn neben lästigen Vertretern melden sich auch Headhunter per Telefon. Wenn dann tatsächlich ein neuer Job winkt, nicht in Panik geraten! Profis bleiben immer cool. Und nicht vergessen: Professionell ist, wer sich klar äußert. Buchautorin Kinnear: „Selbst wenn der Job nicht passt, geben Sie sich offen und fair und sagen Sie klipp und klar, was Sie erwarten, so wird Sie der Headhunter im Hinterkopf behalten.“ Wir merken uns: Netten Menschen hilft man immer gern.

7. GEDULDSFRAGE – SELTENER IST MEHR

Wir bitten um Contenance! Headhunter betreiben keine Jobbörse. Es kann also dauern, bis sich ein Idealangebot für Sie ergibt. Klingeln Sie bei Personalberatern Sturm, landen Sie bald auf der „No-go“-Liste. Erkundigen Sie sich ruhig nach neuen Jobangeboten, aber bitte nicht zweimal pro Woche! Lehnen Sie sich lieber zurück, denn wie schon Konfuzius zu sagen pflegte: In der Ruhe liegt die Kraft.

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Was Sie schon immer über Headhunting wissen wollten!

Sie arbeitete jahrelang in einer Branche, um die sich viele Geheimnisse ranken: Annette Kinnear, 51, ist Headhunterin. Als Managing Director bei der DAV Professional Placement Group, hat sie sich international auf die Suche nach neuen Gesichtern gemacht. Gestrandet in Südafrika, arbeitet sie zurzeit als Karrierecoach und Buchautorin („Headhunting“, Schwarzkopf & Schwarzkopf, um 10 Euro, 259 Seiten). Höchste Zeit für ein humorvolles Buch über viele Jahre Erfahrungen in dieser für viele undurchsichtigen Branche zu schreiben. Wir kitzelten aus ihr heraus, was man über Headhunting wissen sollte. (annettekinnear.de)

petra: Was verrät uns garantiert kein Headhunter über das Headhunting?
Anette Kinnear: Die meisten würden wohl noch nicht mal genau erklären, wie es abläuft. Alles beginnt damit, dass wir einen Kunden werben müssen. Nur in seltenen Fällen kommen im Aufbaustadium Firmen aktiv auf uns zu. Haben wir einen Auftrag erhalten, erstellen wir in Kooperation mit dem Unternehmen ein Profil, welches möglichst genau die Tätigkeitsfelder und die soziale Kompetenz des perfekten Kandidaten beschreiben sollte. Sie können auch eine bestimmte Firma nennen, in welcher tolle Arbeitskräfte tätig sind, die abgeworben werden sollen. Liegt dieses Profil vor, kommt der Researcher ins Spiel. Ein Researcher ist als Dienstleister für seriöse Headhunter tätig. Er unterstützt uns bei der Suche nach möglichen Kandidaten. Researcher werden gebrieft und suchen dann intensiv nach neuen Gesichtern. Nach getaner Arbeit legen sie den Headhuntern fünf bis zehn Lebensläufe vor. Der Job des Headhunters ist es dann, aus den vorgelegten Lebensläufen die besten zwei bis fünf herauszufiltern. Der vom Headhunter ausgewählte Favorit wird dann dem suchenden Unternehmen vorgestellt. Dann heißt es Daumen drücken und hoffen, dass die Firma von dem Kandidaten mindestens genauso angetan ist.

Spannend, sie werben also per Auftrag bei der Konkurrenz ab?
Ja, das passiert gar nicht so selten. Um nicht den Ruf zu gefährden, lassen die Firmen diese Art des Headhuntings über uns laufen. Manchmal haben wir dabei sogar Erfolg!

