So funktionieren Fruchtbarkeits-Tracker

So funktionieren Fruchtbarkeits-Tracker

Wer sich dazu entscheidet, ein Baby zu bekommen, der setzt einfach die Verhütung ab und schwupps, schon ist es passiert. - Ähm, nein. So einfach ist es manchmal leider nicht. Viele Paare haben Schwierigkeiten dabei, schwanger zu werden. 

Ein Paar möchte schwanger werden - es nutzt Ava© PR
Ein Paar möchte schwanger werden - es nutzt Ava

Damit der Wunsch nach dem eigenen Kind schneller in Erfüllung geht, gibt es auf dem Markt mittlerweile verschiedene Fruchtbarkeits-Tracker mit denen Frauen ihre fruchtbaren genau ausrechnen können.

Es kommt der Punkt im Leben einer Frau, an dem sie sich fragt, ob es nicht an der Zeit wäre, Mutter zu werden. Ist der Traummann gefunden und auch die finanzielle Lage stabil, steht dem Kinderkriegen eigentlich nichts mehr im Wege. Nachdem die Verhütung abgestzt wird, bleibt allerdings eine Frage offen: Wie lang dauert es jetzt noch, bis man tatsächlich schwanger ist? Kaum eine Frau kennt ihren Zyklus zu 100 Prozent und kann abschätzen, wann genau ihre fruchtbaren Tage sind. Zwar gibt es die Methode des Temperaturmessens, doch diese ist oft ungenau und bestimmt nur ein winzig kleines Zeitfenster - oftmals nur einige Stunden - um schwanger zu werden. Wer fühlt sich bei so einem kleinen Zeitfenster nicht unter Druck gesetzt? Doch mit einem sogenannten Fruchtbarkeitstracker soll das Bestimmen der fruchtbaren Tage nun exakt möglich sein.

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Fertility-Tracking-Armband Ava © PR
Fruchtbarkeitstracker Ava: Der Ava-Zyklus-Tracker kostest 249 Euro und kann online bestellt werden. 

Fruchtbarkeit per Armband tracken

Fertility-Tracking-Armbands, funktionieren ganz ähnlich wie ein Fitness-Armbänder. Möchte Frau schwanger werden, trägt sie das Armband nachts, während sie schläft. Das Armband misst mit Hilfe feinster Sensorik die Vitalfunktionen, um so anhand folgender, beispielhafter Indikatoren (es gibt noch viele weitere) fünf fruchtbare Tage pro Zyklus zu bestimmen:

  • Herzfrequenz: Je nach Fortschritt des Zyklus, verändert sich auch die Herzfrequenz.
  • Hauttemperatur: jede Veränderung der Hauttemperatur wir getrackt und gespeichert.
  • Atemfrequenz: Auch die Atmung pro Minute wird in der Nacht getrackt.
  • Bewegung: Anhand der Aktivitäten während des Schlafens, kann das Fruchtbarkeits-Armband exakte Schlafphasen bestimmen.
  • Durchblutung: Östrogene und Progesterone haben Einfluss auf die Durchblutung, welche die Armbänder genau analysieren kann.

Schon die kleinsten Veränderungen dieser Indikatoren geben dem Armband Anhaltspunkte zur Bestimmung der fruchtbaren Tage. Wie Ava diese ganz genau ausrechnet, bleibt allerdings ein Firmengeheimnis.

Ava Armband und App © PR
Synchronisation mit dem Smartphone: Mit Hilfe einer App werden die Daten des Armbandes ausgelesen.

Am nächsten Morgen steht die Synchronisation des Armbands mit dem Smartphone an. Neben dem Armband gibt es in der Regel nämlich auch eine App, die die Ergebnisse aus der Nacht auswertet und im Anschluss fünf fruchtbare Tage je Zyklus bestimmt. Dank der App wird der Zyklus genau dokumentiert und täglich aufs Neue aktualisiert. Wer innerhalb der "heißen" fünf Tage mit seinem Partner schläft, erhöht die Chancen, auf Anhieb schwanger zu werden. Hat es funktioniert, trackt das Armband auch noch während der Schwangerschaft den Schlaf der werdenden Mutter und kann so den Stresslevel und die Qualität des Schlafes bestimmen.

