Stress bewältigen

Stress bewältigen

Manchmal hilft abends nur eins: glotzen! Abschalten vom Job-Stress eben. Aber dauerhaft ist das keine Strategie! Was wirklich hilft bei den acht gängigsten Stress-Symptomen, sagen uns drei Experten, die es wissen müssen.

Stress© iStockphoto
Stress

Er ist ein Spaßverderber und Kräftekiller. Keiner braucht ihn, jeder hat ihn: Stress lässt uns hetzen und heulen, fluchen und zweifeln – oder sinnentleert den Abend vorm Fernseher verbringen, weil sonst nix mehr in den Kopf passt … Wir verraten Ihnen Anti-Stress-Strategien, Erste-Hilfe-Maßnahmen und Langzeitlösungen – gemeinsam mit unseren drei Expertinnen: der YOGA-LEHRERIN Bettina Stülpnagel, der BURN-OUT-FORSCHERIN Dagmar Ruh-Wandl und LIFE- UND BEZIEHUNGSCOACH Martina Frisch

1. SYMPTOM: ZEIT FÜR MICH? WAS IST DAS? Mama mault, weil Sie sich nie melden, die Freundin ist enttäuscht, dass es vor lauter Überstunden mit dem After-Work-Spaß wieder nichts wird, und Ihr Liebster macht ein langes Gesicht, weil Sie abends nur noch in Ihr Snoopy-Schlafshirt schlüpfen wollen. Alle stellen Ansprüche, nur die eigenen kommen zu kurz.

DIE BURN-OUT-FORSCHERIN: Notieren Sie, welche Zeitfresser Ihren Alltag beherrschen und überlegen Sie, welche Aufgaben Sie delegieren könnten. Plus: Welche Arbeit wären Sie bereit zu bezahlen, wenn Sie so Kraft sparen?

DER COACH: Viele Frauen neigen dazu, es allen recht machen zu wollen. Lernen Sie stattdessen, Prioritäten zu setzen: Was ist Ihnen wirklich wichtig? Was macht Sie glücklich, gibt Ihnen Kraft?

2. SYMPTOM: AGGRO-ANFÄLLE Die Verkäuferin pampen Sie an, weil nur eine Kasse auf ist, die Kollegin, weil sie kurz auf dem Schlauch steht, und die Nachbarin, weil ihre Kids zu laut sind. Hinterher plagt Sie das schlechte Gewissen: Wer musste noch alles herhalten, weil Sie schon wieder so gereizt waren?

DIE BURN-OUT-FORSCHERIN: Gelassenheit kann man lernen, in Kursen zu autogenem Training oder progressiver Muskelentspannung – die bietet jede Volkshochschule an. Wenn Sie die Basics beherrschen, gelingen die Übungen auch allein.

DIE YOGA-LEHRERIN: Atmen Sie in angespannten Situationen fünf Minuten durchs linke Nasenloch und halten das rechte zu. Das wirkt beruhigend und kühlt den Geist, der durch Wut, Angst oder Stress heiß gelaufen ist. Der Atem fließt wieder tiefer, und Sie können Ihre Gedanken und Gefühle leichter ordnen.


3. SYMPTOM: ESSEN? ÜBERBEWERTET!
Morgens gibt es nur Kaffee „to go“, im Büro fällt die Mittagspause mal wieder flach. Nachmittags hat nicht nur die Kantine geschlossen, Ihr Magen ist inzwischen auch wie zugeschnürt. Der Appetit kehrt selbst am Abend nicht zurück. Schuld ist – na klar, der ewige Stress …

DER COACH: Damit das Essen nicht zu kurz kommt, lassen Sie selbst beim turbulentesten Timing immer Raum für kurze Pausen. Zur Not muss ein Wecker Sie daran erinnern, dass Sie den Schreibtisch mal verlassen. Hilfreich sind auch Rituale, weil sie chaotischen Tagen Struktur verleihen.

DIE YOGA-LEHRERIN: Wenn Ihnen der Stress auf den Magen schlägt, ist es besonders wichtig, viel zu trinken. Eine wärmende Hühnersuppe kann wohltuend wirken, ebenso Ghee (gereinigte Butter) und kalt gepresstes Sesam- oder Mandelöl. Letztere auch mal erwärmen und damit sanft den Bauch massieren. Das entspannt und regt die Magennerven wieder an.

4. SYMPTOM: ICH KANN NICHTS! Kann ich das? Schaff ich das? Und will ich mir das antun? Tagsüber haben Sie noch eine tatkräftige, toughe Frau im Spiegel gesehen. Aber plötzlich verlässt Sie das Selbstvertrauen. Alles wächst Ihnen über den Kopf.

DIE BURN-OUT-FORSCHERIN: Wer stark unter Strom steht, weiß seine Erfolge oft nicht mehr wertzuschätzen. Denken Sie öfter mal darüber nach, was Ihnen in letzter Zeit gut gelungen ist: Sie werden staunen, für was Sie sich alles auf die Schulter klopfen können!

