Immunsystem stärken: So kommen wir gesund durch den Winter

Immunsystem stärken: So kommen wir gesund durch den Winter

Wenn jeder um uns herum niest und hustet, ist es gut, ein starkes Immunsystem zu haben. Wir verraten, wie wir unsere Abwehrkräfte stärken können und fit bleiben.

© iStock

Experte Prof. Dr. med. Klaus Kisters, Chefarzt der Medizinischen Klinik am St. Anna Hospital in Herne ist Facharzt für innere Medizin, Nephrologie, Intensivmedizin, klinische Geriatrie sowie Hypertensiologie. Er erklärt, wie wir unser Immunsystem stärken können.

Endlich auskuriert: Trotzdem kann noch Ansteckung drohen

Türklinke, Nieser, Händedruck, und schon ist’s passiert. „Durch Schmier- und Tröpfcheninfektion gelangen Influenza-, Parainfluenza-, Rhino- und Adenoviren schnell von einem Wirt zum anderen“, warnt Professor Kisters. Innerhalb von einem Tag vermehren sie sich so stark im Nasen- und Rachenraum, dass sich Erkältungssymptome wie Halsweh, Husten und eine Schniefnase einstellen. Doch Überträger ist man schon früher. „Von der Infektion bis zum Ausbruch der ersten Symptome vergehen ca. zwei Tage, in denen betroffene Personen bereits ansteckend sind“, mahnt der Chefarzt. Wie lange ein Infekt ansteckend ist, lässt sich nicht für alle Menschen gleich beantworten. Es hängt davon ab, wie stark das Immunsystem des Einzelnen ist. Ärzte gehen von einer Woche aus, bei immungeschwächten Menschen, Senioren und Säuglingen dauert es oft länger.

Schnupfen, Gliederschmerzen, Fieber: Jetzt ist schnelle Hilfe gefragt

Wir bekommen bis zu viermal im Jahr eine Erkältung. Das klingt harmlos, doch einige der über 200 Viren erwischen uns mit voller Wucht. Bahnt sich der Infekt erst an, helfen Erkältungsbäder. Homöopathische Medizin setzt hier auf den Wirkstoff Ferrum phosphoricum, der schmerz- und entzündungslindernd wirken soll *(z.B. „DHU Schüßler Nr. 3“). Dann sind Wärme und Ruhe angesagt. Natürliche Mittel können helfen, die Krankheitsdauer zu verkürzen *(z.B. „Esberitox“). Schlägt der Infekt auf die Bronchien, lösen Inhalieren, aber auch ein Wurzel-Extrakt aus der südafrikanischen Kapland-Pelargonie zudem zähen Schleim *(z.B. „Umckaloabo“). Zur Linderung von Gliederschmerzen und der Besserung des Allgemeinzustands bekommt man in der Apotheke Tabletten mit Schmerzmitteln wie Ibuprofen *(z.B. in „Grippal Complex“) oder Trinkgranulate mit Acetylsalicylsäure (ASS) *(z.B. „Grippostad Complex“). Sie enthalten zusätzlich den Wirkstoff Pseudoephedrin, der eine gefäßverengende Wirkung hat und gezielt das Abschwellen der Nasenhaut unterstützt, um Kopf und Nase schnell zu befreien. Bei Übelkeit und häufigem Erbrechen lässt sich mit magenberuhigenden Tabletten *(z.B. „Vomex“) einem Flüssigkeits- und Mineralstoffmangel vorbeugen.

Bremst Erreger aus: Wie Powerfood unseren Schutzschild stärkt

Du bist, was du isst – der alte Spruch trifft auch auf die Gesundheit zu. „Wie Ernährungswissenschaftler der Universität Wien beobachteten, konnten adipöse Studienteilnehmer durch eine kalorienreduzierte, fettarme Diät mit viel frischem Gemüse und Obst, aber wenig tierischen Lebensmitteln, nicht nur ihr Gewicht reduzieren, sondern auch ihre Darmflora positiv verändern“, berichtet Kisters. Um Mikrobiom und Immunsystem intakt zu halten, sind Ernährung und Darmpflege entscheidend. „Insbesondere Antioxidantien wie die Vitamine C, E und Betacarotin oder die Mineralstoffe Zink und Selen schützen die Körperzellen vor schädlichen freien Radikalen und stärken so die Immunabwehr“, meint der Experte. Er empfiehlt: frisches Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Nüsse und Samen – möglichst regional, saisonal und bio. Zucker dagegen schädigt die Darmflora. Große Mengen Alkohol machen ebenfalls anfälliger. Und der Zigarettenrauch trocknet die Schleimhäute aus, schwächt Reinigungsvorgänge der Atemwege und fördert Entzündungsprozesse.