Wo finden Sie die Kandidaten? Was sind Ihre Quellen?
Natürlich hat man sich als Headhunter ein eigenes Netzwerk aufgebaut, aus dem man schöpft. Schließlich kann sich jeder bei uns direkt initiativ bewerben. Man schickt seine Unterlagen zu relevanten Headhunterfirmen. Diese kann jeder via Google einfach herausfinden. Dann werden die persönlichen Unterlagen in der Datenbank abgespeichert, die wir natürlich regelmäßig prüfen. Erfahrene Headhunter suchen neben direkten Konkurrenten auch bei Partnern, zum Beispiel bei Unternehmen, die die suchende Firma beliefern. Researcher nutzen natürlich auch soziale Netzwerke wie Xing, LinkedIn und Experteer. Wenn die Suche niemanden Geeigneten ausspuckt, wird Kaltakquise betrieben!

Sie könnten also morgen auch mich ohne Vorwarnung einfach im Büro anrufen?
Genau! Bei der Kaltakquise geht es um Fingerspitzengefühl. Da werden relevante Unternehmen telefonisch kontaktiert und man versucht durch einfaches Durchfragen Namen von den Branchenspezialisten im Hause zu erhalten. Diese werden dann angerufen!

Daher also Ihr treffender Titel „Bitte husten Sie, falls Ihr Chef mithört!“ Worauf muss ich denn sonst noch achten, wenn ich plötzlich einen Headhunter an der Strippe habe?
Wenn grundsätzliches Interesse besteht, sollte man kooperativ sein! Verkaufen Sie sich gut, stellen Sie ruhig viele Fragen, haben Sie Vertrauen und respektieren Sie eine gewisse Distanz. Headhunter geben nur wenig Infos über die Firma preis, in deren Auftrag gesucht wird. Denn viele Arbeitgeber wollen nicht, dass freie Stellen öffentlich bekannt gegeben werden. Außerdem dient diese Distanz auch dem Schutz des Kandidaten.

Zu Ihrem Job gehört sehr gute Menschenkenntnis. In welchen Schritten unterscheiden Sie zwischen potenziellen, fähigen Kandidaten und für das jeweilige Jobangebot ungeeigneten Arbeitnehmer?
Sobald uns der Researcher die Lebensläufe der herausgefilterten Personen vorlegt, sieht man sich diese chronologisch an. Ich fange ganz gründlich schon beim Studium oder bei der Lehre an. Was war der erste Einstieg? Wie hat sich seine Karriere entwickelt? Wie hat sich die Karriere aufgebaut? Ist die Person bereits innerbetrieblich aufgestiegen? Wenn nicht, hat er dies vielleicht über einen Jobwechsel erreicht? Wenn er nicht aufgestiegen ist, ist das überhaupt nicht schlimm. Der Kandidat sollte auf jeden Fall eine gewisse Stabilität aufweisen. Bei sprunghaften Kandidaten, die über einen jahrelangen Trend den Beruf wechseln oder abbrechen, laufen Headhunter Gefahr, dass sich der Trend für die folgenden Jobs fortsetzt. Und das wollen wir natürlich für unsere Kunden nicht. Dennoch kann man nicht alle über einen Kamm scheren und muss sich hüten, zu voreilig zu handeln. Sprunghafte Kandidaten müssen nicht „schlecht“ sein, sie sind oft sehr gut in ihrem Terrain. Das große Geheimnis des Headhuntings ist es, genau das zu erkennen.

In Ihren Gesprächen mit den Kandidaten beziehen Sie viele psychologische Mittel mit ein. Was ist denn Ihre stärkste Waffe?
Zuhören ist das Zauberwort. Wenig sprechen, zuhören! Ich versuche den Kandidaten zum Reden zu bringen und ziehe daraus meine Schlüsse. Diese behalte ich selbstverständlich für mich, aber leite mir ab, welche Ziele dieser Kandidat genau verfolgt. Außerdem ist man in diesen Prozess sehr stark emotional eingebunden. Man erreicht Menschen am stärksten durch Emotionen. Neben Fakten muss ich auch Sympathie und Vertrauenswürdigkeit ausstrahlen, um meinen Kandidaten zu überzeugen. Das Verhältnis zu den Auserwählten lebt von gegenseitigem Vertrauen. Fühlt sich ein Kandidat nicht wohl, wird er sich auch nicht für das Angebot entscheiden.