DIE YOGA-LEHRERIN: Ein Mantra hilft Ihnen, positive Gedanken zuzulassen. In der Meditation sagen wir uns vor: „Du bist richtig, du kannst es“ und „Du hast alles, um erfüllt und sinnvoll zu leben“. Wer fest daran glaubt, hat dem Stress einfach mehr entgegenzusetzen.

5. SYMPTOM: IMMER BIN ICH DIE BLÖDE! Die Nächte sind zu kurz, weil Ihr Jüngster gerade zahnt. Der Chef meckert rum, sodass Sie Mühe haben, nicht zu flennen. Und die Freundin lässt beim gemeinsamen Kochen nur ihren eigenen Kummer ab. Frustrierend!

DER COACH: Eine wirksame Hilfe, um Frust zu verarbeiten, ist es, ein Tagebuch zu schreiben. Sie notieren, was sie stresst, beschäftigt und berührt – und lassen so nicht nur Dampf ab, sondern werden sich auch darüber klar, was sich ändern muss und wie das klappen könnte. Noch ein Tipp: Sich bei einer Freundin auszuheulen, kann zwar guttun. Aber nur, wenn Sie sich nicht gegenseitig bejammern und bedauern. Dann lieber nacheinander ausweinen und gemeinsam konstruktiv nach Lösungen suchen.

6. SYMPTOM: VOLLER KOPF Sie werden von Baustellen-Lärm geweckt, frühstücken mit Kindergeschrei und landen im Stau, noch ehe der Tag richtig angefangen hat. Die erste Tablette gab’s schon zum Kaffee, trotzdem droht Ihr Kopf jetzt zu platzen.

DIE BURN-OUT-FORSCHERIN: Wer sich matschig fühlt, neigt dazu, sich nach dem Job vor den Fernseher zu hängen. Doch die scheinbare Berieselung bedeutet in Wahrheit eine zusätzliche Reizüberflutung. Und die lässt Ihren Kopf erst recht nicht zur Ruhe kommen. Dann lieber mal allein spazieren gehen.

DER COACH:Richten Sie sich zu Hause ein „Heile Welt“-Zimmer ein, das Sie von sinnlosem Schnickschnack befreien, das lecker riecht und Ihnen Geborgenheit vermittelt. Hier kann Ihr Geist nach einem anstrengenden Tag entspannen: bei einem Bad, einem Buch, schöner Musik – oder einfach beim Nichtstun.

7. SYMPTOM: NÄCHTLICHES RUMGRÜBELN Das zweihundertfünfzigste Schäfchen lassen Sie nicht mehr springen – dafür machen sich wieder tausend Gedanken in Ihrem aufs Kissen gebetteten Kopf breit. Es ist nicht mal so, dass nur Sorgen Ihnen den Schlaf rauben würden. Aber Ihr Schlafzimmer scheint der einzige Ort zu sein, an dem Sie die Ereignisse des Tages noch mal in Ruhe durchdenken können – ohne ständig gestört, abgelenkt oder von Ihrer Uhr getrieben zu werden.

DER COACH: Statt sich von einer Seite auf die andere zu wälzen, stehen Sie lieber noch mal auf und gehen einer ruhigen Tätigkeit nach, bis Sie richtig müde sind. Sie können auch einen „Grübelsessel“ etablieren, in den Sie sich setzen, um zu notieren, was am kommenden Tag noch einer Klärung bedarf.

DIE YOGA-LEHRERIN: Bevor Sie Stress und Sorgen mit in den Schlaf nehmen, verdauen Sie Erlebnisse lieber schon tagsüber, indem Sie sich für 15 Minuten in einem gut durchlüfteten Raum auf den Rücken legen, zudecken und ein kleines Kissen unter den Kopf und die Knie packen. Mithilfe einer CD gehen Sie auf Fantasiereise, nehmen Ihren Körper wieder bewusster wahr und lassen den Atem fließen.

8. SYMPTOM: FUTTER-FLASHS Die Schokolade verdrücken Sie tafelweise; Eis lohnt nur in der XXL-Version. Und Ihr Mittagessen ähnelt dem eines Bauarbeiters – nur mit dem Unterschied, dass Sie sich nach Steak und Sahnesoße wieder vor den Bildschirm klemmen, statt Kalorien zu verbrennen. Wo Hektik herrscht, sind auch Ihre Hungerattacken nicht weit.

DIE YOGA-LEHRERIN: Um das Gefühl fürs rechte Maß wiederzuerlangen, sollte man seine Sinne trainieren. Indem Sie bewusst einer Tätigkeit mit den Händen nachgehen, stricken zum Beispiel. Oder indem Sie bei einem Spaziergang in der Natur ganz konzentriert auf die Gerüche und Geräusche achten. Auch ein Candle-Light-Dinner kann das Nervensystem pflegen.

DIE BURN-OUT-FORSCHERIN: Wer stark eingespannt ist, braucht mindestens eine Leidenschaft als Ausgleich. Versuchen Sie sich zu erinnern, was Ihnen früher besonders viel Spaß gemacht hat – und reaktivieren Sie dieses Hobby zu festen Zeiten, die Sie in Ihrem Terminkalender notieren. Es lenkt Sie von Stress ab und kann auch unkontrolliertes Frustessen verhindern.


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