Wie zuverlässig diese Fruchtbarkeitstracker wirklich sind, erklärt Prof. Henry Alexander >>

© VivoSensMedical

Warum Zyklustracker mit Vorsicht zu genießen sind

Niedergelassene Gynäkologen schätzen in puncto Verhütung das Wissen ihrer Patientinnen höher und das Infobedürfnis niedriger ein, als es tatsächlich ist. Das ergibt der anlässlich des Weltverhütungstagesim Augustveröffentlichte Report TANCO (Think About Needs in Contraception). Trotz "Dr. Google" kenne jede nur durchschnittlich sechs von 15 gängigen Verhütungsmethoden.Der Leipziger Reproduktionsmediziner und Gynäkologe Prof. Henry Alexander hat den OvulaRing entwickelt. Ein zugelassenes Medizinprodukt, das denZyklus zuverlässig aufzeichnet und vornehmlich bei unerfülltem Kinderwunsch eingesetzt wird, er ist aber auch durchaus was für Frauen, die hormonfrei verhüten wollen. Er beobachtet den Markt der Zyklustracker ganz genau. Wir haben mit ihm gesprochen.

© VivoSensMedical
Prof. Henry Alexander: Der Leipziger Reproduktionsmediziner und Gynäkologe klärt über die Schwächen der allgemeinen Zyklustracker auf.

Prof. Alexander, was halten Sie von den neuen Zyklus-Apps und -Trackern?

Es ist schön, dass das Thema Zyklus mehr ins Bewusstseinder Menschen gerückt ist, aber als Konkurrenz sehen wir diese nicht an. Sie sind einfachnicht solide und zuverlässig. Wenn überhaupt, sind die meisten Apps, Tracker und Computernur für Frauen mit einem sogenannten Standard-Zyklus geeignet. Das steht auch häufig im Kleingedruckten: Nur für Frauen mit einer Zykluslänge unter 35 Tagen.

Sind Menstruation und Zyklus Lifestyle-Themen geworden?

Frauen sprechen inzwischen offener über ihre Menstruation, auch in den Medien, das ist natürlich sehr zu begrüßen. Warum sollte das auch ein Tabu-Thema sein? Aber der Zyklus an sich ist immer noch ein großes Mysterium und in der Forschung müssen wir noch viel mehr dafür tun, um genauere Erkenntnisse liefern zu können.

VieleWearables messen Körperfunktionen wie Schlafqualität und Durchblutung –wird der Zyklus davon auch beeinflusst?

Das sind natürlich alles sehr interessante Daten für Leute, die ihre Gesundheit allgemein im Blick behalten wollen. Aber den Eisprung können Frauen anhand dieser Kategorien nicht bestimmen. Vielleicht können sie individuell feststellen, ob sie während der Menstruation schlechter schlafen oder Ähnliches.Tatsächlich gibt es allerdings Studien, die eine Korrelation zwischen Ruhepuls und Eisprung herstellen, allerdings ist die Körperkerntemperatur nach unserer Ansicht der weit zuverlässigere Indikator.

Haben Sie eigentlich mit dem OvulaRing sogenannte Copy-Cats auf den Plan gerufen?

Es gibt inzwischen einige Varianten, die OvulaRing sehr ähnlich sind. Unser erstes Patent haben wir ja schon 1999 angemeldet und manchmal habe ich das Gefühl, dass wir einen Boom der Nachahmer ausgelöst haben, die nach dem gleichen Prinzip vorgehen wollen, aber unsere Patente umgehen müssen. Es gibt zum Beispiel Wearables, die am Handgelenk getragen werden undnur in der Nacht messen. Und auch nur auf derHaut. Unsere Hauttemperatur z. B. unterscheidet sichaber sehr von der Körperkerntemperatur, die allein Aussagen zum Eisprung machen kann. Es geht hier schließlich um Schwankungen von 0,25-0,5 Grad. Da ist die Messung der Hauttemperatur viel zu ungenau.