Auch unter den Headhuntern gibt es bekanntlich schwarze Schafe. Um Kandidaten zu testen hört man da schon mal so Aussagen wie: „Sie sind ja auch ein Scheidungskind!“. Wie sollte man mit solchen Psychospielchen umgehen?
Da sträuben sich mir die Haare! Diese Menschen ruinieren den Ruf aller Headhunter. Gehen Sie am besten gar nicht auf solche Leute ein, selbst wenn er Ihnen das perfekte Jobangebot unterbreitet. Denn Sie können nie wissen, wie er, nach einer solchen Aussage, mit Ihren vertraulichen Daten umgeht. Oder was er dem suchenden Unternehmen über Sie erzählt. Ich würde das Gespräch sofort beenden.

Gibt es im Rahmen Ihrer Arbeit als Headhunter auch rechtliche Grenzen?
Ja, sehr viele sogar. Die wichtigste ist die der ersten Ansprache. Ich versuche, die Personen auf privatem Wege zu kontaktieren, dies ist aber nicht immer möglich. Was man immer findet sind betriebliche Kontakte. Den Headhuntern ist es gestattet, einen kurzen Anruf auf betrieblichem Weg zu tätigen. Dann muss schnell ein Termin außerhalb der Arbeitszeit ausgemacht werden und private Daten müssen ausgetauscht werden. Das erklärt, weshalb man in unserer Branche bis spätabends im Büro sitzen muss. Die meisten verabreden sich nach der Arbeit ab 18:00 Uhr, oder sogar am Wochenende.

Hat sich in Ihrer jahrelangen Erfahrung ein Beuteschema herauskristallisiert? Was wird denn besonders gerne und oft gesucht?
Vorrangig wird Headhunting in der Finanz- und Ingenieursbranche betrieben, da dort ein großer Fachkräftemangel herrscht. Es gibt jedoch keine bevorzugten Personengruppen. Ein Firmenkunde würde sich hüten, ein Wunschalter oder Geschlecht anzugeben und ein Headhunter würde solch eine Frage nie stellen. Der Arbeitgeber möchte die fähigste Person für eine bestimmte Arbeitsstelle finden, die dank ihrer technischen und sozialen Fähigkeiten überzeugt. Obwohl man sagen muss, dass Frauen im Industriezweig heiß begehrt sind.

Abschließend interessieren wir uns für Ihre Top-Tipps! Was müssen wir beachten, damit dem Aufstieg nichts mehr im Wege steht?
Wenn Sie angesprochen werden, versuchen Sie Ihre Vorteile herauszustellen. Halten Sie sich Headhunter warm. Vielleicht sind Sie morgen oder in einigen Jahren auf denjenigen angewiesen. Wichtig ist auch, dass Sie sich schon ein kleines Netzwerk aufgebaut haben. Wenn Sie schlechte Erfahrungen mit Headhunting gemacht haben, blenden Sie dies bei dem nächsten Kontakt mit einem Personalberater bitte aus. Ein neues Gespräch, ein neuer Versuch und neues Glück! Besonders wichtig ist mir, dass Sie bitte ehrlich und möglichst früh sagen, wenn Sie kein Interesse haben. Die Recherche ist ein zeitaufwendiger und kraftraubender Prozess. Wenn Sie direkt mit der Wahrheit herausrücken und dem Headhunter keine Zeit rauben, wird er Sie als möglichen Kandidaten für weitere Angebote im Hinterkopf behalten. Denn wer weiß, vielleicht hat er schon bei seinem nächsten Anruf einen Traumjob für Sie!

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