Girls united! Die neuen Seilschaften

Girls united! Die neuen Seilschaften

Brainstorming im Pool, ein Start-up mit der Freundin, kreative Image-Kampagnen: Frauen erobern die Gründerszene, das Internet und coole Jobs dank einer neuen Art des Netzwerkens.

Girls united© redheadpictures/Cultura/Corbis
Girls united
Eine Überraschungsparty, von der noch Wochen später geschwärmt wird. Eine spontane Spendenaktion unter Facebook-Freunden, die zur grandiosen Charity-Aktion avanciert. Ein schnell gestemmter Zeitplan unter Working Mums, der die Vormittagsbetreuung trotz Schulausfall löst. Hand aufs Herz: Wie oft haben wir uns schon souverän aus einem Schlamassel befördert, Bekannten aus der Bredouille geholfen und private Veranstaltungen auf die Beine gestellt, für die ein Event-Manager ein horrendes Honorar verlangt hätte?

Frauen denken immer, Sie müssten im Job alles alleine schaffen

Frauen sind die geborenen Organisationstalente, leisten fantastische Überzeugungsarbeit und haben nicht selten ein Adressverzeichnis, das dicker als das Auftragsbuch von Beyoncé ist. Nur dass sie es bislang kaum beruflich nutzten. „Frauen denken immer, sie müssten im Job alles allein schaffen“, sagt Sabine Osmanovic, Vizepräsidentin des Frauennetzwerks Business and Professional Women (BPW) Germany. Die öffentliche Meinung impft ihnen ein, dass weibliche Kooperationen im Job von Zickenkrieg und Stutenbissigkeit geprägt seien. Und dass sie sich schon selbst durchboxen müssten, wenn sie es zu etwas bringen wollten. Was fehlt, sind Role Models, also Vorbilder, die uns beweisen, wie viel Frauen gemeinsam erreichen können.
Zum Glück sind solche neuen Bündnisse gerade schwer im Kommen. Wohin man auch schaut – ins Internet, in die internationale Gründerszene, nach Hollywood – überall bilden sich Allianzen von Frauen, die sich gegenseitig unterstützen, inspirieren und beflügeln. Nicht durch bloße Zweckgemeinschaften, sondern durch persönliche Bindungen oder ein gemeinsames Anliegen. Jüngst schlossen sich zum Beispiel 30 deutsche Bloggerinnen zusammen, die es leid waren, in den Kommentarspalten auf ihr Aussehen reduziert zu werden. „#nichtschön“ heißt der Spot, der auf Youtube hunderttausendfach geklickt wurde – und in der die geschäftstüchtigen Frauen jede Menge anderer Attribute fanden, um sich und ihre Arbeit treffender zu beschreiben: „kreativ“ und „begeisterungsfähig“ etwa, „zielstrebig“, „unkonventionell“ und „mutig“. Als Vorbild diente eine Kampagne, die Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg initiierte: Für ihre Non-Profit-Organisation Lean In gewann sie einflussreiche Frauen wie Jennifer Garner, Condoleezza Rice und Jane Lynch, die seit 2014 im Internet unter banbossy.com gemeinsam gegen Rollenklischees kämpfen.
Ihre Message: „I’m not bossy (herrisch), I’m the Boss!“ Ins Rollen kam die Aktion wiederum nur, weil Sandbergs Freundin Marissa Mayer, Vorstandsvorsitzende von Yahoo, dafür warb. Dass Freundinnen über das Privatleben hinaus gemeinsame Sache machen, wird immer beliebter. Stars wie Taylor Swift und Karlie Kloss lassen sich ständig gemeinsam ablichten, um auf die Projekte der jeweils anderen hinzuweisen. Stella McCartney holte sich Gwyneth Paltrow ins Boot, um eine BFF-Kollektion zu kreieren. Und Rita Ora sitzt stets in der Front Row, wenn ihr „Wifey“ Cara läuft – und twittert hinterher darüber.

Frauen netzwerken persönlicher und offener, wenn sie unter sich sind

Aber auch ohne berühmte Freundin rät Nicole Mai, Gründerin des Online-Business-Magazins und der Community „Saal Zwei“ (saalzwei.de) dazu, „wertorientiert“ zu netzwerken: sich also nicht zu drögen Stammtischen zu quälen oder nur auf Xing herumzutreiben, um den nächsten Geschäftsabschluss einzutüten. Sondern Kulturforen, Kunst- oder Sportvereine zu besuchen, die man aktiv mitgestalten möchte und in denen man Menschen mit ähnlichen Koordinaten trifft. „Frauen netzwerken lebhafter, persönlicher und offener, wenn sie unter sich sind“, so Nicole Mai. „Sie schätzen es, sich mit jemandem zu verbünden, der auch sonst auf der gleichen Wellenlänge ist.“ Deshalb existieren mittlerweile auch mehr als 350 Frauennetzwerke in Deutschland (einen Überblick bietet z.B. businessladys.de): für alle Branchen, Regionen und Berufsgruppen, speziell für Working Mums, Führungskräfte oder Quereinsteigerinnen. Die Netzwerke veranstalten Vortragsreihen und Seminare, Ladys Lunches und sogar „Ideentage im Pool“ (suewest.de). Firmen lancieren Female-Leadership-Programme und stellen weiblichen Berufseinsteigern immer öfter Mentorinnen zur Seite. Selbst der negative Touch von Clubs (z. B. Zonta oder Soroptimist, die sich beide schon seit den 30er-Jahren für die Belange berufstätiger Frauen einsetzen) ist passé, weil sich dort weder biedere Ehefrauen noch strickende Altachtundsechzigerinnen treffen, sondern lauter weltoffene Frauen, die der Spaß am Austausch verbindet.
Das Ergebnis dieses neuen, viel netteren Netzwerkens ist übrigens immer öfter ein gemeinsames Start-up: Laut aktueller Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums wird derzeit mehr als jede dritte Firma von Frauenteams gegründet. Und eine Studie von Dell stellt fest, dass Unternehmerinnen sogar erfolgreicher sind und seltener in die Insolvenz gehen als Männer. Die Schwestern Sabrina Schönborn und Laura Gollers etwa bauten 2012 einen Onlineshop für Dessous mit großen Körbchen auf und konnten binnen kürzester Zeit einen internationalen Investor gewinnen. Auch die Freundinnen Andrea Noelle und Annika Busse führten ihre gemeinsame Vision zum Erfolg und gründeten beliya.de. Sie fertigen Handtaschen aus nachhaltigen Materialien und finanzieren damit die Schulgebühren für Kinder in Entwicklungsländern. Chapeau!
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