Und warumreicht es denn zum Beispiel nicht, nur in der Nacht zu tracken? Es sind doch trotzdem sehr viele Messpunkte.

Die Körpertemperatur hängt von sehr vielen Faktoren ab, wir brauchen hier so viele Messpunkte wie möglich und das rund um die Uhr, um Temperaturmustereindeutig bestimmen zu können. Darum reicht die Nacht schlicht nicht aus, um verlässliche Daten zu liefern. Zudem kann es bei unserem unregelmäßigen Lebensstil passieren, dass Frauen öfter maldenTracker vergessen.

Sie meinen den Faktor Mensch als Risiko? Aber was, wenn man doch alles richtig macht? Die Pille ist –regelmäßig eingenommen –ja auch sehr sicher.

Vor allem Mädchen und junge Frauen vertrauen viel zu sehr auf ihr Handy und wissen viel zu wenig. Die meisten Zyklusappserrechnen den Zeitpunkt des Eisprungs, indem sie von einem Normalzyklus von 28 Tagen mit Eisprung am 14. Tag ausgehen. Sie errechnen anhand der letzten Zykluslängen den wahrscheinlichen Termin für die nächste Monatsblutung und rechnen dann 14 Tage zurück.70% aller Frauen aber folgen diesem Zyklusmuster nicht. Es ist ein reines Ratespiel. Ich fände es sogar gut, wenn Schulen im Aufklärungsunterricht diese Themen behandeln würden. Wenn Schüler früher gelernt haben, Kondome über Bananen zu ziehen, gehört heute auch digitale Aufklärung dazu.

Was ist denn eigentlich mit dem alten Klassiker: Eisprung am Urin feststellen?

Genau, das geht mit Hormoncomputern.Sie messen die Konzentration des luteinisierenden Hormons (LH) im Blut, das die Ovulation und die Gelbkörperbildung bei Frauen fördert. Wenn die Konzentration ansteigt, soll die Frau kurz vor dem Eisprung stehen. Studien belegen aber, dass es im Verlauf eines einzigen Zyklus mehrere Spitzenwerte oder Plateau-Phasen geben kann, zudem lag im Durchschnitt das LH-Hoch ein oder zweiTage nach dem Eisprung. Solche Daten sind dann leider eher wertlos, und vor allem für lange oder unregelmäßige Zyklen nicht geeignet.

Wie steht es denn nach Ihrer Meinung umdie Zukunft des weiblichen Zyklus?

Den wird es auch in 1.000 Jahren noch geben. Aber er wird besser erforscht sein. Die ganzen Zyklus-Apps und Tracker sind auf jeden Falldazu gut, den Zyklus in das öffentliche Bewusstsein zu rücken. Die Forscher werden diesem Trend folgen und einveritabler Zyklusscanner sollte früher oder später Standard in der Diagnosik werden. Die Körperkerntemperatur als Marker für die Bestimmung des Eisprungs wird sich durchsetzen. Es ist einfach eine sehrvalide Methode. Die Sensoren dafür werden immer kleiner und besser werden.

OvulaRing plant eine Funkvariante, zudem planen wir, die OvulaRing-Daten direkt in Kalenderfunktionen auf dem Handy zu integrieren. Wir arbeiten schon lange an einer Krankenkassenzulassung, aber die Mühlen mahlen langsam. Einer meiner Träume ist es, dass keine Frau sich einer hormonellen und sehr belastenden Kinderwunschbehandlung unterziehen sollte, bevor sie nicht sechs Monate ihren Zyklus mit OvulaRing getrackt hat. Denn dann könnten sich viele Frauen diese sehr aufwendige IVF-Behandlung sparen. Wir bleiben jedenfalls nicht stehen, aber die Konkurrenz wird das auch nicht tun.

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