Ein Tusch auf die Mascara

Ein Tusch auf die Mascara

Das Bürstchen mit Bambi-Faktor feierte gerade 70. Geburtstag. Pünktlich dazu taucht ein neues Mascara-Produkt auf.

Ein Tusch auf die Mascara © Yuri Arcurs - fotolia.com
Ein Tusch auf die Mascara

Natürlichkeit finden wir meistens gut und schön. Außer morgens, wenn einen im Spiegel das eigene Gesicht aus konturlosen Augen anblickt. Zwei, drei Handgriffe verwandeln die ungeschminkte Wahrheit in natürliche, wahre Schönheit: ein Tusch für den oberen, einer für den unteren Wimpernkranz, Probeblinkern – fertig. Die Augen wirken größer als noch Sekunden zuvor, die Irisweißer, die Wimpern sind sanft gebogen. Es lebe die Mascara!
Die Geschichte der Wimperntusche ist schnell erzählt: Frau verliebt sich 1913 unglücklich in Mann, Bruder kann Schwesterlein nicht leiden sehen und erfindet Vaseline-Kohlenstaub-Mix, der ihreWimpernso gut in Szene setzt, dass sie 1914 von ihrem Angebeteten zum Altar geführt wird. Der Name der Braut: Maybel. Der Name der Firma ihres Bruders: Maybelline. Bis zum Auftritt jenes Bürstchens, mit dem wir heute unseren Augenaufschlag tunen, vergehen allerdings noch Jahrzehnte. Zunächst nehmen Frauen mit einer Art Mini-Zahnbürste und einer Tube schwarzer Vaselin vorlieb. Oder sie greifen zu – sorry, aber so heißt das nun einmal – Spucktusche: schwarze Farbe, ähnlich der im Malkasten in fester Form, die mit einer Flüssigkeit eigener Wahl (zum Glück) angerührt und dann per Pinselchen aufgetragen wird. In ungezählten Foren wird die Technik noch heute als Geheimtipp gehandelt. Nur hat leider keine der großen Beauty-Firmen noch Spucktusche im Angebot. Retro-Schminker müssen also kleinstädtische Drogerien und spezielle Läden für Theaterschminke nach vergessenen Restbeständen absuchen.

Helena Rubinstein erfindet die Automatik-Mascara

Den Dreh mit der Bürste im Etui bekam als erste Helena Rubinstein heraus. Sie erfand vor gut 50 Jahren die Automatik-Mascara und festigte damit ihren Ruf als führende Fachfrau für Wimpernfragen. Das Bürstchen mit Bambi-Faktor war ihr zweiter Coup: Vor genau 70 Jahren hatte die Rubinstein 1939 der Welt bereits die erste wasserfeste Mascara präsentiert. An ihrem Thron wurde seither zwar eifrig gerüttelt, aber Wimperntusche von Rubinstein gilt immer noch als das Nonplusultra. 1,4 Millionen Mascaras gingen 2008 allein in den deutschen Douglas-Filialen über die Tresen. Klar, dass bei so einem Supergeschäft das Angebot ständig wächst und immer ausgefeiltere Produkte auf den Markt kommen. Die Kundinnen können weltweit zwischen Hunderten vonTuschen wählen und dafür 1 Euro bis sagenhafte 1.500 Dollar investieren (Interesse? Googeln Sie mal „Socialite Collection“), sie können eine Wimpern- Dauerwelle wagen, sich Nerz- oder Kunststoffhaare einkleben lassen oder – der neueste Hype – kurz in die Vereinigten Staaten jetten. Dort vertreibt das Pharma-Unternehmen Allergan über Ärzte „Latisse“, Tropfen, die das Wimpernwachstum um 25 Prozent pushen. Das bestätigt sogar die US-Verbraucherbehörde FDA. In Deutschland ist Latisse noch nicht zugelassen, aber das dürfte sich bald ändern. Doch unabhängig davon, wer alles beim Augenaufschlag nachgeholfen hat: So ganz ohne Tusche geht’s nicht. Sagt sogar der Latisse-Hersteller selbst. Denn egal, ob die Wimpern lang oder kurz, echt oder falsch sind, eine feine Schicht Farbe bringt sie immer größer heraus. Maybel, Helena, an dieser Stelle von Herzen danke. Ohne euch wär’ die Welt nur halb so schön.

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