Millionen Helfer sorgen für Stabilität: das einflussreiche Mikrobiom

Kaum ein anderes Organ zieht derzeit die Wissenschaft mehr in seinen Bann. „Eng verknüpft mit dem Immunsystem ist das Mikrobiom, früher als Darmflora bezeichnet“, erläutert Prof. Kisters. „Im Darm befinden sich etwa 70 Prozent der Immunzellen.“ Im Fokus der Forschung: die Aufgaben des Mikrobioms – eine unvorstellbar artenreiche Lebensgemeinschaft von rund 100 Billionen Bakterien mit mehr als 1000 Bakterienspezies. Jede Art hat ihre typischen Eigenschaften, Funktionen und somit auch Einflüsse auf den Organismus. „Darmmikroben können nicht nur unverdauliche Nahrungsreste zersetzen und in mehr oder weniger wertvolle Nährstoffe umwandeln, sondern auch das Immunsystem stabilisieren, Entzündungen kontrollieren und vor chronischen Erkrankungen schützen“, so der Arzt. Gerät die Lebensgemeinschaft aus dem Gleichgewicht, sprechen Experten von einer Dysbiose, die heute mit Immunschwäche und vielen Gesundheitsstörungen in Verbindung gebracht wird.

Simpel, aber effizient: Konsequente Hygiene senkt das Ansteckungsrisiko

Lieber einmal mehr als einmal weniger Hände gründlich reinigen. „Tatsächlich lässt sich durch konsequente Handhygiene das Ansteckungsrisiko signifikant reduzieren“, betont Kisters. Mehrmals täglich Händewaschen schützt uns und andere. Wer noch weiter gehen will, nutzt in der akuten Phase ein Handdesinfektionsmittel. Und auch wenn’s schwerfällt, sollten Betroffene ihren Mitmenschen zuliebe auf engen Kontakt verzichten, Händeschütteln und Umarmungen vermeiden und Abstand halten, bis der Infekt komplett abgeklungen ist. Auch regelmäßiges Lüften verringert den Anteil ansteckender Viren in der Luft und hilft, das Infektionsrisiko zu senken. Stoßlüften reicht. So kühlt der Raum nicht unnötig aus.

Das gewisse Extra: Das bewirken Zink & Co. aus der Apotheke

Ein wenig kann vorgebeugt werden. „Die durchschnittliche Erkältung ist nach 7,4 Tagen überstanden, manchmal auch erst nach 14 Tagen“, weiß Professor Kisters. „Studien haben gezeigt, dass die Einnahme von Zink die Dauer deutlich verringern kann.“ Das gilt allerdings nur, wenn es innerhalb der ersten 24 Stunden nach den ersten Symptomen in hoher Dosierung eingenommen wird. Effizienter als die natürlichen Quellen wie Fleisch oder Haferflocken sind höchstdosierte Präparate mit mindestens 20 mg Zink pro Tablette *(z.B. „Zink Verla OTC 20“ oder „Zinkorot 25“). Auch Vitamin C kann als Sofortmaßnahme helfen. Zudem verringerte es in Studien die Erkältungsperioden bei Menschen mit leichtem Mangel nach achtwöchiger Einnahme von 1000 mg Vitamin C. Konzentrierter als in Zitrusfrüchten ist es in Tabletten *(z.B. in „Vitamin C 1000“) oder Trinkgranulat *(z.B. „Altrient C“). Und nicht zuletzt hat auch der Vitamin-D-Status einen Einfluss, der bei einem Mangel, z.B. durch die „dunkle Jahreszeit“, durch Tabletten ergänzt werden kann.

