
Keine Angst, die Haare bleiben dran, und die roten Pumps müssen auch nicht aussortiert werden. Schließlich wollen wir keine schlechte Kopie eines Mannes werden. Warum auch? In den vergangenen Jahrzehnten haben wir uns zu echten Karriere-Raketen hochgerüstet. Die Statistik gibt uns recht: Allein zwischen 1990 und 2006 stieg der Frauenanteil unter den Abiturienten von 46 auf 55 Prozent, während sich der Männeranteil in einer „Phase der rasanten Bildungsregression“ befindet, wie es die Soziologin Jutta Allmendinger ausdrückt. Tendenz steigend.
Worum sollen wir uns sorgen, wenn wir es schaffen, unseren Alltag zwischen Konferenzen, Kickboxen, Kassenschlange und Kuchenbacken durchzutakten und nebenbei mit Qualifikationen, Soft Skills und schier grenzenloser Belastbarkeit zu glänzen? Weil wir es eben trotzdem manchmal nicht hinkriegen, im entscheidenden Moment richtig aufs Gas zu drücken. Wie eine Rakete, die nach einer Fehlzündung in der Abschussrampe hängen bleibt, obwohl alles perfekt vorbereitet war. Die Lösung sieht folgendermaßen aus: „Es gibt definitiv ein paar Dinge, die wir uns von unseren männlichen Kollegen abschauen können“, meint Karriere-Expertin und Coach Katrin Klemm. „So verpassen wir uns im Job den letzten Schliff.“ Mit der Formel „Frau + best of man“ gelingt es in Zukunft sicher niemandem mehr, uns auszubremsen.
STRATEGIE 1: Alles auf Risiko! Wenn wir von einer Idee überzeugt sind und diese bei Meetings oder Präsentationen verkaufen wollen, gebrauchen wir künftig den (typisch männlichen) Satz: „Das ist so.“ Kein „Vielleicht könnte man ja“ und „Was denken Sie denn darüber?“ oder „Eventuell, unter Umständen“. Katrin Klemm: „80 Prozent Sicherheit reichen.“ Trauen Sie sich zu, etwas zu behaupten und zu dieser Meinung zu stehen. „Und werfen Sie den Wunsch nach Perfektion und den Drang, jede Katastrophe schon vorwegzunehmen, einfach mal über Bord.“
STRATEGIE 2: Cool bleiben. Wenn es im Büro hoch hergeht, der Kunde im Meeting unseren Chef vorführt und wir dazwischensitzen, schämen wir uns gern mal in Grund und Boden. Jeder kann uns ansehen, wie wir innerlich schrumpfen. „Wir sollten uns klarmachen: Das hier ist ein Spiel!“, erklärt der Coach. „Da geht es nicht um Leben und Tod, sondern um zwei Wölfe im Rudel, die sich um Rang, Status und Fähigkeiten balgen.“ Für Männer handelt es sich um eine ganz natürliche Wettkampfsituation, für Frauen um eine handfeste Bedrohung, die unsere Fluchtinstinkte weckt. Gewöhnen Sie sich daran, behalten Sie einen kühlen Kopf – und bleiben Sie so handlungsfähig.
STRATEGIE 3: Raum einfordern. In manchen Momenten neigen Frauen dazu, die Schultern hochzuziehen, die Oberarme an den Körper zu pressen und dabei auszusehen wie ein kleines Gänschen, das gerade aus dem Nest hüpft. „Ein Schwan, der mit breitem Flügelschlag abhebt, sieht anders aus“, so Klemm. Oft übt sie genau das in Coachings – eine Situation entschärfen, dazwischengehen und sich (und seine Kompetenzen) behaupten, indem man die Hände auf den Tisch legt und sich deutlich nach vorn lehnt: „Durch diese große Geste wird man Ihnen zuhören.“ Wenn Sie dann noch sagen: „Moment. Lassen Sie uns jetzt eine Lösung finden“, werden die Rudelwölfe plötzlich handzahm und lassen sich führen. „Eine andere Geste sieht so aus, die Arme weit (und weg vom Körper) ausstrecken und sich damit Raum nehmen“, sagt die Expertin. Sie denken: So bin ich nicht, das passt nicht zu mir? Der Autist Axel Braun, der erst Schriftsteller und dann sogar Filmemacher wurde, hat einmal gesagt: „Was man nicht kann, das muss man üben!“
STRATEGIE 4: Viel langsamer sprechen. Als ehemalige Unternehmensberaterin hat Katrin Klemm immer wieder mit Frauen zu tun, die sich dabei erwischen, dass sie ihr Wissen besonders in Stress-Situationen nur so rausschießen und immer schneller sprechen. Das Problem ist, dass Männer ab einer bestimmten Silbenfrequenz abschalten. Sprechen Sie doch mal einen kurzen Text auf Band und hören Sie ihn sich an. Und dann nehmen Sie ihn so lange auf, bis Sie ein gutes, langsames Sprechtempo haben. Wichtig ist, auch Pausen aushalten zu können und sich ruhig 20 Sekunden Zeit zu nehmen, wenn man Sie mit einer schwierigen Frage attackiert. Das macht sogar Eindruck! haben.
