
Es war zu Beginn des letzten Sommers, die Sonne brutzelte vom wolkenlosen Himmel, und ich war zu einer Cocktail-Garten-Party eingeladen, deren Anfang für den frühen Nachmittag angesetzt war. Nun ist UV-Strahlung,wie wir alle wissen, mit Vorsicht zu genießen. Nicht nur, weil sie Runzeln macht. Wenn’s schlimm kommt, kriegt man Krebs oder wird mit Dieter Bohlen verwechselt. Da ich mir aber für mein käsiges Gesicht wenigsten seine zarte Bräune wünschte, entschied ich mich, nur meine Nase vor der Sonne zu schützen. Denn die wird immer viel schneller braun als der Rest. Also tupfte ich ein wenig Tagescreme mit Lichtschutzfaktor 15 darauf und machte mich auf den Weg.
Ich weiß: Das war unvernünftig. Sogar geringe UV-Belastung summiert sich über die Jahre. Darum war ich bereits Besitzerin eines Selbstbräuners mit Lichtschutz, der mir von einer Freundin empfohlen worden war, die immer so gesund getönt ist, als sei sie soeben aus einem Wellness-Urlaub zurückgekehrt. Das Produkt trägt den verheißungsvollen Namen „Summer Glow“, ist auf meinen Hauttyp abgestimmt und stand seit Erwerb unbenutzt in meinem Badezimmer-Regal. Mein Plan war, das Sommer-Glimmen an einem Wochenende auszuprobieren, an dem ich mich zur Not zu Hause verbarrikadieren konnte.
Denn meine Erfahrung mit Selbstbräunern bis dato war, sagen wir: gestreift. Mit 13 hörte ich zum ersten Mal von dieser Zaubercreme. Mein Teenie - Ich war begeistert: Braun im Handumdrehen.Toll! Ich griff zu. Dass das Zeug stank wie eine Halde illegaler Chemieabfälle, auf der eine Stinktier-Familie kampierte, hielt mich nicht ab. So stand ich nackt mit abgespreizten Armen etwa eine Stunde in meinem Jugendzimmer, bis die Pampe eingezogen war. Abends zog ich meinen Jeans-Mini an und machte mich auf zum Tanzkurs. „Warst du beim Schlamm-Catchen?“ fragte mein Tanzpartner mitten in den Foxtrott hinein. Mit gerecktem Hals sah ich in der Spiegelwand, dass er mit der Assoziation „Schlamm“ gnädig gewesen war: Auf der Rückseite meiner Beine prangte eine Marmorierung wie sie Jackson Pollock mit Action Painting nicht besser hinbekommen hätte. Ich stürzte aufs Klo und stellte fest: Auch meine Ellenbogen und mein Hals sahen aus, als müsste ich mich dringend gründlich waschen.
Ich ließ prompt die lateinamerikanischen Tänze sausen und schwitzte mich mit der Ausrede „Sommer-Grippe“ im schwarzen Rollkragenpullover durch die nächsten Schultage. Sowas wollte ich nie wieder erleben! Laut einer Zen-Weisheit bekommt man aber genau das, wovor man sich am meisten fürchtet. „Sag mal, was ist denn mit deiner Nase passiert?“, fragte mich auf erwähnter Party plötzlich die Gastgeberin. Im Spiegel in der Diele sah ich sie dann, die gleichmäßig getönte Frühkartoffel: Ich hatte den Selbstbräuner mit der Tagescreme verwechselt. Kein Chemiegestank hatte mich gewarnt, das Zeug heutzutage duftet dezent wie ein Frühlingsmorgen.
Doch diesmal kam ich glimpflich davon: Statt tagelang mit Kartoffel-Look herumzulaufen, cremte ich Selbstbräuner auf dem Rest meines Gesichts. Seitdem weiß ich: Die neue Generation der Braun-ohne-Sonne-Lotionen hat soviel mit den Anfängen zu tun wie ein iphone mit einer Buschtrommel. Und ich habe nur noch eine Creme auf dem Regal stehen: die mit Bräunungseffekt