Oft unterschätzt, aber die beste Basis: ein gesunder Lebensstil

Jeder kennt das Sprichwort „Den Kopf halt kühl, die Füße warm, das macht den besten Doktor arm.“ Das ist gar nicht so verkehrt. Durch die Verkühlung drosselt das vegetative Nervensystem die Durchblutung der Atemwege, sodass Erkältungsviren leichter eindringen können. Ausreichend Schlaf, ausgewogene Ernährung und Bewegung verstehen sich von selbst. Über Sport sagt Professor Kisters: „In einer US-Studie konnte nachgewiesen werden, dass Menschen, die regelmäßig an fünf Tagen in der Woche sportlich aktiv waren, auf nur halb so viele Erkältungstage kamen wie sportlich inaktive Personen.“ Zudem bauen wir dabei negativen Stress ab, einen nicht zu unterschätzenden Immunkiller. Fitness, Yoga, Atem- oder Meditationsübungen – seine liebste Art des Stressabbaus muss jeder selbst herausfinden. „Auch regelmäßige Saunagänge bauen Stress ab und stärken die Immunabwehr, genauso wie regelmäßig durchgeführte Wechselduschen“, ergänzt der Experte, denn der Heiß-kalt-Wechsel setzt positive Anpassungsprozesse des Immunsystems in Gang. „Und“, so Kisters, „nicht zuletzt helfen Lachen und eine positive Lebenseinstellung dem Immunsystem. Lachen baut Stress ab, setzt das Glückshormon Serotonin frei und stärkt die Abwehrzellen.“

Top Job: So funktioniert die Abwehr unseres Körpers

In der Welt wimmelt es von krankmachenden Erregern wie Bakterien und Viren. Doch ein Großteil hat bei uns schlicht keine Chance. Dank unseres Immunsystems, das ein komplexes Zusammenspiel diverser Organe, Zellen und Moleküle ist. „An seinem Aufbau sind zahlreiche Organe wie das Lymphsystem, Rachenmandeln, Thymus, Knochenmark und Milz beteiligt“, erklärt Professor Kisters, Chefarzt an der Medizinischen Klinik aus Herne. „Verschiedene Arten von Immunzellen – Granulozyten, Makrophagen und Lymphozyten – bilden das angeborene und erworbene Immunsystem und arbeiten eng zusammen.“ Ihre Aufgabe: schädliche Keime erkennen und unschädlich machen.

Simpel & smart: Tricks und Hausmittel, die wirklich helfen

Viel trinken! Zu trockene Schleimhäute können die Keime nicht stoppen. Gut: Wasser und Tees. „Grüner Tee enthält viele Antioxidantien, Kamillentee treibt die Bildung weißer Blutkörperchen voran, Ingwertee wirkt entzündungshemmend, schleimlösend und stimulierend für die Abwehrkräfte“, weiß der Professor. Aber auch Zwiebeln können hilfreich sein. Warm und als Wickel angewendet, können sie Halsschmerzen bekämpfen. Bei Hautkontakt wird der Stoff Allicin freigesetzt. Dieser wirkt schmerzlindernd und entzündungshemmend. Eine weitere Empfehlung: Hühnersuppe. „US-Wissenschaftler bestätigten im Jahr 2000 tatsächlich eine antientzündliche Wirkung, wodurch sich Infekte der oberen Atemwege bekämpfen lassen. Außerdem spendet sie Flüssigkeit und wichtige Biofaktoren wie Vitamine, Zink und Eisen.“

Kleiner Piks, große Wirkung: Wie sicher ist eine Grippe-Impfung?

Vorweg: Die Impfung schützt nicht vor grippalen oder Magen-Darm-Infekten, sondern bekämpft allein das Influenza-Virus. Abwägen muss das jeder selbst. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Grippeimpfung sogenannten Risikogruppen, älteren Menschen, Bewohnern von Senioren- und Pflegeeinrichtungen, Mitarbeitern in Krankenhäusern sowie Schwangeren. Eine Influenza, also eine echte Grippe, kann bei ihnen schwerwiegend verlaufen. Professor Kisters ergänzt: „Patienten, die unter Herzerkrankungen, Asthma oder Diabetes mellitus leiden oder eine angeborene oder erworbene Immunschwäche haben, gelten ebenfalls als Risikokandidaten.“

Buchtipp: Das „Best-of“ von Prof. Kurscheids Gesundheitsprogramm zum Vorbeugen und Heilen von Krankheiten – selektiert und evidenzbasiert: „Mein BleibGesund Buch“, GU, 208 S. 19,99 Euro

Redaktion: Abenaa Namslau

Lade weitere Inhalte ...