App an den Tisch!

App an den Tisch!

Kommunizierende Küchengeräte, Fabriksalat und empfindliche Gabeln: Diese 10 Ernährungs-Trends werden unseren Umgang mit Essen verändern. Lesen Sie hier mehr.

Zwei Frauen am Tisch© elenaleonova/iStock
Zwei Frauen am Tisch
Mit dem Essen ist es ein wenig wie mit der Mode. Es gibt Klassiker, die aus der Küche nicht mehr wegzudenken sind – vegetarische Ernährung zum Beispiel. Oder Vollkorn. Und es gibt Trends, die manchmal schon vorbei sind, noch bevor wir richtig mit ihnen warm werden konnten. So wie Grünkohl: Der hat in Amerika im vergangenen Jahr als Rohkost einen wahren Hype ausgelöst – bei uns schaffte es das Gemüse nur ganz kurz ungekocht auf die Teller. Nun will die Technik unsere Ernährung mit Innovationen revolutionieren. Ob diese zu Klassikern werden? Schwer zu sagen. Aber es lohnt sich, sie zu probieren.

Herr Ober, die App bitte!
Im Café auf das Essen oder die Rechnung warten? Das soll bald kein Thema mehr sein. Seit Februar können Gäste in einigen süddeutschen Burger-King-Filialen ihr Essen von unterwegs per App vorbestellen und direkt mit dem Handy bezahlen. Opentabs heißt die Mobile-Payment-Anwendung. Bisher wird sie jedoch nur von wenigen Lokalen in Deutschland akzeptiert. Auch PayPal möchte Restaurantgästen das Bezahlen einfacher machen. Wer in der PayPal-App ein Foto von sich gespeichert hat, anhand dessen Kellner ihn identifizieren können, darf damit in bisher über 70 deutschen Restaurants und Bars die Rechnung begleichen – quasi mit einem Lächeln. Eigentlich eine tolle Sache. In den USA, wo das Bezahlen mit dem Handy schon verbreiteter ist, haben Studien allerdings gezeigt, dass es Nutzer dazu verleiten kann, mehr Trinkgeld zu geben. Weshalb mittlerweile viele Apps die Option bieten, einen Prozentsatz festzulegen, der automatisch zu jeder Rechnung addiert wird.

Salatomat
Die Arbeitsbelastung führt in Deutschland dazu, dass mittlerweile jeder Vierte seine Mittagspause oft ganz ausfallen lässt. Stattdessen wird zwischen zwei Meetings ein belegtes Brötchen am Schreibtisch gegessen oder das, was gerade in der Snackbox ist. Die Firma Farmer's Fridge, ein Start-up aus Chicago, will Ernährung im Büro wenn schon nicht gemütlicher, dann zumindest ausgewogener machen. Sie stellt Essensautomaten auf, die täglich mit frisch zubereiteten, leichten Snacks gefüllt werden: Salaten, Müslis, Hummus oder Reis. Die sind auch eine gesunde Alternative zum Kantinenbesuch. Und Schützen vor dem gefürchteten Essenskoma.

Kontrolle behalten
Achtung, Erdnuss! In erster Linie war es die Sorge um Allergiker, die hinter der Entwicklung von TellSpec (ab Juli im Handel, um 320 Euro) stand. Doch der kleine Scanner soll noch viel mehr können: Er misst auf Knopfdruck die Inhaltsstoffe im Essen wie Fett, Eiweiß, Zucker, sonstige Kohlenhydrate und spuckt zusätzlich den Kaloriengehalt aus. Auch „Situ“ (um 110 Euro), eine intelligente Waage, soll helfen, beim Kochen auf Eiweiß und Vitamine zu achten und Fette zu reduzieren. Sie dokumentiert, welche Lebensmittel man mit ihr wiegt, und summiert deren Inhaltsstoffe und Kalorien in einer App. Bald könnten sogar Messer und Gabeln Meldung machen, wenn man sich etwas Ungesundes in den Mund stecken will. Die Essstäbchen der chinesischen Firma Baidu sind bereits mit Sensoren versehen, die gegebenenfalls Alarm schlagen. Bisher nur bei schlechtem Öl. In Zukunft vielleicht auch bei zu viel Schokolade.

Computerliebe
Alleinstehende kamen bisher selten in den Genuss, von Kaffeeduft geweckt zu werden. Smarte Küchengeräte können das ändern. Kaffeemaschinen (z. B. von Siemens) lassen sich über die zugehörigen Apps programmieren und zaubern rechtzeitig zum Aufstehen einen Cappuccino. Auch Herde wie der aus der „Smart ThinQ“-Reihe von LG sind zunehmend vernetzt und kommunizieren mit ihren Besitzern. Sie starten den Garvorgang, während man im Garten werkelt, und man kann auch von unterwegs nachsehen, ob der Herd wirklich aus ist. Pfannen („Pantelligent“) warnen, wenn etwas anbrennt, und Gabeln („Hapifork“) tadeln einen, wenn man zu schnell isst. Fast so, als wäre man mit ihnen verheiratet.

