Warum die Liebe Ferien braucht

Warum die Liebe Ferien braucht

Der Hauskredit geht vor – oder die Leasingrate für den neuen Wagen. Überhaupt will Ihr Liebster eigentlich gar kein Geld für den Urlaub ausgeben. Hier mal ein paar ziemlich gute Argumente, warum Urlaub so wichtig ist, wenn die Liebe überleben soll.

Warum die Liebe Ferien braucht© mediaphotos/iStock
Warum die Liebe Ferien braucht

Kai wäre ewig Single geblieben. Ich kenne ihn, er ist mein bester Freund. Und ohne diesen Urlaub hätte er nie erkannt, was Laura ihm bedeutet. Iowa vor fünf Jahren: Kai und seine Laura waren im Camper unterwegs. Das Benzin drohte in der Gluthitze zu verdampfen, der Wagen liegen zu bleiben. Mitten im Nichts kriegten die beiden sich darüber so in die Haare, dass Laura auf der Stelle aussteigen wollte. Was tat Kai? Er hielt an, öffnete Laura die Wagentür und ließ sie am Highway stehen. Bei 35 Grad im Funkloch mitten in Amerika schien diese Liebe am Straßenrand zu sterben. Nach 20 Minuten fand Kai eine Tankstelle, füllte den Tank – und drehte um. Laura saß noch da im Schatten eines Straßenschildes. Die beiden fielen sich in die Arme. Sie, weil sie schon glücklich war, dass er zurückkam. Er, weil er auf einmal die übermächtige Angst verspürt hatte, Laura könnte zu jemand anderem ins Auto gestiegen sein und er sie nie wiedersehen. Noch in derselben Nacht machte Kai Laura einen Heiratsantrag. Sie sagte Ja.

Klingt wie ein Hollywood-Romanzen-Happy-End, aber Ferien machen solche Dinge mit uns. Sie schenken uns unglaublichen Zoff, ungeahnte Tiefs, unfassbare Nähe, besondere Erkenntnisse. Im Alltag sind es statistisch nur armselige drei Minuten, die wir wirklich miteinander reden. Exakt Zeit für ein „Wie war’s bei dir heute so?“. Auf das ein „Ach, wie immer“, geantwortet wird. Einen Facebook-Post von ihm liken wir noch und hängen fix seine Boxershorts auf. Ein flüchtiger Kuss und „Gute Nacht, Hase“. Morgen haben wir ja wieder drei Minuten. Ferien sind die Chance im Jahr auf mehr: Zeit zu zweit, Nähe für Gespräche, Gelegenheit, mal genauer hinzuschauen, um zu erfahren, was sich am anderen verändert hat. Bei den meisten laufen sie absolut glatt und harmonisch. Laut einer Forsa-Umfrage exklusiv für PETRA streitet jedes vierte Paar im Urlaub sogar viel weniger als daheim. Die meisten genießen das Gefühl, Negatives und Stress hinter sich zu lassen. Den Alltag auszublenden, ganz ab- oder umzuschalten. Das ist gelernt. Wir wechseln in den Relax-Modus, wenn wir in einen mit Koffern bepackten Wagen steigen und losfahren. Dann schießt uns das Bild von Mama durch den Kopf, die an diesen Tagen mehr lachte, auf einmal Stirnband und Sonnenbrille trug. Und wir denken an Papa, wie er sie ganz verliebt anschaute. Gereist sind wir damals nur bis Norderney. Aber diese zwei Wochen im Sommer waren anders – und sie waren gut.

Keine Frage: Trauscheine schaffen Nähe, Kinder verbinden und Eigentumswohnungen müssen abgezahlt werden. Aber wenn wir uns keine gemeinsamen Auszeiten gönnen, vermischt sich unser Alltag zu einem einzigen großen Erinnerungsbrei. Und der schmeckt schon darum nicht mehr, weil wir ihn jeden Tag essen. Ferien und Auszeiten rechts und links unseres Alltags dagegen gehen direkt ans gute Bauchgefühl und schreiben sich ins Lebenstagebuch. Solche Tage und Wochen sind es, die das Liebesglück vertiefen. Und uns Augenblicke miteinander schenken, die wir eben mit niemandem sonst teilen. Wer kennt schon den kleinen See in Schweden, an dem wir mal nachts gezeltet haben, als wir frisch zusammen waren? Am nächsten Morgen zählten wir die Mückenstiche aneinander. Du hattest 103. Und wir den Sex unseres Lebens ...

Wichtig, wenn wir gemeinsam losfahren: Ersetzen wir klassische Liebesziele und suchen eigene Orte. Das nimmt den Druck – und ist am Ende doch überhaupt erst romantisch. Die kleine Piazza des Dorfes in Umbrien gehört uns. Es ist so viel besser, hier einen Rotwein zu trinken als überteuert auf dem überfüllten Markusplatz von Venedig. Und gönnen wir uns Luft voneinander. Wir müssen nicht 24 Stunden aneinanderkleben. Ist zum Beispiel in Asien auch echt zu heiß. Aber wir können es mal, wenn wir das wollen. 44 Prozent der Deutschen glauben, dass man im Urlaub die Liebe fürs Leben finden kann. Das erhob der Reiseanbieter Travelzoo. Ich bin sicher, dass wir sie in den Ferien besser erkennen, auch wenn wir schon lange mit ihr leben. Und dass wir auch mal eine Liebe verwerfen, weil im Urlaub die große Leere spürbar wird und wir uns nichts mehr zu sagen haben. Das passiert, ist aber dann vielleicht auch längst überfällig ...

Kai und Laura sind nun seit vier Jahren verheiratet und eines der glücklichsten Paare, die ich kenne. Sie streiten immer noch auf ihren Reisen. Aber wenn sie zu Hause davon erzählen, lachen sie drüber. Und was sie erlebt haben, klingt meist wie ein Abenteuer. Ich habe aus Südafrika eine Trennung mit nach Hause gebracht. Aus Gomera Heiratspläne (und ein Baby) und von den Bahamas den festen Willen, ein Strandhaus an der Ostsee zu kaufen. Ferien machen so verrückte Dinge mit dir und deinem Leben. Du musst nur losfahren.

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