STRATEGIE 5: Nicht rennen! Der Chef ruft Sie in sein Büro, oder er bittet Sie sogar vor Kollegen, in sein Zimmer zu kommen. Klar, es ist dringend! Jetzt aber bitte nicht hektisch werden. „Wir Frauen neigen dazu, den Stift fallen zu lassen und im Laufschritt loszusausen“, so Klemm. Das macht vielleicht den Eindruck, dass wir sehr engagiert sind, befördert werden wir dadurch aber nicht. „Dasselbe gilt für Präsentationen und Vorträge. Auch hier machen Sie langsame Bewegungen. Deuten Sie mit der Hand auf einen wichtigen Punkt, lassen Sie die Geste ein paar Sekunden stehen“, so der Rat der Expertin. „Genießen Sie die Wirkung, die das entfaltet. Wer aushält, dass man ihn anschaut, zeigt: Ich habe es drauf.“ Und so wird Ihre Idee auch mit hoher Wahrscheinlichkeit gekauft.
STRATEGIE 6: Klare Ansagen. Wir müssen nicht erklären, dass Frauen in Sachen Kommunikation und Beziehungspflege die Profis sind. Manchmal aber fehlt uns der Mumm, unseren Willen kurz und knapp zu formulieren. Ein freundliches: „Die Liste habe ich bis Montag 12 Uhr bitte auf meinem Tisch“, ist aber häufig cleverer als ein: „Wie wäre es, wenn wir die Liste am Montag hätten? Wir haben ja großen Zeitdruck – könnten wir das vielleicht hinkriegen?“ Informieren, nicht rechtfertigen! „Für den Job müssen Frauen lernen, in bestimmten Situationen männlich-zielgerichtet zu sprechen“, erklärt Klemm. „In Gehaltsgesprächen erhöhen wir so unsere Chancen.“ Ja, wir dürfen sagen, welche Summe wir wollen. „Männer reden ganz selbstverständlich über ihre Erfolge“, sagt der Coach. Das können wir auch. Vor dem Spiegel lässt sich das übrigens sehr gut üben. Vervollständigen Sie doch mal den Satz: „Chef, durch meine Arbeit ist es Ihnen in letzter Zeit gelungen, dass ...“ Willkommen im Spiel. Wer dabei Strategie Nummer 1 (Alles auf Risiko!) nicht vergisst, setzt eine deutliche Duftmarke: „Ich will weiterkommen.“ Franz Kafka hat dazu einmal etwas sehr Kluges gesagt: „Verbringe die Zeit nicht mit der Suche nach einem Hindernis. Vielleicht ist keins da.“
STRATEGIE 7: Entscheidungen treffen. Bietet man uns eine neue Position oder eine neue Aufgabe an, die unsere Karriere voranbringt, sagen wir: „Oh Gott, ich weiß nicht.“ Wir überlegen tagelang, ob wir auch tatsächlich zu 100 Prozent in der Lage sind, die Aufgabe auszufüllen. „Da hat ein Mann schon dreimal ,Hier!‘ geschrien“, sagt die Expertin. „Entscheiden Sie sich mit einem klaren Ja oder Nein.“ Diese innere Haltung ist schon die halbe Miete. „Wenn etwas Neues auf Sie zukommt, sagen Sie sich: ,Ja, genau und deshalb!‘ Dann kann sich Ihr inneres System darauf einstellen, dass Sie die Herausforderung nicht schon grundsätzlich ablehnen, sondern bereit sind mitzuspielen.“ Best of man? Heißt in dem Fall: hop oder top. Einfach mal machen und nicht im Vorfeld alles zergrübeln.
NO-GO-SÄTZE: 5 SPRÜCHE, DIE WIR IN ZUKUNFT STREICHEN
Ich muss perfekt sein! (Wer ist das denn schon?)
Oh, sorry, entschuldigen Sie bitte...! (Schluss mit den ewigen Entschuldigungen.)
Das haben wir wirklich prima hinbekommen! (Wie wäre es denn mal mit: Das habe ICH gut gemacht.)
Das kann ich nicht, da fehlt mir die Erfahrung! (Gut, dann macht es eben der Kollege. Und der kann es auch nicht besser.)
Gott, das ist doch so peinlich, was wird XY dazu sagen? (Den geht es gar nichts an.)
YES-SÄTZE: 5 SPRÜCHE ZUM MERKEN (UND INNERLICH AUFSAGEN)
Ach, so ist das! (Nicht kapitulieren, wenn Ihr Chef eine Gehaltserhöhung ablehnt! Einfach erst mal alles zur Kenntnis nehmen.)
Ich gebe mein Bestes! (Und wenn das nur 80 Prozent sind, dann reicht das auch.)
Was ich nicht kann, das muss ich üben! (Ich traue mir fast alles zu.)
Ich probiere das jetzt einfach! (Und freue mich auf die neue Aufgabe.)
Stay happy when you fail! (Wer nicht spielt, kann nicht verlieren, aber auch nicht gewinnen.)