
Angefangen hat alles bei meinem Lieblingsvietnamesen. Ich saß über einer dampfenden Schüssel Pho Bo (eine traditionelle Nudelsuppe mit Rindfleisch), während draußen eiskalter Dauerregen die Welt in Grau tauchte. Was würde ich dafür geben, in Richtung Sonne zu verschwinden! Warum musste ich mir noch mal den teuren Kaschmirmantel kaufen, anstatt in die Ferne zu düsen? Ah ja, der hielt bei den eisigen Temperaturen so schön warm. Wie praktisch.
Aber werden im Internet nicht immer die tollsten Reisen zum schmalen Kurs versprochen? Noch am Abend surfe ich wie wild durch sämtliche Reiseportale, bis ich auf mein Traumziel stoße: Phu Quoc, Vietnam. Eine kleine Insel kurz vor Kambodscha. „Wie Ko Samui vor 20 Jahren“, verspricht meine beste Freundin am Telefon, die als echte Asienexpertin natürlich bereits dort war. Keine Ahnung, wie Ko Samui vor 20 Jahren aussah, aber das heutige Phu Quoc ist eine grüne Insel, unberührt und vom Tourismus noch nicht überlaufen.

Ja, da will ich hin. Die Unterkunft ist laut Internet ein entzückendes Resort, das sich mitten in einer privaten Strandbucht befindet. Paradies, ich komme! Wie viel Paradies wirklich in der Insel steckt, merke ich, als ich nach meinem Anreisemarathon – von Hamburg über Dubai und Ho-Chi- Minh-Stadt nach Phu Quoc – unter der wohl schönsten Außendusche der Welt stehe. Während mir der warme Wasserfall über den Kopf läuft, denke ich: „Kann ich die bitte mitnehmen?“ In meiner Altbaubutze steht zwar auch eine Dusche, aber die hat höchstens den Namen „Bewässerungsanlage“ verdient.
Apropos Wasser: Auf der Insel wird viel gewaschen. Sogar vor meinem Häuschen im Resort steht eine Schüssel mit Wasser bereit – für Fußbäder. Besonders nötig habe ich die nach Abenteuerfahrten auf dem Lieblingsfortbewegungsmittel der Vietnamesen: dem Moped. Da kaum asphaltierte Straßen existieren, düst man in der tropischen Hitze durch Staub und Schlammlöcher. Manches Mal weiß ich auf meinen Touren nicht, ob ich mich nicht schon längst verfahren habe und der Weg ins grüne Nirgendwo führt. Straßenschilder? Fehlanzeige.
Als ich wieder einmal nach einer Tour meine Beine und Füße von der roten Erde befreie, muss ich grinsen. Wie lächerlich kommt mir mein Kofferpacken vor einigen Tagen noch vor! Ich wollte tatsächlich das Missoni-Kleid und die neuen High Heels einpacken – hübsche Utensilien, die auf Phu Quoc nichts zu suchen haben. Der Verzicht lohnt sich, denn die Insel schenkt mir dafür seine atemberaubende Natur: Bei meinem Trip in den Norden erstreckt sich vor mir ein grüner, dicht bewachsener Dschungel. Es ist ruhig und friedlich, selten kommt einem ein anderes Moped mit freundlich winkenden Menschen entgegen.
In der im Westen gelegenen Hauptstadt Duong Dong summt es hingegen wie in einem Bienenstock. Überall sausen die Scooter herum. Hier gilt nur eine Straßenverkehrsregel – und die ist lebenswichtig: Fahre niemanden an, dann wird auch dich niemand anfahren! Die Stadt am „Long Beach“ vermittelt mir eine Ahnung, wie die Insel aussehen könnte, wenn der Tourismus sich breit macht. Am gut 20 Kilometer langen Strand reihen sich Hotels, Strandhütten und Restaurants aneinander. Außerdem baut man am internationalen Flughafen – spätestens nach der Fertigstellung wird der Charme dieser ungeschliffenen Insel verblassen. Noch kann man hier jedoch Abenteuer erleben – wie das, als ich mit einem zufällig an der Tankstelle kennengelernten Pärchen aus Wien durch unwegsames Gebiet tuckere und nach einer Stunde Rumpelfahrt gen Süden am schönsten Strand der Insel ankomme.

Ich muss mich ein paar Sekunden lang selbst überzeugen: „Nein, das ist nicht die Südsee. Das ist tatsächlich Vietnam!“ Bai Sao ist ein schneeweißer Sandstrand mit türkis leuchtendem Wasser und dem Robinson-Crusoe-Gefühl. Ich atme durch, dann reiße ich mir das T-Shirt vom Leib und renne ins ewig flache Wasser, das so klar ist, dass ich die Fische zählen könnte. Jetzt fehlt nur noch eine traditionelle Entspannungsmassage am Strand, die dort angeboten wird. Übrigens: Nirgendwo sonst findet man solche zuckersüßen Mangos oder so saftigen Papayasalat wie hier. Auf dem Nachtmarkt von Duong Dong liegen die Schätze des Meeres ausgebreitet. Das, was hier feilgeboten wird, wurde gerade frisch geangelt. Riesige Muscheln, die wie kitschige Deko-Artikel aussehen, bunte Fische und Langusten landen direkt auf den Grill. Das Highlight ist für mich der Moment, an dem die Sonne im Meer versinkt und nur die kleinen Lichter der Fischerboote am Horizont zu erkennen sind. Selbst Hartgesottene fangen jetzt an zu seufzen. Und das passiert mir noch immer, wenn ich heute wieder beim Vietnamesen über meiner Suppe sitze und an Phu Quoc zurückdenke.
BUDGET
HINKOMMEN
Reisesuchmaschinen wie www.swoodoo.com helfen beim Preisvergleich. Emirates bietet die besten Vietnam-Specials und fliegt täglich z. B. von Hamburg über Dubai (praktisch für einen Shopping- Abstecher) nach Ho-Chi-Minh-Stadt (ab ca. 600 Euro), www.emirates.de. Von dort aus geht es mit Mekong Air (ab ca. 90 Euro) weiter.
WOHNEN
Chen Sea Resort & Spa: Das Resort mit 36 Chalets liegt im ruhigen Nordwesten der Insel – direkt an einer Bucht mit Privatstrand (ab ca. 90 Euro pro Nacht), über www.swoodoo.com
FREIZEIT
Mopeds kann man bereits ab 9 Euro am Tag mieten.