
Es gibt verschiedene Arten, mit Peinlichkeiten aus seiner Vergangenheit umzugehen. Männer mit Cojones bekennen, riesengroßen Mist gebaut zu haben. Männer mit überzeugendem Dackelblick reden hingegen alles schön. Ben Affleck ist der Mann mit dem besten Dackelblick zwischen Cuxhaven und Maui Beach. Klar, welchen Weg er gewählt hat. Besonders deutlich wird das, wenn er über das Jahr 2003 spricht. Affleck bezeichnet es gern pseudointellektuell als das "annus horribilis", das schreckliche Jahr.
Tiefpunkt: Ben Affleck & Jennifer Lopez
Aus Ben Affleck und Jennifer Lopez war nach Monaten triebhafter Verliebtheit "Bennifer" geworden, ein prolliges Paarwesen, das es nicht lassen konnte, vor jeder Kamera eifrig zu züngeln und sich lauthals größtmögliche Liebe zu schwören. Fremdscham-Höhepunkt war der Auftritt des Schauspielers in Lopez’ Video "Jenny from the Block", in dem er ihr erst den Po busselt und dann das Bikinihöschen aufschnürt. Zu allem Überfluss machte Ben seiner Nifer einen kopflosen Heiratsantrag, nur um die Verlobung kurz darauf zu canceln. Mit der Gangsterkomödie "Gigli – Liebe mit Risiko", für viele Kritiker einer der schlechtesten Filme aller Zeiten, räumte Affleck dann auch noch zwei Goldene Himbeeren ab. Wenn der Dackelaugenmann heute darüber redet, klingt das anders. "Es waren vor allem zwei Dinge, die verkehrt liefen. Ich fand viel zu oft in der Klatschpresse statt", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Und ich lebte in einer Beziehung mit einer Frau, die viele Redakteure aus irgendeinem Grund missbilligten." Äh, ja, das wird es gewesen sein. Und was war mit dem katastrophalen Film? "Ich habe ein paar Filme gemacht, die nicht so liefen. Manchmal war es wegen der Gage, manchmal, um irgendwie zu arbeiten." Anders gesagt: Er war jung und brauchte das Geld. Fairerweise sollte man berücksichtigen, dass Afflecks Karriere einen Bilderbuch-Start hatte, der es aber nicht einfacher machte.
Alles hatte so gut angefangen: Oscar-Lob für Ben Affleck & Matt Damon
Ben Affleck und Matt Damon waren gerade Anfang zwanzig, als sie 1997 mit "Good Will Hunting" den Oscar für das beste Drehbuch gewannen. Von null auf hundert – mit allen schmerzhaften Folgen. "Hollywood ist eine Hochdruckkammer für die Psyche. Es ist, als ob du 100 Meter tief unter Wasser geschossen wirst, und zwar in 0,5 Sekunden", sagt Affleck heute. Der plötzliche Ruhm und das ewige Blitzlichtgewitter können einen kirre machen. 1998 kam die erste Hollywood-Freundin, Gwyneth Paltrow, gerade frisch von Über-Beau Brad Pitt getrennt. Natürlich fragten sich alle: Würde Affleck in dessen Fußstapfen treten können? Die ständigen Vergleiche stressten ihn.
Der Absturz: Ben Affleck erliegt der Alkohol- und Spielsucht
Das Ergebnis: Alkohol- und Spielsucht, der erste Entzug mit 28. In den Jahren drauf entschied er sich für fragwürdige Filme: "Armageddon" und "Pearl Harbor". Erfolgreiche Blockbuster, aber nichts, was einen zum Charakterdarsteller macht. Anfang der Nullerjahre war Affleck nur noch ein Hollywood-Beau, den die Klatschblätter gern oben ohne zeigten und die Feuilletons ignorierten. Vom Totalabsturz mit Bennifer und "Gigli" hätte sich manch anderer nicht erholt. Ben Affleck aber machte – bewusst oder nicht – einen smarten Move: Er wechselte hinter die Kamera und führt in "Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel" 2007 erstmals Regie.
Endlich wieder oben: Ben Affleck feiert ein Comeback als Regisseur
"Man muss sich eben ausprobieren", sagt er. Das Drama wurde ein Erfolg – und Affleck war resozialisiert. Mit "The Town – Stadt ohne Gnade" setzte er noch einen drauf: zweites Regie-Projekt, Publikum und Kritiker zeigten sich begeistert. Und spätestens seit dem Oscar für "Argo" als besten Film, in dem er auch die Hauptrolle spielt, ist klar: Der einst so jämmerliche vordere Teil von Bennifer ist wieder ganz oben. Außerdem hat er mit Jennifer Garner endlich die richtige Frau gefunden, seit acht Jahren sind die beiden verheiratet, haben zwei Töchter und einen Sohn. "Sie ist perfekter, als ich es je sein werde", lauteten seine rührenden Oscar-Worte. Ja, wahrscheinlich hatte er damit sogar recht. Neulich sah ein Filmkritiker in Affleck einen zweiten Humphrey Bogart. Der habe seinen Höhepunkt erst mit 41 Jahren in "Die Spur des Falken" erreicht. Na, denn. Im August dieses Jahres wird Ben Affleck 41.