
Kürzlich wollten wir unseren großen Jahresurlaub buchen. Ganz ehrlich, kurz mal ein verlängertes Wochenende auf Mallorca organisieren kann ja jeder, die wahre Kunst besteht darin, sich auf den Haupturlaub zu einigen. Der mit den großen Erwartungen. Der, über den man noch in zehn Jahren sprechen wird, weil man mindestens so etwas gemacht hat wie Orang-Utans auf Borneo angucken oder Meeresschildkröten in der Karibik beim Eierlegen helfen oder Haitauchen vor der Küste irgendeines afrikanischen Krisenlandes.
Der Mann, der die Hälfte der Miete zahlt, will eigentlich zu jeder Jahreszeit immer nur in den Skiurlaub. Irgendwo auf der Welt ist ja immer Winter. Ich dagegen möchte gerne immer in die Sonne. Irgendwo auf der Welt ist ja immer Sommer. Die Suche nach dem richtigen Urlaubsziel stellt die Beziehung jedes Mal auf eine Probe, weil man merkt, dass man eigentlich gar nicht zusammenpasst.
Irgendwo zwischen Golfhotel und Ponyhof
Nach heftigen Kämpfen wurden wir uns dann aber doch wenigstens über die Eckpunkte einig. Es soll ruhig sein, aber nicht zu ruhig. Es soll möglichst ursprünglich sein, aber wenn die Lancôme-Sonnencreme ausgeht, sollte man die schon irgendwo ganz in der Nähe nachkaufen können.
Viel Natur sollte es geben, aber mit Sehenswürdigkeiten, man will ja in den drei Wochen nicht ganz verblöden. Das Essen kann ruhig einfach und gut sein, aber es schadet nichts, wenn Bio-Qualität auf den Tisch kommt und das Fleisch von überglücklichen Tieren stammt. Dabei hängen überglückliche Tiere vermutlich viel mehr an ihrem Leben als die armen anderen Viecher in den engen Ställen.
Es sollte eine Sonnengarantie geben, aber mit einem leichten Wind. Gerade so leicht, dass er zwar schon ein wenig kühlt, aber noch keine Sandkörner aufwirbelt, die auf dem frisch eingecremten Körper kleben bleiben. Ein bisschen Sport wäre gut, aber bitte keine Golfplätze in der Nähe. Golfer reisen fast immer in größeren Gruppen, tragen karierte Shorts, und ihre Gespräche am Nebentisch drehen sich nach den ersten Gläsern Sancerre fast immer lautstark um irgendwelche Handicaps und den gefährlichen letzten Golfurlaub mit den „Älligädors“ in Florida. Nur Taucher sind noch monothematischer. Die waren den ganzen Tag unter Wasser und konnten nicht reden, das müssen sie dann abends aufholen. Sollen sie ja auch gerne tun, aber wenn es geht, im Nachbardorf.



Langwierige Wissenschaft
Den richtigen Urlaub zu buchen, ist eine Wissenschaft. Früher konnte man sich wenigstens noch von Reisebüroangestellten überreden lassen, eine Reise aus dem Katalog zu buchen, die einem ansonsten niemals in den Sinn gekommen wäre. Ghana? Gute Idee, da wollten wir schon immer mal nicht hin. Heute fragt man das Internet, und das gibt in den wenigsten Fällen einen ehrlichen Rat oder verrät gar einen Geheimtipp. Außer vielleicht die Website mit den Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes.
Man muss schon sagen, dass die Reiseplanung ohne Terroristen wesentlich unkomplizierter wäre. Aber es ist auch so schon schwierig genug. Man will nicht mehr in irgendwelchen Absteigen landen und kann sich die Ferienvillen am Meer nicht leisten. Man hängt mit Millionen anderen, die genau das Gleiche wollen, irgendwo dazwischen. Will kein Buffett und schon gar nicht selber kochen. Früher mit dem Rucksack war alles einfacher, weil man weiterziehen konnte, wenn es einem nicht gefiel. Heute wäre das viel zu anstrengend.
Kinder machen's noch komplizierter
Die wichtigste Reisevorbereitung ist übrigens nicht das Studium von Reiseprospekten, sondern das des Schulferienkalenders. Man will schließlich wissen, in welchem Dialekt die Kinder am Pool herumbrüllen werden. Noch komplizierter wird es nur, wenn auch noch eigene Kinder in die Reiseplanung mit einbezogen werden müssen.
Sind sie klein, ist die Sonne nördlich von Dänemark zu intensiv für die zarte Haut. Sind sie groß, wollen sie mitreden. Und dann muss man sich abends auf dem Balkon mit allerlei Stechtieren herumschlagen, die sich aus dem Stall des Ponyhofs her verirrt haben. Wir haben uns jedenfalls auf keinen Ort einigen können. Alle Geheimtipps waren schon ausgebucht oder noch zu geheim. Wir machen jetzt erst einmal ein verlängertes Wochenende auf Mallorca, und dann sehen wir weiter.