Eile mit Weile
In den vergangenen Jahren wichen die Bäckereien in den Städten zunehmend „Backshops“, in denen geschmacklose Teiglinge aus Fabriken aufgebacken werden. Doch seit die Kunden mehr auf Gluten (sei es aufgrund einer tatsächlichen oder einer „gefühlten“ Unverträglichkeit) achten und nach handfesterem Geschmack verlangen, darf gut Brot wieder Weile haben. Unterstützer dieser Entwicklung sind beispielsweise Malin Elmlid, die mit ihrem erfolgreichen Buch „The Bread Exchange“ Sauerteigrezepte und Hipster-Berlin zusammenbringt, oder Nathan Myhrvold, ehemaliger Chief Technology Officer bei Microsoft, der gerade mit einem Team an einem mehrbändigen und allumfassenden Brotkompendium namens „The Art and Science of Bread“ arbeitet.

Das kommt alles in die Tüte
Niemand steht im Supermarkt gern in der Kassenschlange. Und auch das Kind vom Boden aufzuklauben, das sich am Ständer mit den Schokoriegeln festgekrallt hat, macht den Einkauf nicht angenehmer. Die Lösung: sich die Waren liefern lassen. In vielen Städten bringen Filialisten wie Rewe, Kaiser’s/ Tengelmann (bringmeister.de) oder Denn’s Biomarkt mittlerweile die online bestellten Lebensmittel bis an die Haustür – auch frisches Obst oder Aufschnitt von der Wursttheke. Wer lieber beim Gemüsehändler an der Ecke kauft, kann über shopwings.de einen Einkäufer buchen. Der klappert die bevorzugten Läden im Viertel ab und bringt die Bestellung oft noch am gleichen Tag vorbei. In den amerikanischen Großstädten sind mittlerweile auch der Fahrdienst Uber und der Konzern Google mit Google Express in das Bringgeschäft eingestiegen. Sie fahren, wohin man möchte, und versprechen Lieferung innerhalb einer Stunde. Da kann man das Eis für den Nachtisch noch bestellen, wenn die Gäste schon am Tisch sitzen.

Salat ohne Waschen
„Factory Farming“ klingt erst mal nach dem, was wir schon zur Genüge haben: Monokulturen auf den Feldern. Doch der japanische Elektronikkonzern Toshiba versteht etwas anderes darunter: Er hat angefangen, Salat in einer keimfreien Fabrik anzubauen, in der früher Diskettenlaufwerke produziert wurden. Die Idee: Durch die optimalen Bedingungen wachsen die Pflanzen – in neun Regalreihen übereinander angebaut – schneller und kräftiger. Sie können zwölfmal pro Jahr geerntet werden und man muss sie vor dem Essen nicht mal mehr waschen. Auch Fujitso und Sharp arbeiten an ähnlichen Projekten, in Deutschland versucht sich das Berliner Start-up Infarm in etwas kleinerem Maßstab am modernen „Urban Farming“.

Experimentierbecken
In Deutschland gibt es eine wachsende Zahl an Mikrobrauereien, die Biere mit sehr eigenem Charakter produzieren. Wem diese noch nicht ausgereift genug sind, der kann mithilfe einer Maschine nun in der eigenen Küche brauen. Der schicke „Brewbot“ (zwischen 2000 und 4000 Euro) soll 2015 auf den Markt kommen. Er lässt sich mit einer App steuern, die zudem als Datenbank für Braurezepte aus der ganzen Welt dient. Auch Wein lässt sich dank neuer Technik nun dem eigenen Geschmack anpassen. Der „Sonic Decanter“ (um 150 Euro) wurde über Kickstarter finanziert. Mittels Ultraschall soll er den Wein in Flaschen künstlich altern lassen, um so die Aromen zu intensivieren. Prost!

Frisch aus der Petrischale
Kühe haben eine miserable Ökobilanz: Sie brauchen viel Platz, Wasser und Futter, ihre Hufe scharren den Boden auf und sie pupsen Methan. Weil Burger gerade groß in Mode sind und es zu Käse bisher keine wirklich schmackhafte Alternative gibt, versuchen Forscher, diese nun im Labor nachzubauen. Schon 2013 präsentierten Wissenschaftler der Universität Maastricht den ersten In-vitro-Burger. In New York vermehrt die Firma Modern Meadow Rinderzellen in der Petrischale, um diese dann mit 3-D-Druckern in Fleischform zu bringen. Und in den Laboren von Muufri mischen Forscher aus Fettsäuren und Proteinen eine Flüssigkeit, die mit Kuhmilch identisch sein soll. Damit der Cheeseburger der Zukunft ganz ohne Kuh auskommt.

Geteiltes Gemüse ist doppeltes Gemüse
Wer schon mal selbst Gemüse angepflanzt hat, weiß, wie gut die Früchte der Gartenarbeit schmecken. Aber nicht jeder hat die Zeit (oder den Platz), sich um ein eigenes Beet zu kümmern. Der Trend geht deswegen zur Teilzeitgärtnerei. So können sich Städter an der Ernte lokaler Bauern beteiligen (ernte-teilen.org) und diesen wochenendweise beim Anbau helfen. Urlauber arbeiten in den Ferien auf Biobauernhöfen mit (wwoof.de). Und wer Geld übrig hat, investiert mittels Crowdfunding in vielversprechende Garten- und Agrarprojekte (agfunder.com). Wie auch immer man sich engagiert – man trägt zur Nahrungsgewinnung bei und unterstützt vertrauenswürdige Betriebe. Für Essen, das glücklich macht.

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